Das Mozart-Mysterium
sehr traurig. Wir nahmen Kurs nach Hause und beschlossen, dort neue Pläne zu fassen. Ich ging innerlich die katastrophalen Ereignisse durch, um deren Sinn zu ergründen. Es war gut denkbar, dass die Schlange, die das Chaos ausgelöst hatte, als Anschlag auf uns gedacht war, und durch Eliminierung des einzigen Freundes der Salome, die in unserem Rätsel vorkam, unseren Fortschritt aufhalten sollte.
Eine zweite Möglichkeit, die noch viel beunruhigender war, versuchte ich zu verdrängen, denn der wild gewordene Löwe hätte genauso mich und den Maestro angreifen und tödlich verletzen können. Dies könnte sogar der Hauptzweck des Attentates sein – zumal ich bereits in den Katakomben Ziel eines Angriffes war. Vielleicht war es aber auch nur ein unglücklicher Zufall, dass eine Schlange ausgebrochen war.
Wir nahmen also wieder die Salzachbrücke, um zum linken Ufer, wo Mozarts Wohnung lag, zurückzugelangen. Die breite und überdachte Holzbrücke war recht bevölkert um diese mittägliche Zeit. Als wir erst die Hälfte des Weges zurückgelegt hatten, wurde ersichtlich, dass sich die Kutschen am Ende der Brücke stauten. Ich konnte links und rechts am Brückenkopf uniformierte Wachen vom Hofe des Erzbischofs ausmachen, die in jede Kutsche schauten und offensichtlich etwas oder jemanden suchten.
Nach einiger Zeit hatten wird schließlich die Brücke überquert; anstatt uns wie erwartet durchzuwinken – denn Mozart war durchaus eine bekannte Persönlichkeit in Salzburg und zudem Angestellter des Hofes –, schlugen die Wachen klirrend ihre langen Lanzen vor uns zu einem Kreuz zusammen.
»Halt, nicht weiterfahren!« wurde in strengem Ton gerufen und eine Wache trat zu uns heran. »Herr Mozart?«
Der Maestro bejahte mit erstaunter Miene. Siedend heiß durchfuhr mich die Befürchtung, dass Mozart durch unseren Aufenthalt bei den Gauklern in Unannehmlichkeiten geraten könnte. War es zwar offiziell nicht verboten, sich weltlichen Vergnügungen wie diesen hinzugeben, so wäre es doch möglich, dass ein Kollege und Neider Mozarts am Hofe aus dieser Angelegenheit einen Nutzen ziehen wollte und Mozart wegen seines Besuches bei den Spielleuten angezeigt hatte.
Verwunderlich wäre allerdings, wenn Mozart, der ein angesehener Hofmusiker war, wegen einer solchen Lappalie ernsthafte Schwierigkeiten bekommen sollte. Jedenfalls hieß uns der bischöfliche Wachmann seinen bewaffneten Reitern zu folgen, die nun zu uns gestoßen waren. Auch hinter unserem Einspänner ritten zwei Wachen. Schnell war zu erkennen, dass die Fahrt uns zur Festung Hohensalzburg auf dem Mönchsberg führen würde, denn in raschem Tempo wurde der Berg angesteuert.
In nur etwa dem Viertel einer Stunde waren wir am ersten Torbogen der Festung angelangt, deren hohe, dicke Mauern mir an jenem Tage besonders bedrohlich und wehrhaft erschienen. Der enorm umfangreiche Bau der Festung bestand aus vielen Toren, die gut gegen Angreifer abgesichert waren. Er sollte den Kern des Herrschaftsbereiches vom regierenden Erzbischof, der auch die weltliche Macht innehatte, über die wohlhabende Region um Salzburg sichern.
Wir hatten insgesamt drei weitere Tore und eine Zugbrücke zu passieren, bis wir in den inneren Schlosshof gelangten, wo wir die Kutsche verlassen mussten. In diesem Teil der Festung stand eine große, alte Linde, deren Ausmaße mich beeindruckten.
Zwei Wachen kümmerten sich hier um die Kutsche und wir wurden zu Fuß durch zwei weitere Tore geleitet, bis wir den Kern der Burg, Hoher Stock genannt, erreicht hatten, den Teil des Bauwerkes, in dem sich die Wohn- und Arbeitszimmer des Erzbischofs und seines engsten Gefolges befanden.
Zwei Wachen führten uns von in eine hohe, gewölbte Vorhalle, wo wir einige Zeit warten mussten.
Eine große Flügeltür wurde langsam und mit lautem Knarren geöffnet und ein Diener hieß uns, in den durch seine besondere Gestaltung weithin bekannten Goldenen Saal einzutreten. In dem prunkvoll ausgestatteten Raum standen vier rote, gedrehte Marmorsäulen, die eine Kassettendecke stützten, die wiederum von unzähligen Goldkugeln bedeckt war und aussah wie ein Sternenhimmel. Auch standen hier zahlreiche, kostbar anmutende Sessel und ein großer Tisch, der einer langen Esstafel glich, jedoch einer der Schreibtische des Bischofs war. Dieser saß an der Seite uns gegenüber, vor ihm stand ein älterer Herr, der sich uns sogleich zuwandte, nachdem der Diener die hohe Türe geschlossen hatte.
Mozart machte den vorgeschriebenen
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