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Das muss Liebe sein

Das muss Liebe sein

Titel: Das muss Liebe sein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rachel Gibson
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den Salon und ging zum Arbeitstisch, auf dem all ihre ätherischen Öle und Grundstoffe standen. In diesem Zimmer waren die Jalousien gegen die zerstörerischen Sonnenstrahlen heruntergelassen, doch Gabrielle konnte, auch ohne etwas zu sehen, auf Anhieb das Fläschchen mit Sandelholzöl finden. Sie zog den Stopfen und schnupperte daran. Unverzüglich sah sie Joes Bild vor ihrem inneren Auge. Sein Gesicht, seine heißen, hungrigen Augen unter den schweren Lidern, seine Lippen, feucht von ihrem Kuss.
    Genau wie schon die Tage zuvor überwältigte sie der Kummer, bevor sie das Fläschchen wieder verschließen und auf den Tisch stellen konnte. Nein, sie hatte Joe noch nicht überwunden. Bis jetzt noch nicht. Es tat immer noch weh, aber morgen war es vielleicht schon besser. Vielleicht war sie morgen bereit, zurück nach Boise in ihr Haus zu fahren und sich dem Leben wieder zu stellen.
    »Ich bringe dir deine Post«, sagte ihre Mutter, die geschäftig in den Raum gefegt kam. Claire Breedlove hielt einen Korb mit frisch geschnittenen Kräutern und Blumen im Arm und einen großen braunen Umschlag in der Hand. Sie trug ein bunt besticktes mexikanisches Gewand, darüber einen Umhang gegen die Morgenfrische und um den Hals eine Kette aus Glücksbringer-Püppchen, um Unheil abzuwenden. Irgendwann während ihrer Mexikoreise war sie unwiderruflich zur Eingeborenen geworden. Ihr langer kastanienbrauner Zopf reichte bis in ihre Kniekehlen und war großzügig mit grauen Fäden durchsetzt. »Heute Morgen habe ich ein überdeutliches Zeichen empfangen. Etwas Gutes steht bevor«, prophezeite Claire. »Yolanda hat einen Chrysippusfalter auf den Lilien gefunden, und du weißt ja, was das bedeutet.«
    Nein, Gabrielle wusste nicht, was es bedeutete, wenn man einen Schmetterling im Garten sah, abgesehen davon, dass das Tierchen Hunger hatte und sich auf Nahrungssuche befand. Seit ihre Mutter ihr einen dunklen, leidenschaftlichen Geliebten prophezeit hatte, waren ihre medialen Voraussagen ein heikles Thema. Gabrielle erkundigte sich nicht eingehender nach dem Schmetterling.
    Claire gab trotzdem keine Ruhe. Sie reichte ihrer Tochter den Umschlag und sagte: »Heute erhältst du gute Nachrichten. Chrysippusfalter bringen bekanntlich immer gute Nachrichten.«
    Gabrielle erkannte Francis' Handschrift, als sie den Umschlag entgegennahm und ihn aufriss. Darin befanden sich ihre monatlichen Nebenkostenabrechnungen für ihr Haus in Boise und allerlei Reklamesendungen. Zwei Briefe allerdings ließen sie aufmerken. Der eine trug Mr. und Mrs. Hillards Absender, der andere kam von der Haftanstalt des Staates Idaho. Gabrielle brauchte gar nicht erst nachzusehen, wer der Absender war, um zu wissen, von wem der Brief stammte. Sie hatte die Handschrift auf Anhieb erkannt. Kevin.
    Einige unbedachte Augenblicke erfüllte sie Freude, so als ob sie Nachricht von einem alten Freund bekommen hätte. Doch genauso schnell wich diese Freude dem Zorn und einer gewissen Traurigkeit.
    Seit dem Tag vor seiner Verhaftung hatte sie nicht mehr mit Kevin gesprochen, doch von ihrem Anwalt hatte sie erfahren, dass Kevin drei Tage nach seiner Verhaftung sich auf einen Handel mit dem Büro des Staatsanwalts eingelassen hatte. Er hatte gesungen wie der sprichwörtliche Kanarienvogel, Informationen gegeben, Namen genannt und im Gegenzug eine Minderung der gegen ihn erhobenen Anklagen ausgehandelt. Er hatte jeden Sammler und jeden Händler verraten, für den er je gehehlt hatte, und er hatte die Diebe genannt, die in seinem Auftrag den Raub in Hillards Haus ausgeführt hatten. Laut Ronald Lowman hatte Kevin zwei Brüder aus Tonga angeheuert, die unter Bewährung standen und ihre Gerichtsverhandlung wegen mehrerer Einbruchdiebstähle erwarteten, die ihnen jetzt nachgewiesen werden konnten.
    Für seine Kooperationsbereitschaft wurde Kevin zu einer fünfjährigen Gefängnisstrafe verurteilt, von der er lediglich zwei Jahre absitzen musste.
    Gabrielle reichte ihrer Mutter den Brief der Hillards. »Wenn es dich interessiert, kannst du ihn lesen«, sagte sie, nahm Kevins Brief und ging über den Flur hinüber ins Frühstückszimmer. Sie setzte sich auf ein ausgebeultes Sofa und öffnete mit zitternden Händen den dicken Umschlag. Ein auf Anstaltspapier geschriebener vierseitiger Brief kam zum Vorschein, und im Licht, das durch das Fenster fiel, überflog sie die geschriebenen Zeilen.
    Liebe Gabrielle,
    wenn du diese Zeilen liest, besteht Hoffnung, dass du mir die Gelegenheit gibst, dir

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