Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Moor Des Vergessens

Das Moor Des Vergessens

Titel: Das Moor Des Vergessens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Val McDermid
Vom Netzwerk:
gehabt hatte, um seine Version der Meuterei bekannt zu machen. Was immer Fletchers Motive dafür waren, dass er die Besatzung gegen Bligh aufstachelte, es war jetzt auf jeden Fall zu spät für ihn, seine Sache vorzubringen.«
    »Aber was hätte er vorbringen können?«, fragte Harry. »Meuterei bleibt Meuterei, oder?«
    »Es gab eine Entschuldigung für Meuterei, auf die Christian sich hätte berufen können«, sagte Dan. Harry zog die Augenbrauen hoch. »Bist du jetzt plötzlich der Experte für Rechtsfragen bei der Marine?« »Nein, aber ich weiß etwas über die Geschichte der Unterdrückung von Homosexuellen, mein Lieber«, sagte Dan. »Was wäre, wenn Christian Bligh widernatürliche Unzucht vorgeworfen hätte? Das war damals ein Vergehen, für das man gehängt wurde, oder? Wenn er hätte beweisen können, dass Bligh ihn gezwungen hatte, gegen seinen Willen Sex mit ihm zu haben, hätte das nicht als strafmildernder Umstand bei der Meuterei gegolten?« Er hielt inne, runzelte die Brauen und biss sich auf die Unterlippe. »Natürlich hätte er einen unabhängigen Zeugen gebraucht, um dies hieb- und stichfest zu machen. Damals verlangten die Kriegsgerichte mehr als das Wort eines Mannes gegen das eines anderen, weil dies eine Anschuldigung war, die zwar leicht vorzubringen, aber sehr schwer glaubhaft zu machen war. Und Christian muss das gewusst haben.«
    »Vielleicht gab es tatsächlich einen Zeugen«, sagte Jane nachdenklich, »und vielleicht war das einer der Gründe, warum Fletcher die Meuterei anführte - weil er diesen Zeugen schützen wollte ...« Sie verstummte und starrte gedankenverloren durch das leere Lokal.
    »Wie meinst du das?« Harry war noch immer fasziniert. Jane hielt einen Finger hoch und machte eine Pause, um ihren Standpunkt zu überdenken. »Lasst uns zu Peter Heywood zurückkehren«, sagte sie und ging im Kopf ihr Wissen durch, das sie in Jahren leidenschaftlichen Interesses gesammelt hatte. »Fletcher war früher schon mit Bligh gesegelt, und es ist überliefert, dass er der Favorit des Kapitäns war. Die gleiche Geschichte wie bei der Fahrt der Bounty bis nach Tahiti. Dann verbringt Fletcher sechs Monate an Land, nimmt sich eine eingeborene Konkubine ...« »Konkubine, das Wort finde ich toll«, sagte Dan und sprach es genießerisch aus.
    »Jedenfalls«, sagte Jane bestimmt, »als das Schiff Tahiti verlässt, will Fletcher nicht wieder Blighs ...« »Lustknabe. Das ist der Ausdruck, den du suchst. Noch so ein schönes Wort«, unterbrach Dan sie. »Was auch immer. Bligh fängt an, ihn beschissen zu behandeln. Und diese Entscheidung hat Fletcher auch noch in ein anderes Dilemma gestürzt. Er glaubt, für den jungen Peter Heywood, seinen Verwandten, eine Sorgepflicht zu haben. Es ist nämlich genau belegt, dass Heywood nach Fletcher Blighs zweiter Favorit war. Also will Fletcher Heywood schützen, aber nicht um den Preis, sich selbst Bligh wieder unterwerfen zu müssen.«
    »Und so zettelt er eine Meuterei an, obwohl er weiß, dass ihm der Tod sicher ist, sollte er je erwischt werden? Alles, um Peter Heywoods Ehre zu schützen?« Harry schien das zu bezweifeln.
    »Vielleicht schützte er sich auch selbst«, sagte Dan. »Wenn Bligh auch Heywood bedrängt hatte, dann war er für Christian ein Zeuge. Dann konnte Christian vorbringen, dass die Meuterei die einzige Möglichkeit war, einen Verfolger mit sexuellen Motiven davon abzuhalten, dass er fern vom Heimathafen seine Mannschaft ausnutzte. Das würde doch funktionieren?«
    »Ich nehme an, ja«, sagte Harry widerwillig. »Mann, du hast ja deinen Standpunkt ganz schön geändert. Du warst doch derjenige, der dies alles Janes Hirngespinst genannt hat. Jetzt verteidigst du ihre Ideen, und ich bin derjenige, der dies alles auf Janes Phantasie zurückführt.« Jane stand auf und ging hinter den Tresen, um fertig aufzuräumen. »Das sind eben die Überzeugungskräfte einer Frau, Harry. Und außerdem hast du Unrecht. Es gibt etwas, das ein bisschen konkreter ist. Die Meuterer, die schließlich vor Gericht standen, darunter auch Peter Heywood, hatten Christian gebeten, sie nach Tahiti zurückzubringen. Diese Jungs kamen niemals nach Pitcairn. Als die beiden Gruppen sich trennten, nahm Fletcher Heywood zur Seite. Und als Fletcher sich privat von Heywood verabschiedete, bat er ihn, der Familie Christian zu Hause eine Nachricht zu überbringen. Aber Heywood hat nie verraten, was Fletcher gesagt hatte. Warum sollte er schweigen, wenn die Nachricht nicht

Weitere Kostenlose Bücher