Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das mohnrote Meer - Roman

Das mohnrote Meer - Roman

Titel: Das mohnrote Meer - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amitav Ghosh
Vom Netzwerk:
dasselbe für uns Kumpels? ›Erst die Bordkameraden, dann die Fremden, dann die Hunde.‹« Der Erste Steuermann verzog spöttisch den Mund und musterte Zachary von oben bis unten. »Aber das können Sie natürlich nicht wissen, Grünschnabel, bei der Gesellschaft, in der Sie sich bewegen.«
    Das traf Zachary unvorbereitet. »Ich weiß nicht, wovon sie reden, Mr. Crowle.«
    »Ach nein?« Der Erste Steuermann setzte ein grimassenhaftes Lächeln auf. »Na, ist vielleicht auch besser so.«
    In diesem Moment wurde Mr. Crowle von Serang Ali weggeholt, um das Sichern des Fockmasts mit dem Schlossholz zu überwachen, und Zachary konnte nur noch darüber nachgrübeln, was er gemeint hatte. Wie es der Zufall wollte, ging der Kapitän an diesem Abend an Land, und die beiden Steuermänner aßen, von Steward Pinto bedient, allein zu Abend. Es wurde kaum ein Wort geredet, bis Steward Pinto einige Speisenwärmer
auf den Tisch stellte. Der Duft sagte Zachary, dass es ein Gericht gab, für das er einmal eine Vorliebe geäußert hatte – Garnelencurry mit Reis –, und er nickte Steward Pinto lächelnd zu. Doch Mr. Crowle hatte unterdessen argwöhnisch zu schnuppern begonnen, und als der Steward die Deckel abnahm, knurrte er voller Abscheu: »Was ist denn das?« Er warf einen einzigen Blick auf das Curry und knallte den Deckel wieder darauf. »Schaff das weg, Junge, und sag dem Smutje, er soll uns ein paar Lammkoteletts braten. Und setz mir nie wieder diesen Glibberfraß vor.«
    Der Steward eilte unter gemurmelten Entschuldigungen herzu und wollte die Schüssel wieder mitnehmen, doch Zachary gebot ihm Einhalt. »Moment, Steward«, sagte er, »Sie können das hierlassen. Bringen Sie Mr. Crowle bitte, was er möchte – mir genügt das hier vollkommen.«
    Mr. Crowle schwieg, bis der Steward den Niedergang hinauf verschwunden war. Dann verengten sich seine Augen zu Schlitzen, und er sah Zachary blinzelnd an. »Sie sind ja ganz schön dick mit den Laskaren hier, was?«
    »Wir sind schon seit Kapstadt zusammen auf dem Schiff«, erwiderte Zachary achselzuckend. »Sie kennen mich, und ich kenne sie, das ist alles.« Er nahm die Reisschüssel und zog eine Braue hoch. »Sie erlauben?«
    Der Erste Steuermann nickte, aber sein Mund begann angewidert zu zucken, als Zachary sich auftat. »Haben Ihnen die Laskaren beigebracht, diesen Niggerfraß zu essen?«
    »Das ist karhībhāt , Mr. Crowle. Das isst hier jeder.«
    »Soso.« Eine Pause trat ein, dann sagte Mr. Crowle: »Das essen Sie also, wenn Sie bei den Nabbs und Nobs und Nabobs da oben sind?«
    Plötzlich verstand Zachary die Anspielung des Ersten Steuermanns am Nachmittag. Er sah von seinem Teller auf.
Mr. Crowle beobachtete ihn mit einem Lächeln, das die Spitzen seiner Zähne entblößte.
    »Sie haben gedacht, ich krieg das nicht raus, was, Grünschnabel ?«
    »Was?«
    »Dass Sie mit Leuten wie den Burnhams und Konsorten zusammenstecken.«
    Zachary holte tief Luft und antwortete ruhig: »Sie haben mich eingeladen, Mr. Crowle, also bin ich hingegangen. Ich dachte, Sie wären auch eingeladen.«
    »Na klar! Und der Papst ist evangelisch!«
    »Im Ernst. Ich hab wirklich gedacht, Sie wären auch eingeladen«, sagte Zachary.
    »Jack Crowle? In Bethel?« Die Worte kamen ganz langsam aus dem Mund des Ersten Steuermanns, als würden sie aus einem tiefen Brunnen der Bitterkeit geschöpft. »Ist nicht fein genug, um durch die Vordertür reinzukommen, der Jack Crowle – sein Gesicht nicht, seine Sprache nicht und seine Hände auch nicht. Die Missus hätte Angst, er könnte das Linnen beschmutzen. Wenn man mit dem Holzlöffel im Mund geboren ist, Grünschnabel, interessiert’s keinen, ob man einem anderen Schiff den Wind aus den Segeln nehmen kann oder nicht. Es gibt immer einen Lord Grünschnabel und andere Milchbärte, die dem Käpt’n was vormachen und den Schiffseignern auch. Egal, ob sie einen Fingerling nicht von einer Ruderöse unterscheiden können oder ein Pall nicht von einer Spillklampe – ehe man sich’s versieht, stehen sie auf dem Achterdeck an der Luvseite, und wer dann ihre Winde von vorn einbekommt, das ist Jack Crowle.«
    »Hören Sie zu, Mr. Crowle«, sagte Zachary langsam. »Wenn Sie glauben, ich wäre mit dem Silberlöffel im Mund geboren worden, dann sind Sie weitab vom Kurs.«

    »Oh, ich weiß schon,was Sie für einer sind, Grünschnabel«, knurrte der Erste Steuermann. »Sie sind ein feiner Pinkel mit allerlei Fürzen im Kopf. Solche wie Sie, die kenn ich, mit ihrem

Weitere Kostenlose Bücher