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Das mohnrote Meer - Roman

Das mohnrote Meer - Roman

Titel: Das mohnrote Meer - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amitav Ghosh
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Sir, anderes Thema noch liegt an.«

    »Ja? Was denn?«
    »Sir, Supercargo für Ibis noch nicht ist eingestellt?«
    »Nein«, sagte Mr. Burnham, »noch nicht. Haben Sie da jemanden im Auge?«
    »Ja, Sir. Vorschlag, ich möchte unterbreiten: Ich selbst sollte fahren.«
    »Sie?« Mr. Burnham schaute verwundert zu seinem Gumashta auf. »Aber Babu Nob Kissin! Warum denn das?«
    Der Gumashta hatte die Antwort schon parat: »Grund ist, Sir, an Ort und Stelle ich kann beobachten. Wird Arbeit mit Kulis erleichtern, so ich kann uneingeschränkt sein zu Diensten. Wird sein wie neues Blatt für meine Laufbahn pflücken.«
    Burnham bedachte die matronenhafte Gestalt des Gumashtas mit einem zweifelnden Blick. »Ich bin beeindruckt von Ihrem Enthusiasmus, Babu Nob Kissin. Aber sind Sie sicher, dass Sie den Verhältnissen auf einem Schiff gewachsen wären?«
    »Absolut, Sir. Ich schon einmal war auf einem Schiff, zum Jagannath-Tempel in Puri. Kein Problem war vorhanden.«
    »Aber Baboon« – Burnham verzog spöttisch den Mund –, »haben Sie keine Angst, Ihre Kastenzugehörigkeit zu verlieren? Werden Ihre Gentu-Brüder Sie nicht aus ihrer Mitte ausschließen, wenn Sie übers Schwarze Wasser fahren?«
    »O nein, Sir. Heutzutage alle machen Pilgerfahrt per Schiff. Pilger nicht können verlieren Kaste. Fahrt mit Ibis auch so kann sein. Warum nicht?«
    »Nun ja, ich weiß es nicht.« Mr. Burnham seufzte. »Offen gestanden habe ich jetzt, wo diese Raskhali-Sache ansteht, auch nicht die Zeit, mir darüber Gedanken zu machen.«
    Damit war für Babu Nob Kissin der Augenblick gekommen, seinen Trumpf auszuspielen. »Apropos Sache, Sir, ich darf Vorschlag erlauben?«

    »Aber sicher. Wenn ich mich recht erinnere, war das Ganze ohnehin Ihre Idee, nicht wahr?«
    »Ja, Sir.« Der Gumashta nickte. »Ich selbst vorschlage diesen Plan.«
    Babu Nob Kissin war nicht wenig stolz darauf, seinen Arbeitgeber als Erster auf die Vorteile aufmerksam gemacht zu haben, die der Erwerb von Raskhali mit sich bringen würde. Seit einigen Jahren ging das Gerücht, die Ostindien-Kompanie werde ihre Kontrolle über die Opiumerzeugung in Ostindien aufgeben. In diesem Fall würde der Mohn zu einer Plantagenpflanze wie Indigo und Zuckerrohr werden. Bei der von Jahr zu Jahr steigenden Nachfrage aus China würden Kaufleute mit eigener, von den Kleinbauern unabhängiger Produktion ihre schon jetzt astronomischen Profite noch vervielfachen. Zwar gab es bislang noch keine eindeutigen Anzeichen dafür, dass die Kompanie bereit war, die entsprechenden Zugeständnisse zu machen, aber einige weitblickende Kaufleute sahen sich bereits nach großen Flächen Land um. Als Mr. Burnham Erkundigungen einzuziehen begann, hatte Babu Nob Kissin ihn darauf hingewiesen, dass er nicht weit zu suchen brauche: Der hoch verschuldete Raskhali-Besitz sei ja bereits zum Greifen nahe. Der Gumashta hatte mehrere gute Bekannte unter den Angestellten im Raskhali-Daftar, die ihn über jeden Fehlgriff des jungen Zamindars genauestens informierten. Wie sie sah er in dem neuen Raja einen Dilettanten, der die Nase hoch trug und den Kopf in den Wolken hatte, und wie sie war er der Meinung, dass es jemandem, der so dumm war, alles zu unterschreiben, was man ihm vorlegte, recht geschah, wenn er sein Vermögen verlor. Zudem waren die Rajas von Raskhali als selbstgerechte orthodoxe Hindus bekannt, die auf andersgläubige Vishnuiten wie ihn, Babu Nob Kissin, herabschauten.
Solchen Leuten musste man von Zeit zu Zeit eine Lektion erteilen.
    Der Gumashta senkte die Stimme. »Gerüchte kommen, Sir, Raja-Sahibs Mätresse hält versteckt in Kalkutta. Eine Tänzerin, Sir, und heißt Elokeshi. Vielleicht sie kann abgeben eidesstattliche Erklärung und Schicksal besiegeln.«
    Das schlaue Glimmen in Babu Nob Kissins Augen entging seinem Arbeitgeber nicht. Er beugte sich vor. »Meinen Sie, sie würde als Zeugin aussagen?«
    »Nicht kann Garantie geben, Sir, aber auf Busch klopfen nicht kann schaden.«
    »Tun Sie das!«
    »Aber dann, Sir« – die Stimme des Gumashtas wurde noch leiser und stieg fragend an –, »was ist mit Posten von Supercargo?«
    Mr. Burnham spitzte die Lippen, wie um anzudeuten, dass er genau begriff, was für ein Handel ihm da vorgeschlagen wurde. »Wenn Sie die eidesstattliche Erklärung beschaffen können, Baboon«, sagte er, »dann kriegen Sie die Stelle.«
    »Danke Sir.« Was war es doch für eine Freude, dachte Babu Nob Kissin, für einen vernünftigen Mann zu arbeiten. »Sie können voll und

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