Das Multiversum 3 Ursprung
hinter der Wolke. Der Rand der Wolke glüht golden. Regen liegt in der Luft. Ihm ist kalt, und er bekommt eine Gänsehaut. Er ist so in diesen Moment versunken, dass er vergessen hat, wie hungrig er ist.
Die Wolke teilt sich. Da ist ein blaues Licht tief am Himmel.
Feuer schaut auf das blaue Licht. Es ist nicht die Sonne. Das blaue Licht ist neu.
Feuer fürchtet sich vor allem Neuen.
Das Feuer leckt an den Händen.
Er sieht nach unten und vergisst das blaue Licht. Es kommt kein Rauch mehr. Das Moos hat sich in Asche verwandelt. Das Feuer droht zu erlöschen.
Feuer geht in die Hocke. Er beschützt das Moos mit seinem Körper. Er spürt seine Wärme auf der nackten Haut. Er ruft: »Feuer, Feuer! Feuer, Feuer!«
Stein ist klein in der Ferne. Er dreht sich um. Er ruft. Er ist zornig. Er läuft zu Feuer zurück.
Laut kommt zu Feuer. Laut ruft. Seine Stimme ist laut. Laut ist sein Name. Laut kniet sich hin. Er sucht nach Moos und trockenem Gras. Er facht das Feuer an.
Graben kommt zu Feuer. In der Hand hat sie Pfeilwurz. Sie hockt sich neben Feuer. Ihre prallen Brüste streifen seinen Arm.
Sein Glied versteift sich. Er schaukelt hin und her. Sie grinst. Ihre 8
Hände stecken ihm eine Wurzel in den Mund. Er schmeckt ihre Finger und den salzigen Schweiß.
Laut ruft. Sein Glied ist auch steif und ragt unterm Bauch hervor. Er legt Gras in Feuers Hände.
Feuer knirscht mit den Zähnen. »Laut, Laut fort!«
Laut ruft wieder. Er packt Graben am Arm. Sie lacht. Ihre Beine bewegen sie geschwind von den beiden weg.
Andere kommen zu Feuer. Da sind Frauen, Gras und Trieb und Kalt und Holz. Da sind ihre Babies ohne Namen. Da sind Kinder ohne Namen. Die Kinder plappern. Ihre Augen sind groß und hell.
Hier ist Stein. Stein schleift Äste über den Boden. Blau hilft Stein beim Ziehen der Äste. Singen liegt auf den Ästen. Singen ist weißhaarig. Sie ist stumm. Sie schläft.
Stein sieht das erlöschende Feuer. Er sieht Feuers steifes Glied.
Er brüllt. Die Äste fallen Stein aus der Hand.
Stein hat Singen auf den Ästen vergessen. Singen fällt auf den Boden. Sie stöhnt.
Steins Axt trifft Feuer am Hinterkopf. Ein Knacken ertönt. Stein schreit Feuer an. »Feuer, Feuer! Hunger, gib Essen!« Sein Gesicht wird von einer Narbe entstellt. Die Narbe ist feuerrot.
»Feuer, Feuer«, sagt Feuer leise. Er lässt die Arme fallen und senkt den Kopf. Er hält das Feuer fest.
Singen stöhnt. Ihre Augen sind geschlossen. Ihre Brüste sind schlaff. Die Männer fassen sie an Schultern und Beinen und legen sie wieder auf die Äste.
Stein und Blau packen die Äste. Ihre Beine bewegen sie den Weg zurück, den sie gekommen sind.
Feuer sagt seinen Beinen, dass sie ihn aufrichten sollen. Es gelingt ihnen nicht. Seine Hände umfassen noch immer das Feuer.
Licht erfüllt seinen Kopf, heller als dieser blaue Streifen am Himmel. Er kippt fast nach hinten.
9
Lauts Hand packt ihn unter der Achselhöhle. Laut zieht ihn hoch, bis die Beine gestreckt sind.
Laut lacht. Laut geht schnell weg, Graben hinterher.
Feuers Kopf schmerzt. Feuers Hand schmerzt. Feuers Glied will Graben.
Er geht los. Er versucht, an nichts zu denken.
Er denkt an das blaue Licht.
Emma Stoney:
Emma hatte Malenfant, ihren Ehemann, auf einer Goodwill-Tour durch Schulen und Bildungseinrichtungen in Johannesburg begleitet. Es war von vornherein ein unglückliches Projekt gewesen, ein Rückfall in die alten PR-Fehler der NASA. Die Tour hatte sie hauptsächlich durch wohlhabende Stadtbezirke geführt, in denen die obere Mittelklasse wohnte und wo Malenfant Gruppen ebenso höflicher wie gelangweilter Teenager Screen-Shows seiner zwei Missionen zur Raumstation präsentiert hatte.
In abgedunkelten Klassenzimmern hatte Emma das fröhliche Lachen der Schüler und die rubinroten MikroHandys gesehen, die wie Leuchtkäfer in der Nacht funkelten. Zwischen diesen Kindern, die in der fragmentierten, komplexen und völlig veränderten Welt des Jahres 2015 aufwuchsen und Reid Malenfant, dem fünfund-fünfzigjährigen Astronauten, der noch immer den Traum einer längst vergangenen Kindheit träumte, lagen Welten, sagte sie sich.
Dennoch war es für Emma ein Urlaub unter der Sonne Afrikas gewesen – aus dem Grund hatte sie sich auch von ihrer Arbeit als Finanzdirektorin bei OnlineArt losgeeist –, und sie und Malenfant waren für ihre Verhältnisse ganz gut miteinander ausgekommen.
Auch wenn Malenfant ständig von der Unrast geplagt wurde, die er verspürte, wenn er an die Erde
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