Das Molekular-Café
gefunden
wird? dachte Lebedinski. Dann bin ich geliefert.
»Fjodor Iljitsch, was geht da draußen vor?« erkundigte sich Professor Smolny per Videofon.
Lebedinski zuckte schweigend mit den Schultern.
»Beobachten Sie alles genau. Ich glaube, es kann für Fedossejew wichtig sein.«
Lebedinski sah auf den Infrarot-Bildschirm. Die Nacht brach gerade erst
an. Auf dem Bildschirm waren deutlich klobige Lastwagen zu erkennen,
die lange Stahlträger – eigentlich für den Bau des
Observatoriums bestimmt – zur Kratermitte schleiften, wo eine
phantastische Anlage entstand. Flinke Bau-Roboter waren eifrig am Werk,
beschnupperten, befühlten und korrigierten dauernd irgendwas. Die
Wagen fuhren in strenger Reihenfolge, wie es ihnen der mechanische
Wille des zentralen Kristallhirns vorschrieb.
Etwas abseits vom Trubel zerstückelte ein ReparaturRoboter
sachkundig Lebedinskis Geländefahrzeug. Die abmontierten Teile
warf er auf eine gehorsam wartende »Flunder«.
»Etwas muß bei der Konstruktion der Maschinen außer
acht gelassen worden sein«, sagte Lebedinski. »Auf der Erde
waren sie zahm wie Lämmer. Ich hatte meine helle Freude
dran.«
»Fjodor Iljitsch, vielleicht machen Sie doch den Sprengstoff
fertig: Für den Fall, daß man Fedossejew nicht findet. Sonst
schlagen die Roboter noch alles kurz und klein.«
»Nicht doch immer dieses Thema, Innokenti Borissowitsch! Ich
verstehe durchaus, daß der Internationale Rat Ihnen die
Hölle heiß macht. Aber Fedossejew wird sich schon einfinden.
Ein Mensch ist schließlich keine Stecknadel. Noch ist Zeit.«
Professor Smolny nickte und überlegte: Natürlich hatte der
Rat Radikalmittel vorgeschlagen. Sprengstoff gab es auf der Basis
genug, und dem »Nilpferd«, so wurde der RoboterKoordinator
genannt, einen Schuß vor den Bug zu geben machte selbst im
unbequemen Skaphander keine Schwierigkeiten. Lebedinski hätte
genügend Zeit, sich vor der Explosion in die Kuppel zu retten.
Doch mit der Zerstörung des zentralen Kristallhirns wäre auch
der Bau des Observatoriums in Frage gestellt. Menschen können
nicht wie Roboter vierundzwanzig Stunden hintereinander arbeiten. Drei
Schichten zu je zwanzig Mann, rechnete Smolny aus. Auf jede Maschine
ein Mann. Nicht einmal die Hälfte der Leute könnte auf der
Station untergebracht werden. Die Zeit drängte, denn in drei
Monaten sollte die »Ozean« zum Mars starten. Die Planeten
warteten nicht. Den Start verschieben hieße aber das fertige
Raumschiff auf den Schrotthaufen werfen. Innerhalb von zwei Jahren
würde es hoffnungslos veralten.
Aus alter Gewohnheit wollte sich der Professor über den Bart
streichen. Augenblicklich ließ er die Hand sinken. Den Bart hatte
er sich schon vor Monaten abnehmen lassen. Auf dem Mond trug man halt
keinen. Im Skaphander war er unbequem und gefährlich.
Lebedinski starrte aufs Videofon. Hinter dem Professor war der Funker aufgetaucht. Er reichte dem Professor einen Funkspruch.
»Von den Amerikanern«, sagte der Chef der Station,
während er den Text überflog. »Die
›Potomac‹ hat manövriert und nimmt Kurs auf den
Mond. Foster teilt uns mit: Er will es schaffen, er nimmt jedes Risiko
in Kauf.«
»Gott mit ihm.« Lebedinski seufzte. »Ich kann mir
nicht vorstellen, wie er bei dem Flug fast vierundzwanzig Stunden
herausholen will!«
»Die ›Potomac‹ hat nahezu direkten Kurs mit
zehnfacher Beschleunigung. Der Treibstoffverbrauch ist unwahrscheinlich
hoch. Fosters ganzer Monatsvorrat geht für den einen Flug drauf.
Dafür gewinnt er Zeit.«
»Foster ist ein feiner Kerl«, sagte Lebedinski nachdenklich. »Er hat’s jetzt nicht leicht.«
Er seufzte wieder und blickte auf die Uhr.
Auf dem Bildschirm des Videofons erschien zum zweiten Mal die Gestalt des Funkers.
»Innokenti Borissowitsch, ein Raketogramm von Tscherednitschenko!«
»Da hören Sie, Fjodor Iljitsch«, sagte Smolny mit
gespielter Munterkeit. »Tscherednitschenko will zwei Minuten
gewinnen. Prachtjungs, diese Fahrer. Ihre Aufgabe wird nun bedeutend
leichter. Doch für den Fall der Fälle, halten Sie den
Sprengstoff bereit.« Der Bildschirm erlosch.
Aus, dachte Lebedinski. Sie haben den Mast gefällt. Jetzt bleibt
nichts weiter übrig als zu warten. Und wenn Fedossejew nicht
gefunden wird?
Er langte zum Pult und schaltete den überflüssig gewordenen Apparat aus.
In der offenen Schleusenkammer stand der KundschafterRoboter in
Bereitschaft und lockerte seine acht Gliederfüße. Es sah
aus, als bebe er vor Erregung über die bevorstehende wilde
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