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Das Moskau-Spiel

Das Moskau-Spiel

Titel: Das Moskau-Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Ditfurth
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Achseln.
    »Sie sollen wissen, dass ich Langley gewarnt habe. Die Sache stinkt zum Himmel. Ich habe meinen Vorgesetzten mitgeteilt, dass wir nur eine Ratenzahlung akzeptieren sollten. Das wäre riskant genug.« So sprach einer, der auf diesen Job nicht angewiesen war.
    Henri hob kaum merklich die Augenbrauen. Er wusste, was jetzt kam.
    »Aber Langley sagt, wir machen es so, wie Ihre Russen das wollen. Die sind so scharf auf die MiGs, dass sie das Risiko eingehen.«
    »Dann ist es ja gut«, sagte Henri fast vergnügt.
    »Sie wollen vorher nur eine Art Probe der Zeichnungen sehen.«
    Henri griff gleichmütig zu seiner Aktentasche, öffnete sie und schob dem Amerikaner einen braunen Umschlag über den Tisch. Der schaute erst Henri erstaunt an, dann nahm er den Umschlag, riss ihn auf und zog eine dünne Mappe heraus. Er blätterte darin, warf Henri wieder einen Blick zu, legte die Mappe vor sich auf den Tisch, schob sie unschlüssig hin und her und fixierte schließlich Henri.
    »Ich lass es prüfen. In einer Woche zur gleichen Zeit hier?«
    »Bringen Sie einen Kontoauszug und die Zugangsdaten fürs Konto mit.« Henri verkniff sich ein Grinsen.
    Am Abend traf er sich mit Erich Fath, einem Berliner Journalisten, der als Korrespondent für diverse westdeutsche und österreichische Zeitungen arbeitete. Henri hatte längst alle deutschen Korrespondenten in Moskau kennengelernt, auch die aus der DDR . Seine Tarnexistenz als Mitarbeiter der Pressestelle blieb nur einigermaßen glaubwürdig, wenn er in dieser Funktion arbeitete, und dies möglichst so, dass viele es mitkriegten. Fath, ein schwerfälliger Mann mit Hängebacken und Glatze, saß wie eine Spinne im Netz der Klatschszene der Westjournalisten von Moskau. Was Fath erfuhr, wussten bald alle Korrespondenten. Allerdings verriet er nicht alles, sondern behielt Informationen für seine Artikel für sich, wenn er sie für wichtig erachtete, was vor allem bedeutete, dass sie seinen Ruf als bester Moskau-Korrespondent deutscher Sprache untermauerten, eine Stellung, die er sich allerdings eher einbildete, als dass sie den Tatsachen entsprach. Aber er war gesellig und schwätzte viel, und nicht alles war Müll. Henri hatte Fath in den letzten Monaten immer wieder Häppchen zukommen lassen, auch über den bedenklichen Gesundheitszustand des Generalsekretärs Tschernenko, und Fath hatte sie in seine Artikel gepackt, garniert meist mit der Floskel von den wohlinfor mierten Kreisen in der sowjetischen Hauptstadt. Diese Kreise hatten zwei Namen, die Fath selbstverständlich nicht erfuhr, Eblow und Rachmanow. Fath wusste auch nichts von den Gründen, die diese Kreise dazu veranlassten, Informationen dieser Art zu stecken. Er hatte einmal gefragt, doch Henri hatte ihn abblitzen lassen. Und dann fragte er Henri noch, warum er es gerade ihm erzähle, und fand sich mit der Antwort ab, dass es eher einem Zufall zu verdanken sei und Henri sich als Gewohnheitsmensch weiter an Fath halte, da er bis dahin keine schlechten Erfahrungen mit ihm gemacht habe.
    Sie trafen sich immer in derselben ukrainischen Kaschemme an der Pogodinskaja, in der es einfache, abergute Speisen und die obligaten Getränke gab. Es stank penetrant nach Zigarettenrauch, der in den Augen brannte, weil der Wirt, ein alter Mann, der mit seiner Beinprothese eine Art Takt auf den Boden schlug, vom Lüften noch nie etwas gehört hatte. Fath saß schon an einem Tisch mit klebriger Platte und setzte gerade sein Wodkaglas ab, um die Zigarette aus dem Aschenbecher zu angeln. Bei der Begrüßung blieb er sitzen und gab Henri einen schlaffen Händedruck. Noch bevor Henri sich gesetzt hatte, hörte er das Klopfen der Prothese und bestellte auch einen Wodka, ein Glas Wasser und eingelegten Hering mit Brot. Fath schloss sich an.
    »Nun, Meisterkorrespondent, was machen die Geschäfte?«
    »Eigentlich wie immer. Man erfährt nichts und schreibt lange Artikel. Ich lasse mich am besten nach Rom versetzen. Die Frauen sind schöner, das Wetter ist besser und die Leute quatschen einem die Hucke voll. Paradiesische Zustände.«
    Henri lachte. »Das wäre doch langweilig.«
    Fath strich sich über seine glänzende Stirn, schaute Henri aus Schweinsaugen an und lachte trocken.
    »Zumal es hier um Weltgeschichte geht und in Rom um Provinzkacke.«
    Fath brummte zustimmend.
    »Das gilt für heute allemal.«
    »Aha! Schießen Sie los.«
    »Tschernenko macht es nicht mehr lang. Höchstens ein paar Wochen.«
    »Sicher?«
    »Absolut. Lungenemphysem,

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