Das muss Liebe sein
kaltschnäuzigen Polizisten.
Doch in der folgenden Nacht träumte sie zum ersten Mal von ihm. Sie träumte, dass er ihr Schlafzimmer betrat, sie unter schweren Lidern hervor mit seinen dunklen Augen angesehen hat, mit diesem sinnlichen Lächeln auf den Lippen, mit nichts bekleidet außer seiner tiefroten Aura. Als sie am nächsten Morgen aufwachte, hätte sie nicht sagen können, ob sie gerade den erotischsten Traum ihres Lebens oder ihren schlimmsten Albtraum erlebt hatte.
8. KAPITEL
Kein Zweifel, der Traum war ein Albtraum.
In dem Moment, als Joe am nächsten Morgen den Fuß in den Laden setzte, bekleidet mit an genau den richtigen Stellen abgewetzten Jeans und einem Cactus-Bar-T-Shirt, erglühte Gabrielle am ganzen Körper. Sie hatte absichtlich ihr grünschwarzes spitzenbesetztes Crinkle-Kleid zur Arbeit angezogen, weil es luftig und bequem war, doch in der Sekunde, als ihr Blick dem seinen begegnete, schoss ihre Körpertemperatur in die Höhe, und sie musste das Bad aufsuchen und sich die Wangen mit kaltwassergetränkten Papiertüchern kühlen. Sie konnte ihn nicht einmal ansehen, ohne daran zu denken, wie er sie in ihrem Traum berührt, was er ihr zugeflüstert hatte. Was er mit ihr tun und wo er beginnen wollte.
Sie versuchte, sich zu beschäftigen und sich von Joe abzulenken, aber donnerstags war immer wenig los, und dieser Donnerstag bildete keine Ausnahme. Sie gab ein paar Tropfen Orangen- und Rosenöl in die Duftlampe und zündete das Teelicht darunter an. Als der Laden sich allmählich mit dem Zitrus- und Blumenduftgemisch füllte, räumte sie eine Gruppe von Nymphen und Schmetterlingen aus geschliffenem Kristall aus einer Glasvitrine, staubte sie ab und stellte sie wieder auf. Aus den Augenwinkeln beobachtete sie Joe beim Zuspachteln der Löcher, die nach dem Transport des Regalsystems am Vortag in der Wand gegenüber zurückgeblieben waren. Ihr Blick wanderte seinen Rücken hinauf zu seinem Hinterkopf, und sie erinnerte sich daran, wie sein Haar sich in ihrer Vorstellung zwischen ihren Fingern angefühlt hatte. Es war ihr so wirklich erschienen, aber natürlich war alles nur in ihrer Vorstellung geschehen, und sie kam sich albern vor, weil sie sich dadurch so aus dem Gleichgewicht bringen und am helllichten Tag erschüttern ließ.
Als hätte er ihren Blick im Rücken gespürt, sah Joe sich über die Schulter hinweg nach ihr um und ertappte sie bei ihrer Musterung. Sein wachsamer Blick senkte sich in ihren, und hastig wandte sie sich wieder einer hüpfenden Nymphe zu, nachdem ihr abermals die Glut in die Wangen gestiegen war.
Wie üblich verbrachte Kevin den größten Teil des Vormittags bei geschlossener Tür im Büro, sprach mit Lieferanten oder Einzelhandelsvertretern oder kümmerte sich um andere geschäftliche Angelegenheiten. Donnerstags hatte Mara ihren freien Tag, und so wusste Gabrielle, dass sie höchstwahrscheinlich bis zum Ladenschluss mit Joe allein sein würde. Sie atmete mehrmals tief durch, um sich zu beruhigen, und bemühte sich, nicht an die vielen Stunden zu denken, die sich noch vor ihr ausdehnten. Leere Stunden. Allein. Mit Joe.
Über die Vitrine hinweg beobachtete sie ihn, wie er seinen Spachtel in den Napf mit Spachtelmasse tunkte, und sie fragte sich, welcher Frauentyp wohl Joes Interesse wecken mochte. Schöne athletische Frauen mit sportgestähltem Körper oder weiche, feminine Frauen, die Brot backten und sich über Staubmäuse unterm Bett aufregten? Sie gehörte zu keiner dieser Kategorien.
Gegen zehn Uhr hatten ihre Nerven sich so weit beruhigt, dass sie sich einigermaßen zurechtfand. Die Löcher waren verspachtelt, und Gabrielle musste sich eine neue Beschäftigung für Joe überlegen. Sie entschieden sich für neue Regale im hinteren Lagerraum. Nichts Kompliziertes. Einfach nur stabile Furnierholzbretter, die von schweren L-Trägern gehalten wurden.
Da keine Kunden zu erwarten waren, um die sie sich hätte kümmern müssen, zeigte sie Joe den Lagerraum, kaum größer als das Bad und mit einer einzelnen Sechzig-Watt-Glühbirne an der Decke. Falls ein Kunde den Laden betreten sollte, würde auch hier im Lagerraum eine Klingel anschlagen und sie darüber informieren.
Gemeinsam schoben sie Kisten und Verpackungsmaterial beiseite. Joe schnallte sich den Werkzeuggürtel locker um die Hüften und reichte Gabrielle ein Ende des Maßbands. Sie kniete sich nieder und legte es an der Wandecke an.
»Darf ich dir eine persönliche Frage stellen, Joe?«
Er hockte auf einem
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