Das Moskau-Spiel
mit Scheffers Tod zu tun.
Was konnte dieser Grund sein, der Henri dazu brachte, sich so zu verhalten? Henri war wahrlich kein emotionaler Mensch, aber ein Schwein war er auch nicht. Das konnte Theo zugeben.
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Mavick schob den großen Umschlag über den Tisch. Er hatte ihn aus seinem Büro geholt, bevor er sich zu Henri setzte im abhörsicheren Raum der US – Botschaft. Henri öffnete ihn und studierte gewissenhaft die Unterlagen, soweit ihm das möglich war. Schließlich war er kein Banker. Er hätte den Umschlag auch blind annehmen können, denn es konnte keinen Zweifel geben, dass die CIA zehn Millionen Dollar auf ein Schweizer Nummernkonto überwiesen hatte und dass es nun an den Empfängern lag, das Kennwort schnellstmöglich zu ändern, sodass niemand sonst an das Geld kam. Aber er wollte Mavick zeigen, dass er ihm nicht traute, in Geldfragen nicht und in allen anderen auch nicht. Henri war sicher, dass der Amerikaner das Signal verstand, denn er war zwar ein arroganter Pinsel, aber kein Dummkopf.
»Wenn Sie uns aufs Kreuz legen, machen wir Sie fertig«, sagte Mavick ganz unaufgeregt, aber in seinen Augen blitzte etwas. »Wir jagen Sie bis ans Ende der Welt und drehen Ihnen den Hals um.«
»Ich wusste schon immer, was ich an der deutschamerikanischen Freundschaft habe«, sagte Henri genauso gelassen. Er hatte sofort erkannt, dass der Typ mit einem Korsett der Selbstbeherrschung seinen Jähzorn einschnürte. Der war gar nicht so cool, jedenfalls nicht im Inneren. Eine befriedigende Erkenntnis. »Es ist doch schön, wenn man sich mit seinen Freunden so gut versteht. Vielen Dank für das Entgegenkommen. Die MiG wird binnen vierzehn Tagen auf der Incirlik Air Base in der Türkei landen, der Pilot wird auch die Konstruktionszeichnungen dabeihaben. Alles verpackt in Geschenkpapier mit einer großen roten Schleife. Die Verpackung ist umsonst, das wird Sie freuen.«
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Major Eblow sonderte sämtliche Flüche ab, die er kannte, und noch ein paar mehr. Dann wiederholteer die Tirade mit fast religiöser Inbrunst. Rachmanow stand am Fenster und sah auf den Dserschinskiplatz. Aber eigentlich sah er nichts, er spürte nur seine Angst. »Wie konnte das passieren? Was ist schiefgegangen?«
»Alles«, schnauzte Eblow. »Alles ist schiefgegangen.« Er schlug mit der flachen Hand auf den Tisch, weniger wütend als resignativ. »Lass uns einen Gang machen.«
Rachmanow schaute ihn erstaunt an. Dann ging er zur Tür und folgte Eblow hinaus in die Kälte. Eblow marschierte los wie beim Sturm auf Berlin, doch Rachmanow blieb dran.
»Hast du Angst, dass …« Er deutete auf sein Ohr.
»Nein, aber sicher ist sicher. Wenn hier einer abhört, dann bin ich das. Aber ich will da keinen reinreißen. Und auch dir will ich nur andeuten, was geschehen ist. Der Mann, der die Maschine fliegen sollte, hat sich das Bein gebrochen. Es wird Monate dauern, bis er wieder die Flugerlaubnis erhält. Das ist so ungefähr das Blödeste, was passieren konnte.« Er warf die Hände zum Himmel. »Wirklich das Blödeste. Man fädelt einen Riesencoup ein, und der Idiot geht Fußball spielen und … wegen so einem lächerlichen Quatsch …«
Rachmanow erwiderte eine Weile nichts, und sie stampften durch die Straßen. Dann sagte er: »Und wenn wir denen erst mal die Pläne geben.«
»Dann wollen sie wenigstens neun Millionen zurück.«
Rachmanow blieb stehen und ging auch nicht weiter, als Eblow nicht anhielt. Dann merkte Eblow, dass er seinen Partner verloren hatte, stoppte abrupt und drehte sich um. Er zündete sich eine Zigarette an und ging ganz langsam zurück.
»Und der Pilot hält dicht?«, fragte Rachmanow.
»Was weiß ich? Vielleicht kriegt er einen Rappel im Krankenhaus oder wenn er allein zu Hause herumsitzt. Vielleicht kriegt er keinen Rappel. Ich werde ihn bearbeiten, unter Druck setzen, ihm irgendwie klarmachen, dass es keinen Weg zurück gibt.«
»Wie willst du das machen? Und ist das klug? Nachher rennt er vor lauter Verzweiflung zu unseren lieben Genossen und schüttet ihnen das Herz aus. Besser, du lässt ihn in Ruhe. Sag ihm, wir schweigen, wenn er auch schweigt.« Rachmanow klang entschlossen.
»Hast du eine bessere Idee?«
»Ich habe eine sehr schlechte Idee. Aber sie ist besser als alle anderen. Beinbruch, so eine Scheiße!« Er warf noch einmal beide Hände zum Himmel, als wollte er Gott beschwören. Doch den hatten ihre Vorgänger abgeschafft.
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An einem Kiosk kaufte Theo eine Flasche Wodka, den
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