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Das Multiversum 3 Ursprung

Das Multiversum 3 Ursprung

Titel: Das Multiversum 3 Ursprung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
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Die drei schmiegten sich im Regen aneinander, und Sally weinte. Sally schrie in der Dunkelheit. Maxie schlief schon; die Frauen hatten das Kind schützend in die Mitte genommen.
    Der Regen hatte aufgehört. Emma zog die Zeltplane herunter und deckte alle damit zu.
    Sally wollte reden und flüsterte in der Dunkelheit.
    Sie erzählte vom Urlaub ihres Lebens in Afrika, dass Maxie im Kindergarten sei, dass sie zuhause noch ein Kind, eine Tochter hätten, davon, was sie und Greg beruflich machten und dass sie mit dem Gedanken an ein drittes Kind spielten oder vielleicht einen Embryo einfrieren lassen, den sie später austragen wollte, wenn der Beruf sie nicht mehr so stark in Anspruch nahm.
    Und dann erzählte Emma ihr von ihrem Leben, ihrer Karriere und von Malenfant. Sie wählte bewusst die ›leichtesten‹ und un-kompliziertesten Geschichten, an die sie sich erinnerte.
    Wie die Episode von ihrer Verlobung, die nach Malenfants ers-tem Jahr als Seeoffiziersanwärter an der Marineakademie stattgefunden hatte. Er hatte seinen Klassen-Ring bekommen, und beim rituellen Ringtanz hatte sie seinen Ring um den Hals getragen, 60
    während er ihre Miniaturversion in der Tasche trug. Und auf dem Höhepunkt des Abends begaben die Paare sich der Reihe nach in die Mitte der Tanzfläche und tanzten unter einer riesigen Nachbildung des Klassenrings. In jugendlichem Überschwang, von Liebe und Hoffnung erfüllt, tauchten sie die Ringe in eine Schüssel mit Wasser aus den sieben Weltmeeren, tauschten die Ringe und ver-lobten sich miteinander …
    Ach Malenfant, wo bist du nur?
    Und dann schliefen sie auf dem Boden eines namenlosen Walds: Drei Menschen, die vom Schicksal zusammengeführt worden und in diesem fremdartigen Quasi-Afrika verschollen waren. Emma schreckte jedesmal aus dem Schlaf, wenn ein Blatt raschelte, ein Zweig knackte oder ein Räuber im weiten Land jenseits dieses schützenden Walds heulte.
    Morgen müssen wir uns eine vernünftige Behausung bauen, sagte sie sich. Wir können nicht ständig auf dem Boden schlafen.
    Schatten:
    Sie wachte früh auf.
    Sie drehte sich auf den Rücken und streckte behaglich die Arme von sich. Das Nest aus Ästen und Zweigen war weich und wurde durch ihren Körper gewärmt, doch wo die Haut der Kälte ausgesetzt war, sträubten sich ihr die Haare. Sie stellte fest, dass ihr schwarzer Pelz mit Reif bedeckt war. Sie kratzte den Frost mit dem Finger ab und leckte daran.
    Sie sah die in den Bäumen verteilten Nester der Elfen-Leute – dicke Knubbel aus Ästen mit schlanken Gestalten, die noch immer schliefen.
    Sie hatte keinen Namen. Sie hatte weder einen Bedarf an Namen noch die Fähigkeit, welche zu ersinnen.
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    Nennen wir sie Schatten.
    Es wurde hell. Sie sah einen Streifen aus kräftigem Pink am Horizont. Über ihr war eine Wolkendecke. In einem Riss in der Wolkendecke trieb eine Erde, dick und strahlend blau.
    Schatten starrte auf die Erde. Sie war noch nicht da gewesen, als sie zuletzt aufgewacht war.
    Lockere Verknüpfungen wanderten ihr durch den Kopf: Keine Gedanken, auch keine Erinnerungen, nur Splitter – aber inhalts-schwer und intensiv. Und sie waren alle blau. Blau wie der Himmel nach einem Sturm. Blau wie das Wasser des Flusses. Blau, blau, blau, sauber und rein im Vergleich zum kräftigen Dunkelgrün nächtlicher Gedanken. Blau wie das gestrige Licht am Himmel.
    Schattens Erinnerungen waren verschwommen und ungeordnet, ein grüner und roter Korridor mit ein paar Bruchstücken wie Brocken einer zertrümmerten Struktur: Das Gesicht ihrer Mutter, die Leichtigkeit ihres eigenen Körpers als Kind, der stechende, unerklärliche Schmerz ihrer ersten Blutung. Doch nirgendwo in dieser trüben grünen Halle war ein solcher blauer Lichtblitz. Es war seltsam, und das machte ihr Angst.
    Aber Erinnerungen verblassen. Es gab nur das Hier, hell und klar: Was vorher war und was danach kommen würde, spielte keine Rolle.
    Je heller es wurde, desto mehr schälte die Welt sich aus dem dunklen Grün. Die Geräusche nahmen mit der Helligkeit zu, das Summen von Insekten und das Schwirren von Fledermäusen.
    Hier, in dieser Ansammlung von Bäumen auf einem hohen Bergrücken war sie auf dem Gipfel ihrer Welt. Der Boden fiel zur wogenden schwarzen Masse des Flusses ab. Die Bäume waren hier auf dem kahlen grauen Boden verstreut, doch an den unteren Hängen gab es grünschwarze Flecken, die immer dunkler und 62
    dichter wurden und schließlich in den Rinnen und Spalten verschmolzen, die zum Flusstal

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