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Das Möwennest (Het Meeuwennest) (German Edition)

Das Möwennest (Het Meeuwennest) (German Edition)

Titel: Das Möwennest (Het Meeuwennest) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Biesenbach
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eiskalt, aber wer weiß, wie lange wir da draußen sein werden.“ Sem fing die Sachen nicht auf. Sie fielen vor ihm auf den Fußboden, wo sie argwöhnisch von ihm betrachtet wurden.
    „Und was ist mit dir?“ Das Misstrauen in Sems Stimme war nicht zu überhören. Er traute Harry nicht über den Weg. Der jedoch zuckte nur mit den Schultern. Es gab schließlich eine einfache Erklärung.
    „Für mich sind diese engen Dinger nichts, da bin ich zu sportlich für“, sagte er und klopfte auf seinen Bauch. „Werde stattdessen meine gute alte Anglerhose anziehen. Vermute mal, ich muss keine akrobatischen Höchstleistungen vollbringen.“ Musst das Zeug ja nicht anziehen, kannst von mir aus auch da draußen verrecken , fügte er in Gedanken hinzu, näherte sich Sem und hob die Hand. „Wenn du gestattest. Ich…“
    „Keine Bewegung!“ bellte Sem, dabei wich er schnell einen Schritt zurück und versperrte die Tür. „Du glaubst wohl, ich bin bescheuert.“
    Harry erstarrte und hielt mitten in der Bewegung inne.
    Er hatte nur kurz nach draußen gehen wollen. Die Anglerhose hing in einem kleinen Verschlag neben seinem Haus. Dort wo er seine anderen Angelutensilien aufbewahrte, aber davon wusste Sem natürlich nichts. So sah sich Harry erneut mit dem Pistolenlauf konfrontiert. Er schluckte und hob beschwichtigend beide Hände.
    „Wir werden dein Anglerhöschen schön gemeinsam holen gehen. Wir wollen doch nicht, dass du uns davon läufst“, knurrte Sem, kam mit gezogener Waffe auf ihn zu und drückte ihm den Lauf auf die Brust.
    Harry nickte vorsichtig.
    „Okay. Wie du meinst“, flüsterte er, wagte kaum zu atmen und erkannte dabei endgültig, dass es einfach keinen Platz mehr für unbedarfte Handlungen gab. Sem war gefährlich, gefährlich für Harrys Leben.
     
    ***
     
    Tack…
    …
    Tack…
    …
    Tack
    …
     
    Es war das erste Mal seit Jahren, dass die Zeit einfach nicht vorübergehen wollte. Scheinbar klebten die Zeiger am Ziffernblatt und bewegten sich nur marginal. Wieder und wieder schaute Harry zur Uhr, die neben einem mit allerlei Kochgeschirr gefüllten, kleinen Sperrholzregal an der Küchenwand hing.
    Halb 8 .
    Keine Minute später, als bei seinem letzten Blick darauf. Er wehrte sich gegen die Versuchung dem schleichenden Sekundenzeiger zu folgen, löste den Blick und starrte auf den Küchentisch. Noch immer lagen die ausgebreiteten Baupläne darauf, obwohl alles Wichtige dazu gesagt worden war. Harry trug mittlerweile seine Anglerhose und schwitzte. Heiße und kalte Schübe durchfuhren ihn vom Kopf zu den Zehenspitzen und umgekehrt. Die Warterei und eine tückische Angst vor dem Bevorstehenden machten ihn wahnsinnig. Seine Gedanken kreisten darum und lieferten immer neue Gründe, wieso er Sem davon überzeugen musste, den Plan zu verschieben oder aufzugeben. Niemand konnte genau sagen wie der Zustand des Gebäudes war. Ein eigenes Bild vom Meeuwennest hatte sich Harry ewig nicht mehr gemacht. Der letzte Bootsausflug in die Nähe der Sandbank lag mehr als ein Jahr zurück. Und schon damals hatten einige Stützpfeiler nicht mehr den besten Eindruck hinterlassen. Dazu kam, dass eine dunkle, bedrohliche Aura von dem verlassenen Gebäude ausging. Bei allen Spähfahrten der letzten zehn Jahre hatte er immer eine Gänsehaut und ein unbeschreibliches Gefühl voller Unwohlsein bekommen, sobald er sich dem Restaurant genähert hatte. Und dann diese Massen an Möwen, die in der verlassenen Konstruktion nisten…
    Die ersten Regentropfen klatschten, vom aufziehenden Sturm durch die Luft gewirbelt, gegen das Küchenfenster und zogen Harrys Aufmerksamkeit auf sich. Er schaute nach draußen. Schnell wurde ihm klar, dass dies nur der Anfang war. Es würde schlimmer werden. Der Wetterdienst hatte erst gestern erneut vor einem der schlimmsten Sommergewitter des letzten Jahrzehnts gewarnt, sollte sich die Hoch- und Tiefdruckkonstellation nicht noch gravierend ändern. Das hatte sie offensichtlich nicht, denn das tiefschwarze Wolkenmeer zog sich über den Himmel bis in die Unendlichkeit. Es war komplett schwachsinnig auch nur einen Gedanken daran zu verschwenden, sich bei dem heranziehenden Wettermonster freiwillig aufs offene Meer zu begeben.
    „Herrjeh, herrjeh, herrjeh“, murmelte Harry. Sem folgte seinem Blick, winkte danach jedoch nur ab. Ihn schien das weiterhin nicht zu interessieren. Dafür brannte ihm offenbar eine drängende Frage unter den Nägeln.
    „Sag mal, du bist doch der Experte. Wieso hat er das Teil

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