Das Monster von Moskau
bewegte sich um keinen Millimeter. Sie hielt die Augen dabei fast geschlossen, konzentrierte sich nur darauf, das Richtige zu tun.
Es gab trotzdem einen leichten Ruck, als sich ihr Körper zum ersten Mal richtig bewegte. Sie glitt zurück, nur war das verdammte Eis nicht so glatt wie auf einer Schlitterbahn. Seine raue Oberfläche machte beiden zu schaffen, und unter ihren Kniekehlen knirschte und brach das gefrorene Wasser.
Ein Panikstrom schoss in ihr hoch!
»Festhalten!«
Valentin setzte all seine Kraft ein. Er zog weiter. Das Eis brach und bröckelte, und plötzlich schwappte eisiges Wasser über Karina’s Beine hinweg.
Der Schock packte sie. Ein Teil war weggebrochen, und jetzt wartete sie darauf, dass unter ihrem Rücken das Eis auch noch wegbrach. Sie zitterte innerlich und war trotzdem erstarrt.
Valentin behielt die Nerven. Er zog nicht fester, blieb in seiner Haltung liegen. Er zeigte, was man ihm in seiner frühen Jugend beigebracht hatte und bekam Karina Grischin tatsächlich von diesem verdammten Wasserloch weg.
Unter ihrem Rücken hörte sie zwar noch das leise Knirschen, aber ihr Gewicht lastete nicht zu stark auf einer Stelle, sodass die Unterlage gebrochen wäre.
»Gleich bist du in Sicherheit, Mädchen. Keine Sorge, der alte Valentin kennt sich aus.«
Und wie er sich auskannte. Er löste den Ast aus dem Griff der Agentin und konnte mit beiden Händen zufassen. Er schob sie in die Achselhöhlen hinein und hob Karina an.
Sie half ihm dabei, aber sie zitterte, als sie plötzlich auf den eigenen Beinen stand und Valentin anschaute.
Im nächsten Moment umarmte sie ihn, denn für sie stand fest, dass er ihr das Leben gerettet hatte...
***
Am trockenen Ufer und auf dem kalten Erdboden hatte sich Karina niedergelassen. Sie wrang ihre Hosenbeine aus und hörte dabei zu, wie Valentin von einer wärmenden Decke sprach.
»Die habe ich im Auto.«
»Dann lass uns hingehen.«
»Moment noch.« In beiden Hosenbeinen steckte noch das Wasser. Sie wrang den Stoff noch mal durch, hatte ihn zwar nicht trocken bekommen, aber sie war zufrieden.
Dann stand sie auf.
Valentin lächelte sie an. »Manchmal ist es gut, wenn ein alter Mann dabei ist.«
»Du hast mehr Mut und Übersicht gehabt als die meisten jungen Typen. Die hätten vielleicht voller Panik zugeschaut, aber kaum etwas geändert.«
»Das kann sein.«
Karina ging die ersten Schritte, blieb aber in der Nähe. Bei jeder Bewegung klatschte der nasse Stoff wieder gegen ihre Beine.
Valentin sprach sie an. »Weißt du nun, was ich mit dem Herrn der Toten gemeint habe?«
Sie nickte heftig. »Und ob ich das weiß. Ich habe ihn ja selbst gesehen.«
»Und? Was sagst du?«
»Ich muss dir Recht geben.«
»Dann bist du auch der Meinung, dass wir es bei ihm nicht mit einem normalen Menschen zu tun haben?«
»Stimmt genau.«
»Nur ist er jetzt verschwunden.«
Karina hob die Schultern. »Ich konnte es nicht verhindern. Ich war auch nicht in der Lage, meine Waffe zu ziehen, weil ich mich auf mich selbst konzentrieren musste. Das ist leider die Wahrheit. Aber ich schwöre dir, wir sind uns nicht zum letzten Mal begegnet.«
»Da muss ich dir sehr zustimmen.«
»Wieso das?«
Valentin schaute über den kleinen Teich hinweg. Wo das Eis gebrochen war, schimmerte die Oberfläche jetzt dunkler, und es bewegten sich dort auch kleine Wellen.
»Sag was, Valentin!«
Mit einem Seufzer auf den Lippen drehte er sich um. »Es ist nicht so einfach gesagt, und es macht mir auch keinen Spaß, es dir zu sagen. Aber ich denke, dass du jetzt auf der Liste des Monsters stehst. Wen es sich einmal ausgesucht hat, den lässt es nicht aus seinen Klauen. Es wird dich jagen.«
»Das soll es auch.«
Valentin hob warnend seinen rechten Zeigefinger. »Nimm es nicht auf die leichte Schulter, meine Liebe. Es wird in deinem Innern als Belastung bleiben, glaube mir. Man erzählt sich über den Herrn der Toten schreckliche Geschichten. Wenn die einfachen Menschen den Namen Kozak hören, zucken sie zusammen und bekreuzigen sich. Auch du wirst es merken, wenn du mit den Leuten sprichst. Da hat sich wirklich seit langer Zeit nichts verändert. Mögen die modernen Bewohner der Stadt nicht daran glauben und sich den Götzen Geld und Vergnügen hingeben, aber ich kann dir sagen, dass die alten Dinge nicht vergessen sind, weil sie auf einem wesentlich festeren Fundament gebaut wurden.«
»Danke, das habe ich verstanden.«
Valentin schaute sie ernst an. »Und nimmst du das auch nicht auf
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