Das mohnrote Meer - Roman
Frage!«, gab sie ungeduldig zurück. »Was stehst du da wie ein Baum? Komm! Gehen wir – chal , nā … «
Kalua hatte keine weiteren Fragen mehr, denn seine eigenen Zweifel hatte er längst überwunden. Ohne Zögern nahm er Diti auf seine Arme und schritt mit ihr durchs Wasser, dem Palvar zu.
Jodu war an Deck, als Kapitän Chillingworth und Mr. Crowle an Bord kamen, um die Ibis zu inspizieren, deshalb bekam er fast als Einziger den ganzen Tamasha von Anfang an mit. Der Zeitpunkt hätte nicht ungünstiger sein können: Die Ibis sollte am nächsten Tag ins Trockendock geschleppt werden, und deswegen lag ohnehin alles ein wenig im Argen. Schlimmer noch: Sie kamen kurz nach dem Mittagessen, als die ganze Mannschaft vollgefressen und müde war und die Mittagshitze ein Übriges tat. Serang Ali hatte der Wache ausnahmsweise erlaubt, unter Deck Siesta zu halten. Er selbst war auf Deck geblieben, um Jodu im Auge zu behalten, der mit Geschirrspülen an der Reihe war. Bei der Hitze fiel es jedoch allen schwer, wach zu bleiben, und so lag auch Serang Ali schon bald ausgestreckt im Schatten hinter dem Kompasshaus.
Bei dem hohen Sonnenstand waren die Schatten der Masten auf kleine Kreise geschrumpft, und in einem davon saß Jodu, nur mit einem karierten langot bekleidet, und schrubbte metallene Gemeinschaftsteller und irdene Schüsseln. Sonst war nur noch Steward Pinto auf Deck, der Zachary das Mittagessen in die Kajüte gebracht hatte und nun mit einem Tablett in der Hand auf dem Rückweg zur Kombüse war. Der Steward sah Mr. Crowle als Erster, und sein Warnruf »Barā mālū m āyā! « alarmierte Jodu. Er stieß die Töpfe und Pfannen beiseite, flüchtete sich in den Schatten des Schanzkleides und war froh, als der Blick des Bara Malum über ihn hinwegging.
Der Bara Malum sah aus wie einer, der von der Welt nichts als Ärger erwartet. Obgleich groß und kräftig, ging er mit eingezogenen Schultern und angespanntem Nacken, als wollte er alle Hindernisse mit dem Kopf aus dem Weg räumen. Er war adrett gekleidet – Jackett aus feinem Wollstoff, enge Hosen und breitkrempiger Hut –, aber seine Wangen waren von unansehnlichen rötlichen Bartstoppeln bedeckt, die ihn insgesamt eher ungepflegt erscheinen ließen. Jodu beobachtete ihn genau, während er vorbeiging, und bemerkte, dass ein wiederkehrendes Zucken um seinen Mund einige angebrochene, wölfisch wirkende Zähne entblößte. Anderswo wäre er vermutlich nicht weiter aufgefallen, aber hier war er ein Sahib inmitten einer Schiffsladung von Laskaren und sichtlich darauf aus, von Anfang an klarzustellen, dass er das Sagen hatte: Seine blauen Augen huschten blitzschnell hierhin und dorthin, wie um irgendetwas zu entdecken, was es zu bemängeln gab. Und sie fanden auch gleich etwas, denn hinter dem Kompasshaus lag lang ausgestreckt Serang Ali in lungī und zerfetzter baniyāin , das Gesicht mit einem karierten Tuch bedeckt, und schnarchte in der Hitze vor sich hin.
Der Anblick des schlafenden Laskaren schien einen Docht im Kopf des Malums zu entzünden, denn er polterte unverzüglich los: »… voll wie eine Strandhaubitze … und das am helllichten Tag.« Er holte mit einem Fuß aus, um dem Schläfer einen saftigen Tritt zu verpassen, doch da ließ Steward Pinto geistesgegenwärtig sein Tablett fallen, und das Scheppern tat die gewünschte Wirkung: Der Serang fuhr hoch und war blitzschnell auf den Beinen.
Um seinen Tritt betrogen, schimpfte sich der Malum erst recht in Rage, nannte den Serang einen »elenden Schluckspecht« und wollte wissen, was er sich dabei denke, um diese Tageszeit sturzbetrunken auf Deck herumzuliegen. Serang
Alis Antwort ließ auf sich warten, denn er hatte sich nach dem Mittagessen wie immer einen großen Klumpen Betelnuss in die Backe geschoben, und davon war sein Mund jetzt so voll, dass die Zunge blockiert war. Er drehte den Kopf zur Seite, um das Zeug über Bord zu spucken, doch die gewohnte Zielsicherheit ließ ihn im Stich, und die rote Soße klatschte aufs Deck und gegen das Schanzkleid.
Da schnappte sich der Bara Malum eine Betingstange und befahl dem Serang, sich hinzuknien und die Bescherung zu beseitigen. Dabei gebrauchte er ein Schimpfwort, das alle verstanden: sūr-kā-bachchā – Sohn eines Schweins.
Sohn eines Schweins? Serang Ali? Inzwischen waren mehrere Besatzungsmitglieder aus der Back gekommen, um nachzusehen, was da los war, und jeder von ihnen, ob Muslim oder nicht, fand, dass diese Beleidigung zu weit ging. Bei all
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