Das Multiversum 3 Ursprung
sind?«
Wer ist ›sie‹? »Dieses Rad am Himmel muss eine Sensation gewesen sein. Unser Schicksal bestimmt wahrscheinlich die Nachrichten der ganzen Erde.«
57
Da kam Maxie und schlurfte missmutig durch die Blätter. Er war mit seinen eigenen Dingen beschäftigt wie jedes Kind, das nicht gerade vor Angst verging. »Ich habe Hunger.«
Emma tätschelte ihm die Schulter. »Ich auch.« Sie kramte in den geräumigen Taschen der Fliegerkombination und schaute nach, was die südafrikanische Luftwaffe sonst noch so zu bieten hatte.
Sie fand ein in Folie verpacktes Päckchen mit Trocken-Nahrung und breitete die bunten Tütchen auf dem Boden aus: Kaffee und Milchpulver, Trockenfleisch, Mehl, Fett, Zucker und kalorienrei-che Sachen wie Schokoladenpulver und sogar Trocken-Eiskrem.
Sally und Emma mampften Schokoriegel, Müsli und Dörrobst.
Sally bestand darauf, dass Maxie zwei ballaststoffreiche Kekse aß, bevor er sich über die Süßigkeiten hermachte, die er sofort erspäht hatte.
Emma reservierte sich ein Bonbon mit Kirscharoma und ließ es sich langsam auf der Zunge zergehen, damit sie endlich den Nach-geschmack von dieser verdammten Raupe loswurde. Eine Raupe, um Gottes Willen. Zorn loderte wieder in ihr auf. Sie hätte die dürftigen Vorräte am liebsten weggeworfen und wäre aus dem Wald gerannt und hätte die Hominiden zur Rede gestellt. Wo auch immer, zum Teufel, sie war, sie sollte nicht hier sein. Sie wollte mit dem ganzen Mist nichts zu tun haben. Sie wollte die Verantwortung für diese verletzte Frau und ihr Balg nicht tragen – und sie wollte auch nicht immer wieder mit der Erinnerung daran konfrontiert werden, was mit dem Mann dieser Frau geschehen war.
Aber es fragte sie niemand, was sie wollte. Und nun waren die Rationen aufgebraucht, und die anderen starrten sie an, als ob sie von ihr erwarteten, dass sie sie durchfütterte.
Wenn nicht du, Emma, wer sonst?
Emma nahm die Folienverpackung und machte sich auf die Suche nach Wasser.
58
Sie ging tiefer in den Wald und stieß nach ein paar Minuten auf einen Bach. Sie stieg in die flache Rinne hinab und schöpfte lehmiges Wasser, an dem sie dann skeptisch roch. Wenigstens handelte es sich um ein fließendes Gewässer und kein stehendes.
Trotzdem schwammen glitschige Algen darin, und im Bett des Bachs wuchs reichlich Grünzeug. War das nun gut oder schlecht?
Sie füllte die Folienverpackung mit Wasser und ging zum improvisierten Lager zurück, wo Sally und Maxie schon auf sie warteten.
Sie stellte das Wasser ab und kramte wieder in den Taschen.
Bald hatte sie das Gesuchte gefunden. Es war eine kleine Tabak-dose, die sie einst von ihrem Großvater für die Aufbewahrung von Briefmarken bekommen hatte. Sie war mit diversen Kleinteilen vollgestopft, und Maxie schaute staunend zu, als sie den Inhalt entleerte: Sicherheitsnadeln, Draht, Angelhaken und -schnur, Nähzeug, Streichhölzer, Tabletten, eine Drahtsäge und sogar ein kleiner Kompass. Und eine kleine Schachtel mit Kaliumpermanganat-Kristallen.
Sie folgte den Anweisungen auf der Verpackung – zu ihrer Schande musste sie die Lupe des Taschenmessers als Sehhilfe benutzen – und streute Kristalle ins Wasser, bis es sich hellrot verfärbte.
Maxie rümpfte die Nase, bis seine Mutter ihm die komische rote Brühe als eine Art ›Cherry-Cola‹ unterjubelte.
Erinnerungen an frühere Campingurlaube stiegen auf. So durfte man zum Beispiel nichts verlieren. Also packte sie den ganzen Kram wieder in die Dose und verstaute sie in einer Innentasche mit Reißverschluss. Sie schnitt ein Stück Fallschirmschnur ab, hängte sich das Schweizer Messer um den Hals und brachte es in einer anderen verschließbaren Tasche der Fliegerkombi unter.
Während sie noch mit der Ausrüstung zugange war, zitterte Sally plötzlich.
59
»Greg. Mein Mann. O mein Gott. Sie haben ihn getötet. Sie haben ihm einfach den Schädel eingeschlagen. Die Affenmenschen.
Einfach so. Ich habe gesehen, wie sie es taten. Es stimmt, nicht wahr?«
Emma legte die Ausrüstungsgegenstände zögernd ab.
»Ist das nicht seltsam?«, murmelte Sally. »Greg ist nicht hier.
Aber ich bin nie auf die Idee gekommen, zu fragen, wieso er nicht hier ist. Und dabei habe ich es die ganze Zeit gewusst … Glauben Sie, dass etwas mit mir nicht stimmt?«
»Nein«, sagte Emma so beruhigend, wie es ihr nur möglich war.
»Natürlich nicht. Das war ein schwerer Schock für Sie …«
Und dann bekam Sally den Nervenzusammenbruch, den Emma längst erwartet hatte.
Weitere Kostenlose Bücher