Das Multiversum 3 Ursprung
gefesselt war.
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Aber das war gewesen, bevor Malenfant vom Johnson Space Center, dem Hauptquartier des bemannten Raumfahrtprogramms der NASA, den Bescheid bekommen hatte, dass er von der nächsten Mission, STS-194 gestrichen worden sei.
Damit war die Sache gelaufen. Mit ein paar Telefonaten hatte Malenfant ihren Aufenthalt in Johannesburg abgekürzt und versuchte den Rest der Tour zu stornieren. Es war ihm auch gelungen, alle Termine abzusagen; nur um den Empfang beim amerikanischen Botschafter der kenianischen Hauptstadt Nairobi war er nicht herumgekommen.
Zu ihrem weiteren Verdruss hatte Malenfant Bill London – einen alten Lehrgangskameraden von Annapolis und nun ein guter Kumpel bei der südafrikanischen Marine – angehauen, ihm für den Flug von Johannesburg nach Nairobi eine T-38 zu überlassen, die auf einem Militärflugplatz stand: Ein in die Jahre gekommenes Schulflugzeug, das den Astronauten seit den 1960ern als bevorzugtes Transportmittel diente.
Es war nicht das erste Mal, dass Emma mit solch einem Spielzeug-Flugzeug geflogen war, und wo Malenfant in dieser Stimmung war, konnte sie sich schon mal auf einen unruhigen Flug gefasst machen. Zumal sie befürchtete, dass Malenfant nach dieser Brüskierung in Nairobi vielleicht die Contenance verlieren würde.
Aber sie war ihm trotzdem gefolgt. Irgendwie folgte sie ihm immer.
Also fand Emma Stoney, eine fünfundvierzigjährige Buchhalterin, sich in einem Ausrüstungs-Raum wieder, wo sie mit einer blauen Fliegerkombination, einer Sauerstoffmaske, übergroßen Stiefeln und einem Helm ausstaffiert wurde. Dann wurde sie im Gebrauch des Fallschirms, der Überlebens-Ausrüstung und des Not-Sauerstoffgeräts unterwiesen und versuchte, sich den Zweck der Dutzend Gurte, Leinen und D-Ringe zu merken.
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Malenfant war natürlich schon vor ihr fertig und stapfte im hellen Schein der Morgensonne auf die wartende T-38 zu. Er hielt den Fliegerhelm und den Flugplan in der Hand, und sein kahler bronzefarbener Kopf glänzte in der Sonne wie ein Maschinenteil.
Seine ganze Körpersprache drückte Zorn und Frustration aus.
Die in diese martialische Montur gezwängte Emma musste rennen, um ihn einzuholen. Als sie das Flugzeug erreichte, war sie schon ins Schwitzen geraten. Sie wurde von zwei freundlichen Me-chanikerinnen auf ihren Sitz gehievt wie eine alte Frau, die in die Badewanne gehoben wurde. Malenfant saß im Cockpit und führte verdrossen die Startvorbereitungen durch.
Die T-38 war ein zerbrechlich wirkendes, schneeweißes Gebilde.
Sie hatte Stummelflügel und zwei hintereinander angeordnete bla-senartige Kanzeln. Das Flugzeug war beängstigend klein und schien kaum genug Platz für eine Person zu bieten. Emma musterte ein Ensemble von Schaltern, Skalen und Softscreen-Anzeigen, über deren Zweck sie nur Mutmaßungen anzustellen vermochte.
Die altehrwürdige T-38 war über die Jahre ständig modernisiert worden – zum Beispiel mit diesen glänzenden Softscreen-Anzeigen –, aber alle Flächen waren verschrammt und verkratzt. Das Metall war blank poliert, wo die Piloten es mit behandschuhten Händen umfasst hatten, und der lederne Sitzbezug war an vielen Stellen mit Klebeband geflickt.
Die letzten Minuten der Startvorbereitung vergingen wie im Flug. Ein Angehöriger des Bodenpersonals erteilte ihr letzte Anweisungen: Wie sie die Kanzel schließen musste, wo ein Karabinerhaken in den Ring des Fallschirms eingehakt werden musste und wie der Öffnungszeitpunkt des Fallschirms verstellt wurde. Ihr Blick fiel auf Malenfants Hinterkopf; ruckartig und voller Anspannung machte er das Flugzeug startklar.
Malenfant rollte den Jet ans Ende der Startbahn. Emma sah, wie der Steuerknüppel vor ihr wie von Geisterhand bewegt ausschlug.
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Er war mit Malenfants Steuerknüppel gekoppelt. Die Sauerstoffmaske roch nach erhitztem Gummi, und das Brüllen der Triebwerke übertönte Malenfants Gespräch mit dem Tower.
Denkst du jemals auch an mich, Malenfant?
Sie verspürte einen mächtigen Schub im Rücken.
Feuer:
Stein lässt die Äste fallen. Singen kullert über den Boden. Stein hat sie schon wieder vergessen.
Die Sonne steht tief. Sie sind in der Nähe eines dichten Wäldchens. Feuer riecht Wasser.
Feuer ist müde. Sein Magen ist leer. Die Hände sind wund.
»Hunger Feuer Hunger«, stöhnt er.
Singen schaut vom Boden zu ihm auf. Sie lächelt. »Hunger Feuer«, sagt sie. Er hofft, dass sie ihn stillen wird. Aber sie ist schwach und welk. Sie steht nicht auf, um ihn zu
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