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Das Multiversum 3 Ursprung

Das Multiversum 3 Ursprung

Titel: Das Multiversum 3 Ursprung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
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der gesäubert und an der Schulter geflickt worden war. Sie legte den Overall auf sein Bett und ging zu einer kleinen, offensichtlich selbst gezimmerten Kommode. Eine Holzschale mit vertrockneten Blumen stand auf der Kommode. Sie nahm die Blumen heraus und ersetzte sie durch ei-ne Handvoll gepresster gelber Blumen – Marigold vielleicht –, die sie aus einer Rocktasche holte. Er sah, dass sie barfuß ging: Große spatelförmige Zehen lugten unter dem Rock hervor.
    Sie machte wieder einen Knicks. »Frühs'ück, Baas«, sagte sie mit einer tiefen Reibeisenstimme. Sie hatte ihm bisher nicht einmal in die Augen geschaut und wandte sich schon wieder zum Gehen.
    »Warte!«, sagte er.
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    Sie blieb stehen. Er glaubte Angst in ihrer Körpersprache zu erkennen, obwohl sie sein doppeltes Gewicht gehabt haben musste und sicher nichts von ihm zu befürchten hatte.
    »Wie ist dein Name?«
    »Julia.« Sie hatte Schwierigkeiten, den Konsonanten ›J‹ zu artiku-lieren und stieß ihn gepresst aus. Tschuu-li-a.
    »Danke, dass du nach mir geschaut hast.«
    Sie machte wieder einen Knicks und verließ ohne Hast den Raum, wobei die großen Füße auf dem Holzboden patschten.
    Die Siedlung bestand aus einem Dutzend Hütten. Sie waren aus ausgestochenen Grassoden oder als Blockhütten gebaut und hatten Dächer aus dicken Erdschichten. Die Hütten hatten eine einheitliche Größe und waren wie die Miniaturausgabe einer Vorstadt angelegt. Die Durchgangsstraße war eine rote, von vielen Füßen planierte Staubpiste und wurde von schweren Gesteinsbrocken ge-säumt. Um jede Hütte war durch weitere Steinreihen eine kleine Parzelle abgeteilt. Die Steine waren zum Teil weiß gestrichen. In den ›Gärten‹ wuchsen Pflanzen, Gemüse und Blumen in ordentlichen Reihen.
    Primitiv wirkende Karren waren im Schatten einer Mauer geparkt, und andere Ausrüstungsgegenstände – die wie Spaten, Hacken und Armbrüste aussahen – waren ordentlich unter Planen aus gegerbten Tierhäuten gestapelt. Es gab sogar ein richtiges Latri-nensystem: Gräben, die von kleinen Häuschen und ›Donnerbal-ken‹ überragt wurden.
    Die Siedlung hatte das Aussehen einer Kaserne, ein Stückchen Zivilisation, das man dem Dschungel abgerungen hatte, der hinter dem hohen Staketenzaun, der die Hütten umgab, wucherte. Am Abend zuvor hatte McCann sich für die Schlichtheit der Siedlung entschuldigt, doch angesichts der Kleidung aus Pflanzenfasern, der Karren und Werkzeuge aus Holz und Stein hielt Malenfant es für 286
    eine beachtliche Leistung, dass eine Gruppe gestrandeter Überlebender in diesem lebensfeindlichen Dschungel die Zivilisation hochgehalten hatte, aus der sie hinauskatapultiert worden war.
    Aber die Wände der Hütten waren verwittert und überall mit Lehm geflickt. Und ein paar Hütten schienen leer zu stehen – die Wände waren marode, und die kleinen Gärten waren wieder zu trockenem rotem Staub zerfallen.
    Es gab hier niemanden – jedenfalls keine Menschen.
    Ein mit Fellen bekleideter Mann kreuzte barfuß die schmale Straße des Dorfs und ging an den Hütten vorbei. Er war breit und untersetzt wie Julia. Ein Neandertaler vielleicht.
    In einem Winkel der Siedlung arbeiteten zwei Männer an einem Haufen Steine und schlugen sie unablässig aneinander, als ob sie sie zu Kieselsteinen verarbeiten wollten. Die Männer waren nackt und von kräftiger Statur. Malenfant identifizierte sie sofort als Vertreter des Homo erectus. Sie waren durch dicke Seile um die Knöchel gefesselt und schienen von seiner Anwesenheit keine Notiz zu nehmen. Die Darstellung körperlicher Stärke ohne die Kontrolle durch ein Bewusstsein beunruhigte ihn.
    Aber er roch noch immer den Schinken. Die vergleichende Anthropologie konnte warten.
    Er folgte dem Geruch zu einer Hütte in der Mitte des Dorfs. Im Innern war ein Tisch mit hölzernen Tellern, Tassen und Besteck aufgebaut, und in einem kleinen Küchenbereich briet eine andere Frau vom Typ Neandertaler – aber älter als Julia – Schinken auf heißen Steinen.
    Nemoto saß am Tisch und delektierte sich an einem großen Stück Fleisch. Sie schaute auf, als er eintrat und hob eine Augenbraue.
    »… Malenfant. Guten Morgen.«
    Malenfant drehte sich beim Klang der Stimme um und spürte einen kräftigen Griff um die Hand.
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    Hugh McCann trug einen Anzug mit Hemd und sogar einer Krawatte, wie Malenfant überrascht bemerkte. Aber der Anzug und das Hemd waren fadenscheinig, und Malenfant sah, dass der Gürtel sich in McCanns Bauch

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