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Das mohnrote Meer - Roman

Das mohnrote Meer - Roman

Titel: Das mohnrote Meer - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amitav Ghosh
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kennt er
nicht. Was meinen Sie, wie ihm das zusetzt, dass Sie sich so mühelos Gefolgschaft sichern können, sogar unter Laskaren? Würde Ihnen das an seiner Stelle nicht ebenso ungerecht vorkommen? Und wären Sie nicht auch versucht, Ihren Groll an jemand anderem auszulassen?«
    In diesem Moment schlingerte der Schoner nach Lee, und der Kapitän musste sich am Schott abstützen. Zachary nutzte die Pause und sagte rasch: »Also eigentlich, Sir, bin ich nicht wegen Mr. Crowle hier. Es geht um etwas anderes.«
    »Oh!« Das traf Kapitän Chillingworth offenbar unvorbereitet, denn er fing an, sich am Kopf zu kratzen. »Und das kann wirklich nicht warten?«
    »Jetzt bin ich schon mal hier …«
    »Na gut«, sagte der Kapitän. »Aber dann sollten wir uns vielleicht setzen. Es steht sich nicht so gut bei dem Wetter.«
    Die einzige Lichtquelle in der Kajüte war eine Petroleumlampe mit einem geschwärzten Zylinder. Trotzdem war die Flamme dem Kapitän offenbar zu hell, denn er beschattete mit der Hand die Augen, als er durch die Kajüte ging, um sich an seinen Schreibtisch zu setzen.
    »Nur zu, Reid«, sagte er und wies mit dem Kinn auf den Sessel auf der anderen Seite des Schreibtischs. »Setzen Sie sich.«
    »Ja, Sir.«
    Zachary wollte sich schon setzen, als er einen langen lackierten Gegenstand sah, der auf dem Polster lag. Er nahm ihn in die Hand und merkte, dass er sich warm anfühlte. Es war eine Pfeife, der Kopf so groß wie der Daumennagel eines Mannes, der Stiel fingerdünn und so lang wie ein Arm – eine kunstvoll gefertigte Pfeife mit geschnitzten Verdickungen wie die Knoten in einem Bambusrohr.
    Auch der Kapitän hatte die Pfeife erblickt. Er erhob sich
halb und schlug sich mit der Faust auf den Schenkel, wie um sich für seine Zerstreutheit zu schelten. Doch als Zachary ihm die Pfeife hinhielt, nahm er sie mit einer ungewöhnlich anmutigen Geste entgegen: Er streckte beide Hände aus und verbeugte sich auf eine Art, die eher chinesisch als europäisch wirkte. Dann legte er die Pfeife auf den Schreibtisch, stützte das Kinn in die Hand und betrachtete die Pfeife, als müsste er überlegen, wie er ihre Anwesenheit in seiner Kajüte rechtfertigen könne.
    Endlich hob er den Kopf und räusperte sich. »Sie sind kein Narr, Reid«, sagte er. »Sie werden wissen, was das ist und wofür man es braucht. Ich werde den Teufel tun und mich dafür entschuldigen, also erwarten Sie bitte nichts dergleichen.«
    »Wie käme ich dazu, Sir?«
    »Früher oder später wären Sie sowieso dahintergekommen, also ist es so vielleicht am besten. Außerdem ist es ohnehin kaum ein Geheimnis.«
    »Es geht mich nichts an, Sir.« »O doch«, sagte der Kapitän mit einem müden Lächeln, »in diesen Gewässern geht das jeden etwas an, und Sie werden sich auch damit befassen müssen, falls Sie weiter zur See fahren wollen. Sie werden das Zeug verpacken, stapeln, verkaufen … und ich kenne keinen Seemann, der nicht ab und zu eine Probe von seiner Ladung nehmen würde, zumal wenn es sich um etwas handelt, das ihm helfen kann, die widrigen Winde zu vergessen, die ihm das Leben schwer machen.«
    Der Kapitän hatte den Kopf gesenkt, sodass sein Doppelkinn hervortrat, aber seine Stimme wurde immer fester und kräftiger. »Ein Mann ist kein Seemann, Reid, wenn er nicht weiß, wie es ist, in einer Flaute bekalmt zu werden, und eins zumindest muss man dem Opium zugutehalten, nämlich dass es eine magische Wirkung auf die Zeit entfaltet. Von einem
Tag zum nächsten zu gelangen, oder sogar von einer Woche zur nächsten, wird so einfach wie der Gang von einem Deck zum anderen. Sie werden das vielleicht nicht nachvollziehen können – ich wusste es selbst nicht, bis ich einmal viele Monate in einem scheußlichen kleinen Hafen festsaß. Es war irgendeine der Sula-Inseln – eine hässlichere Stadt habe ich nie gesehen. Einer dieser Häfen, wo die Nutten allesamt Nebelkrähen sind und man keinen Schritt an Land machen kann, ohne an der Vorschot gepackt zu werden. Nie war ich so niedergeschlagen wie in diesen Monaten, und als der Steward, ein Mann aus Manila, mir eine Pfeife anbot, habe ich sie, das gestehe ich freimütig, wissentlich und willentlich genommen. Bestimmt erwarten Sie jetzt, dass ich mich für meine Schwäche tadle – aber weit gefehlt, Sir, ich bereue nichts. Es war ein Geschenk, wie ich noch nie eins bekommen hatte. Und wie alle Geschenke von Mutter Natur – Feuer, Wasser und so weiter – erfordert es größte Sorgfalt und

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