Das Multiversum 1 Zeit
Und sie wissen, dass wir mit Binärzahlen rechnen.« Er griff sich einen Notizblock und kritzelte zwei Ketten aus 1 und 0 darauf:
111010101001
011111000010
Er lehnte sich zurück. »Hier.«
Malenfant runzelte die Stirn. »Und was soll das darstellen?«
Emma musste lachen. »Vielleicht ist es ein Bild von Carl Sagan.
Einer vom Unterlauf winkt uns zu.« Schnauze, Emma!
»Nein«, sagte Dan. »Dazu ist es zu einfach. Es müssen Zahlen sein.« Er löschte den Inhalt der Softscreen und rief ein simples Umrechnungsprogramm auf.
3753
1986
Sie starrten aufs Ergebnis. »Was bedeutet das?« fragte Malenfant.
Dan gab die Rohdaten der Neutrinozählung ins Umrechnungs-Programm ein, und die konvertierten Signale rollten live, als ob sie vom Film-Emulsions-Detektor aufgefangen würden, stetig auf dem Bildschirm nach oben.
3753
1986
3753
125
1986
3753
1986
»Jemand sollte Cornelius anrufen«, sagte Dan. »Und …«
»Was?« fragte Malenfant.
»Wir hatten das Experiment erst seit einer Woche laufen, als wir das auffingen. Woher wussten die am Unterlauf, wann wir so weit waren?«
Malenfant grinste. »Weil sie schon wussten, wann wir hier sein würden.«
Emma teilte seine Freude über dieses Ergebnis allerdings nicht.
Sie fühlte sich nichtig und klein. Sie stellte sich vor, wie die Welt sich um sie drehte, sie in der Dunkelheit um die Sonne wirbelte, um den Rand der Galaxis – und wie die Galaxis selbst ihrer fernen Bestimmung entgegentrieb, und die Sterne leuchteten dazu wie die Bullaugen eines großen Ozeandampfers …
Botschaften aus der Zukunft. War das möglich? – dass es Wesen weit jenseits dieses Raums und dieser Zeit gab, die versuchten, durch diese zusammengeschusterte physikalische Versuchsanord-nung ein Signal an die Vergangenheit, an sie zu senden?
Hatte Cornelius Recht? Recht mit allem? Recht auch mit Blick auf die Carter-Katastrophe, den drohenden Untergang der gesamten Menschheit?
Das war unmöglich. Das war verrückt. Cornelius hatte sie alle mit seiner Schizophrenie angesteckt.
Malenfant war natürlich hellauf begeistert. Sie kannte ihn gut genug, um zu wissen, dass er diesem neuen Abenteuer nicht zu widerstehen vermochte, wohin auch immer es ihn führte.
Und sie fragte sich, wie sie ihn danach noch dazu bewegen sollte, wieder an die Arbeit zu gehen.
126
3753
1986
3753
1986
…
Reid Malenfant:
Das Rätsel des Feynman-Funkspruchs trieb Malenfant auch dann noch um, als er sich in seine unzähligen anderen Projekte stürzte.
Er schrieb die Zahlen auf einen Zettel und ließ sie über eine Softscreen laufen. Er versuchte die Zahlen zu zerlegen: Er potenzierte, multiplizierte und dividierte sie miteinander und durcheinander.
Ohne etwas zu erreichen.
Cornelius Taine war gleichermaßen frustriert. Er rief Malenfant zu jeder Tages-und Nachtzeit an. Mathematik, auch Numerologie, muss der falsche Ansatz sein.
»Wieso?«
Was verstehen Sie von Mathematik, Malenfant? Bedenken Sie die Natur des Signals, um das es hier geht. Bedenken Sie, dass die am Unterlauf mit uns zu kommunizieren versuchen – insbesondere mit Ihnen.
»Mit mir?«
Ja. Sie treffen hier die Entscheidungen. Die Bedeutung dieser Zahlen muss sich Ihnen leicht erschließen. Achten Sie nur auf die Zahlen, drängte Cornelius. Versuchen Sie nicht zu viel hineinzuinterpretieren. Wie sehen sie aus?
1986
3753
»Ähem … 1986 könnte ein Datum sein.«
127
Ein Datum?
1986: Das Jahr von Challenger und Tschernobyl, und einer ersten Versetzung nach Übersee für einen jungen Piloten mit Namen Reid Malenfant. »Es war nicht das glücklichste Jahr in der Geschichte, aber auch nicht so bedeutungsvoll für mich … He. Cornelius. Könnte 3753 auch ein Datum darstellen?« Er bekam eine Gänsehaut. »Das 38. Jahrhundert – mein Gott, Cornelius, vielleicht ist das das wahre Datum der Carter-Katastrophe.«
Cornelius' leicht verwaschene Softscreen-Abbildung zeigte ihn mit gerunzelter Stirn. Es ist durchaus möglich, aber ein späterer Zeitpunkt als nach ein paar Jahrhunderten ist unwahrscheinlich. Noch etwas?
»Nein. Denken Sie weiter nach, Cornelius.«
Ja…
Und Malenfant rollte die Softscreen zusammen und widmete sich wieder der Arbeit oder versuchte zu schlafen.
Bis der Tag kam, als Cornelius persönlich in eine BDB-Projekt-besprechung platzte.
■
Es war in einem stickigen Bürocontainer auf dem Mojave-Testgelände. Malenfant saß mit Hench zusammen und brütete über Test-ergebnissen und Subunternehmer-Verträgen. Und plötzlich
Weitere Kostenlose Bücher