Das Mozart-Mysterium
Kuchen hatte eine mehrfarbige Glasur, die aus Zitronen, Kirschwasser und Pistazien hergestellt worden war. Alle trugen zudem das Wappen der Malfatti, mit dem der Konditor als kleine Geste der Ehrerbietung alle Backwaren für die Familie verzierte. Das feine Emblem bestand aus einem gekreuzten Degenpaar auf der linken Seite und einem sich aufbäumenden Einhorn auf der rechten Seite.
Therese hatte denn auch, wie schon zuvor, einen brillanten Einfall, der uns entscheidend der Lösung des Rätsels näherbrachte: »Salome, Salome … der Name sagt mir etwas!«
Ich war sehr erstaunt, da ich Therese keinesfalls eine Bekanntschaft mit Gauklern zugetraut hätte, lag aber völlig falsch mit meinen Gedankengängen. Sie fuhr fort: »Ich erinnere mich, dass mein lieber Vater einst von einer Salome Alt sprach, die vor über hundert Jahren einen großen Skandal in Salzburg ausgelöst hatte, weil der selige Erzbischof Wolf Dietrich sie zur Geliebten nahm. Es ist heute verboten, gegenüber Klerikern diese durchaus anstößige Liaison anzusprechen, aber das einfache Volk Salzburgs tuschelt gelegentlich darüber.«
Mozart bekundete, dass dies ihm gegenüber nie erwähnt worden war, was mich nicht verwunderte, da er vor allem mit Klerikern Umgang hatte und noch nicht allzu lange in Salzburg lebte.
»Es soll auch ein Bauwerk geben«, fuhr Therese fort, »das der Erzbischof für die Geliebte errichten ließ, aber heute trägt meines Wissens nach keiner der Bauten Salzburgs Salomes Namen oder einen Hinweis auf sie.«
Obwohl wir den eigentlichen Ort noch nicht kannten, waren wir doch erleichtert und felsenfest überzeugt, dass diese Geliebte der Schlüssel zu des Rätsels Lösung barg und nicht die Gauklerin, wie wir zuvor vermutet hatten.
Ein neuer Hinweis meiner geliebten Freundin sollte uns noch weiterbringen: »Ich hörte von einer sehr alten Frau, die in der Vergangenheit Salzburgs äußerst bewandert ist. Ich bin nicht sicher, ob sie noch lebt, aber falls ja, ist sie die beste Auskunftsgeberin in einer solchen Sache. Es ist eine sogenannte Kräuterfrau, die den örtlichen Quacksalbern größte Konkurrenz macht, da ihre Tinkturen wesentlich bessere Wirkung bei allen möglichen Gebrechen zeigen, als die Medici des Ortes wahrhaben wollen. Ich habe erfahren, dass meine Zofe zumindest einmal mit ihr Kontakt hatte. Die alte Kräuterfrau soll recht zurückgezogen leben.«
Wir ließen sogleich Thereses Zofe kommen, die reifen Alters und selbst eine stolze Frau war. Sie bestätigte, dass sie erst kürzlich die Kräuterfrau aufgesucht habe. Sie bot an, uns zu ihr zu führen, denn unbekannten Herrschaften öffne die Frau nur selten die Tür zu ihrer steinernen Klause am Stadtrand.
Therese gab der Zofe den restlichen Mittag frei, damit sie uns begleiten konnte, blieb selbst aber zurück, und wir nahmen erneut Mozarts kleine Kutsche, deren Sitzraum zu dritt allerdings etwas beengt war. Der Einspänner hatte keinen Kutschbock, sondern wurde aus der Kutsche heraus gelenkt, die nur aus einem durchgehenden breiten Sitz mit Dach bestand. Wir kamen zügig voran und hatten weiterhin gutes Wetter. Am Stadtrand konnten wir das Tor ungehindert passieren, da es am Tag offen stand. Am Hang des Mönchberges befand sich die Klause der Kräuterfrau, das Gebäude und die Wohnräume mussten in den Fels gehauen sein und weiter hineinführen, da nur ein kleiner Vorbau sichtbar war, der aus dem Fels ragte.
Wir banden die Kutsche und das Pferd an einen Baum und traten näher. Die Zofe klopfte an und nannte unsere Namen und den Grund unseres Kommens. Nach einiger Zeit hörten wir, wie mehrere schwere Riegel zur Seite geschoben wurden. Eine winzige, alte Frau, die gebeugt ging, öffnete die Tür.
Das Gesicht war voller Falten und die kleinen Augen leuchteten freundlich. Anstatt uns hereinzubitten, trat die Frau heraus und zeigte auf eine Sitzgruppe vor der Klause, eigentlich nur ein aufgebockter, halbierter Baumstamm, der als Bank entlang der Hauswand diente, und ein Tisch, der ebenfalls aus zwei halbierten Baumstämmen bestand, die höher aufgebockt und zusammengenagelt waren.
Wir setzten uns und Mozart stellte die Fragen, die uns auf dem Herzen lagen: »Kennen Sie einen Ort oder ein Bauwerk, wo heute noch die Geliebte des Erzbischofs Wolf Dietrich, Salome Alt, verewigt sein könnte?«
»Jaha!« Die Kräuterfrau sagte weiter nichts, aber lachte heftig, sodass ihr kleiner Leib erbebte.
Mozart war sichtlich verwundert und sogar etwas ungehalten wegen dieses
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