Das Monstrum
so, als wäre es dir wichtig.«
Anderson trat unruhig von einem Bein aufs andere.
»Also gut«, sagte Gardener. »Also gut, Bobbi.«
Er streckte den Arm aus und umklammerte den Rand des Schiffes fast genauso, wie Anderson es an jenem ersten Tag getan hatte. Er registrierte – nur zu deutlich –, dass auf Bobbis Gesicht ein Ausdruck nackten Verlangens lag.
Es war das Gesicht von jemandem, der darauf wartet, dass ein Kracher losgeht.
Mehrere Dinge geschahen fast gleichzeitig.
Als Erstes empfand er ein Gefühl der Vibration, das in seine Hand einsickerte – eine Vibration, wie man sie empfinden mochte, wenn man die Hand an einen Starkstrommast legt. Einen Augenblick schien sie sein Fleisch zu betäuben, als bewegte die Vibration sich mit unglaublich hoher Geschwindigkeit. Dann war das Gefühl wieder weg. Während es abklang, ertönte Musik in Gardeners Kopf, aber so laut, dass sie mehr ein Brüllen als Musik war. Dagegen war das, was er am vergangenen Abend gehört hatte, wie ein Flüstern – ihm war, als befände er sich im Inneren einer Stereoanlage, die auf volle Lautstärke aufgedreht war.
Daytime turns me off and I don’t mean maybe,
Nine-to-five ain’t takin’ me where I’m bound,
When it’s done I come home to s…
Er machte gerade den Mund auf, um zu schreien, als es ganz plötzlich aufhörte. Gardener kannte das Lied, das populär gewesen war, als er die Grundschule besucht hatte. Später sang er diesen Textschnipsel und sah dabei auf die Uhr. Der ganze Vorfall hatte aus ein oder zwei Sekunden Vibration bestanden, gefolgt von etwa zwölf Sekunden ohrenbetäubender Musik; dann das Nasenbluten.
Aber ohrenbetäubend war nicht das richtige Wort; es war k o p fbetäubend gewesen. Die Musik war überhaupt nicht durch seine Ohren gekommen. Sie war wie ein Pfeil aus dem verdammten Stück Stahl in der Stirn in seinen Kopf geschossen.
Er sah Anderson zurücktaumeln, sie hatte die Arme
hochgerissen, und es schien eine abwehrende Geste zu sein. Ihr Ausdruck nackten Verlangens war verschwunden und überraschter Furcht, Bestürzung und Schmerz gewichen.
Zuletzt stellte er fest, dass seine Kopfschmerzen weg waren.
Vollständig und vollkommen weg.
Aber seine Nase blutete nicht nur; sie sprudelte.
3
»Hier, nimm das. Herrgott, Gard, alles in Ordnung mit dir?«
»Es wird schon wieder«, sagte Gardener mit durch das Taschentuch leicht gedämpfter Stimme. Er legte es doppelt zusammen und hielt es wieder vor die Nase, drückte es auf den Nasenrücken. Er legte den Kopf zurück, und der schleimige Geschmack des Blutes drang ihm in den Rachen. »Ich hatte schon Schlimmere.« Hatte er gehabt – aber schon lange nicht mehr.
Sie waren etwa zehn Schritte vom Rand des Grabens zurückgewichen und hatten sich auf einen gefällten Baum gesetzt. Bobbi sah ihn ängstlich an.
»Himmel, Gard, ich hatte keine Ahnung, dass so etwas passieren würde. Das glaubst du mir doch, oder?«
»Ja«, sagte Gardener. Er wusste nicht genau, was Bobbi erwartet hatte … aber nicht das. »Hast du die Musik gehört? «
»Ich habe sie nicht gerade gehört «, sagte Anderson. »Ich bekam sie aus zweiter Hand aus deinem Kopf mit. Sie hat mich beinahe zerrissen.«
»Tatsächlich?«
»Ja.« Bobbi lachte ein wenig zittrig. »Wenn ich unter vielen Menschen bin, dann schalte ich es ab …«
»Das kannst du?« Er nahm das Taschentuch von der Nase. Es triefte von Blut – Gardener hätte es zwischen den Fingern auswringen und einen kleinen blutigen Schwall daraus hervorpressen können. Aber der Blutfluss ließ allmählich nach, Gott sei Dank. Er ließ das Taschentuch fallen und riss einen Zipfel seines Hemdes ab.
»Ja«, sagte Anderson. »Nun … nicht ganz. Ich kann die Gedanken nicht völlig abschalten, aber ich kann sie deutlich herunterregeln, sodass sie nur noch … nun, wie ein leises Flüstern in den Tiefen meines Verstandes sind.«
»Das ist unglaublich.«
»Das ist notwendig «, sagte Anderson grimmig. »Wenn ich das nicht könnte, würde ich, glaube ich, dieses verdammte Haus nie mehr verlassen. Am Samstag war ich in Augusta und habe mich geistig geöffnet, um zu sehen, wie es sein würde.«
»Und du hast es herausgefunden.«
»Ja, ich habe es herausgefunden. Es war, als hätte man einen Hurrikan im Kopf. Und das Beängstigendste daran war, wie schwer es mir fiel, die Tür wieder zuzuschlagen.«
»Diese Tür … diese Barriere … was auch immer, wie richtest du die auf?«
Anderson schüttelte den Kopf. »Das kann ich dir
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