Das Multiversum 1 Zeit
traditionsbewusst, dass man sie sicherlich zwingen würde, ihre Karriere hintanzustellen. Und seine Soldatenkinder aufzuziehen. Aber in Wirklichkeit waren sie Partner, und zwar Partner fürs Leben.
Nur dass Malenfant schon an der ersten Hürde der NASA gescheitert war. Sie hatte es nicht glauben wollen.
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Er war wie ein geprügelter Hund zurückgeschlichen. Er hatte ihr auch nie erzählt, was schief gelaufen war. Und sie hatte auch nicht in ihn gedrungen.
Danach war es nie mehr so wie früher gewesen.
Er wurde nach seiner Ablehnung für ein Jahr zum Dienst am Boden vergattert, bevor er aus der Luftwaffe ausschied und andere Richtungen fand, in die er seine Energien zu lenken vermochte.
Mit der Gründung der Bootstrap Inc. trat Malenfant den Weg zu Reichtum und Macht an. Emma hatte schon in den Gründerzei-ten mit ihm zusammengearbeitet.
Aber er hatte sie weggestoßen.
»Ich weiß noch immer nicht wieso«, sagte sie Maura. »Wir wollten eine Familie gründen, Kinder haben und irgendwo sesshaft werden. Irgendwie war das alles in den Hintergrund getreten. Und dann …«
»Sie müssen es mir nicht erzählen.«
Emma lächelte. Sie fühlte sich plötzlich müde. »Es stand in den Klatschspalten. Er hatte eine Affäre. Ich hatte sie in flagranti er-tappt. Die Ehe war natürlich zerstört. Und nun kommt das eigentlich Merkwürdige. Ich habe ihn noch nie so unglücklich gesehen wie in jenem Augenblick.«
Und überhaupt hatte sie den Eindruck gehabt, dass Malenfant es darauf abgesehen hatte, ihre Ehe zu zerstören: dass er sich die Ge-liebte nicht seinetwegen zugelegt hatte, sondern um den Bruch mit Emma zu provozieren.
Ihre E-Therapeuten sagten, dass er damit auf das Scheitern seines wahren Lebensziels reagierte. Wo er nun wusste, dass er seine Träu-me nie verwirklichen würde, spielte Malenfant wieder mit den Spielzeugen der Kindheit, ehe der Sargdeckel irgendwann über ihm zuklappte.
Vielleicht war es auch eine Auswirkung der Wechseljahre, mutmaßten die Therapeuten.
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»Der einzige Vorteil der E-Therapeuten«, murmelte Maura, »ist, dass ihr Geschwätz billiger ist als das von Menschen.«
»Es hat trotzdem geschmerzt.«
»Und es tut noch immer weh. Stimmt's?«
Emma zuckte die Achseln. »Eines Tages werde ich es verstehen.«
»Und dann schließen Sie die Tür hinter sich?«
»Das habe ich vor. Nun denn. Glauben Sie, dass wir es heute schaffen werden?«
»Ich glaube ja«, sagte Maura energisch und geschäftsmäßig. »Die Gefahr geht von Harris Rutter aus Illinois aus. Einer aus der Ging-rich-Generation. Sie müssen wissen, wer einmal hier ankommt, geht nie wieder, ob man ein Amt bekleidet oder nicht. Es gibt Seil-schaften, die über Jahrzehnte geknüpft wurden … Rutter hat viel Macht. Er sitzt in einer Reihe von Haushalts-Unterausschüssen, die als Verteiler für Steuergelder gelten. Aber Rutter übt seine Macht nur negativ aus. Er gefällt sich als Störer im Parlament, versucht die Verabschiedung von Gesetzen zu verzögern und die Bewilligung von staatlichen Fördermitteln zu verhindern – nur um den Mehrheitswillen zu unterlaufen, bis er bekommt, was er will.
Was auch immer das ist. Aber ich glaube, dass es mir diesmal gelungen ist, ihn auf meine Seite zu ziehen.«
»Wie denn?«
»Mit Staatsknete. Oder zumindest mit dem Versprechen, falls Malenfant durchkommt.«
»Das scheint aber noch in weiter Ferne zu liegen, nicht wahr?«
»Man muss in dieser Stadt immer die Nase vorn haben, Emma«, murmelte Maura und schloss seufzend die Augen, als der Masseur sich wieder an die Arbeit machte. »Wussten Sie eigentlich, dass Frauen diese Sporteinrichtungen erst seit 1985 benutzen dürfen…?«
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Die Anhörung hier im Rayburn-Gebäude fand in einem engen, alt-modischen Konferenzraum statt, um dessen Kühlung eine einzige Klimaanlage sich fast vergeblich mühte. In der Mitte des Raums verliefen zwei Tischreihen, mit Namensschildern für die Kongressabgeordneten auf der einen und für die Befragten auf der anderen Seite. Es war ein Ort der Konfrontation, eine Richtstätte.
Malenfant war schon da. Er machte einen ebenso energischen und ruhigen wie zuversichtlichen und gefassten Eindruck, und seine Glatze schimmerte wie die Abdeckung eines Waffensystems.
Emma schaute ihm in die Augen. Er wirkte so unschuldig und rein wie ein Neugeborenes.
Malenfant trat in den Zeugenstand, und Emma und Maura nahmen an der Rückseite des Raums nebeneinander Platz. Zwei Kongressabgeordnete übernahmen den Vorsitz:
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