Das Multiversum 1 Zeit
Harris Rutter, der ehemalige Rechtsanwalt und Mary Howell aus Pennsylvania, einstma-lige Verfahrenstechnikerin. Beide waren Republikaner.
Der Zweck der Anhörung bestand darin, dass Malenfant erneut begründete, weshalb man seine Firma nicht schließen sollte. Rutter stellte Malenfant unangenehme Fragen in Bezug auf die zweifelhafte Legalität seiner Operationen, vor allem über den ersten Start.
Malenfant reagierte ruhig. Er gestattete sich, Irritation über das Dickicht widersprüchlicher rechtlicher Bestimmungen anklingen zu lassen, durch das Bootstrap sich bewegte und spulte eine vorbe-reitete Rede über sein geplantes bemanntes Raumfahrtprogramm ab: dass er vier Astronautenanwärter, die sich bereits im Training befanden, als repräsentativen demografischen Querschnitt der USA ausgewählt habe. »Es war nicht schwer, Freiwillige zu finden, Sir, obwohl wir ihnen die Gefahr verdeutlicht hatten – nicht der Weltraummission, sondern dass sie den Flug vielleicht gar nicht erst antreten dürften.«
Damit erzielte er einen kleinen Lacherfolg.
191
»In diesem Land haben wir eine große Expertise im Start von Weltraummissionen und eine Reserve an Menschen, die von der Raumfahrt-und Rüstungsindustrie freigesetzt wurden – Leute, die darauf brennen, wieder arbeiten zu dürfen. Meiner Ansicht nach ist es ein Verbrechen, ein solches Potenzial zu vergeuden …« Dann führte er aus, dass die Mission in der Hauptsache aus Komponenten bestand, die nicht von den einschlägigen Luft-und Raumfahrt-Kartellen geliefert wurden, sondern von kleineren Betrieben in den Vereinigten Staaten, die teilweise um ihre Existenz kämpften. Es gelang Malenfant, eine lichte Zukunft zu umreißen, wo der Nutzen des neuen, erweiterten Weltraumprogramms von der Mojave in Form von Steuergeldern und neuen Arbeitsplätzen dem ganzen Land zugute käme, nicht zuletzt Illinois und Pennsylvania, den Heimatstaaten seiner Befrager.
»Er trägt ziemlich dick auf, was?« flüsterte Emma Maura zu.
Maura beugte sich zu ihr hinüber. »Sie müssen das größere Bild sehen, Emma. Die meisten staatlich subventionierten Projekte erlangen im Frühstadium breite Zustimmung, wenn viele Abgeordnete hoffen, ein Stück vom Kuchen abzubekommen. Wenn Malenfant verspricht, dem ganzen Land Wohlstand zu bringen, ohne dass die Regierung viel oder überhaupt etwas dazu beitragen müss-te, dann überzeugt er die Leute zumindest davon, ›im Zweifel für den Angeklagtem zu stimmen‹ …«
Auf jeden Fall schien Malenfant Rutters Kreuzverhör überstanden zu haben. Doch nun ging – zu Emmas Erstaunen – Howell, die Ingenieurin aus Pennsylvania, zum Angriff über. Sie war eine herbe, korpulente Frau von etwa fünfzig Jahren und hatte das graue Haar zu einem Knoten zusammengebunden. Sie wirkte aggressiv und kampfeslustig.
»Oberst Malenfant. Bootstrap ist doch mehr als eine bloße Kon-struktionsfirma, nicht wahr?«
»Ich weiß nicht, was Sie meinen.«
192
Howell hielt eine Ausgabe der Washington Post hoch, die von einer grellen Schlagzeile über das Feynman-Funkgerät bei Fermilab geziert wurde: ein animiertes Bild mit einer Tonspur von Cornelius Taine, der auf die Carter-Katastrophe verwies. Sie zitierte: »Ein Exklusiv-Interview mit einem Eschatology-Sprecher … Fermilab-Manager empört über den Missbrauch ihrer Einrichtungen …«
»Diese Pressemitteilung hat aber nichts mit mir zu tun.«
»Kommen Sie schon, Oberst Malenfant. Ich habe nicht den geringsten Zweifel, dass derartige Verlautbarungen nur mit Ihrer stillschweigenden Zustimmung erfolgen. Also stellt sich die Frage, wieso Sie der Ansicht sind, dass dieser ›Botschaft-aus-der-Zukunft‹-Mumpitz Ihrer Sache hilft. Sie haben doch eine Ausbildung in Ingenieurwissenschaften, nicht wahr, Oberst? Wie ich auch.« Sie fasste ihn kritisch ins Auge. »Ich wage zu behaupten, dass wir in etwa gleichaltrig sind. Also haben wir beide dieselben Veränderungen in der Gesellschaft miterlebt.«
»Veränderungen?«
»Die Technikfeindlichkeit. Der Verlust des Vertrauens in Wissenschaftler und Ingenieure – eine Art der Ablehnung der wissenschaftlichen Methode per se und der wissenschaftlichen Erklärung der Welt. Stimmen Sie mit mir überein, dass wir eine Flucht ins Irrationale erleben?«
»Ja. Ja, ich stimme darin mit Ihnen überein. Aber ich gehe nicht notwendigerweise mit Ihrer Implikation konform, dass das Irrationale an sich schlecht sei.«
»Ach nein?«
»Es gibt viele Geheimnisse, die die Wissenschaft noch nicht
Weitere Kostenlose Bücher