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Das muss Liebe sein

Das muss Liebe sein

Titel: Das muss Liebe sein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rachel Gibson
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bemüht, ihn loszuwerden.
    »Nein, die gehen vorbei.«
    Aus den Augenwinkeln bemerkte sie, dass eine braune Papiertüte neben ihren Kristall-Duftlampen abgestellt wurde. »Ich habe fürs Mittagessen gesorgt«, sprach eine tiefe Stimme, von der sie nie im Leben erwartet hätte, dass sie sich jemals freuen würde, sie zu vernehmen. »Hast du Hunger?«
    Sie ließ den Blick an Joes schlichtem weißem T-Shirt emporwandern, über seinen gebräunten Hals, zu der tiefen Kerbe in seiner Oberlippe. Der Schatten einer blauroten Baseballkappe fiel über die obere Hälfte seines Gesichts, was die sinnlichen Linien seines Mundes noch hervorhob. Nach ihrer Unterhaltung mit Doug wunderte es sie, dass sie tatsächlich hungrig war. »Wie ein Wolf«, antwortete sie und wandte sich dem Mann zu, der neben ihr stand. »Joe, das ist Doug Tano. Doug hat den Stand dort drüben.« Sie wies über den Weg hinweg und konnte nicht umhin, den augenfälligen Unterschied zwischen den beiden Männern festzustellen. Doug war eine stille Seele in enger Beziehung zu seiner spirituellen Natur. Joe strahlte rohe, männliche Energie aus und wirkte in etwa so beruhigend wie die Explosion einer Atombombe.
    Joe warf einen Blick über die Schulter und richtete dann sein Augenmerk auf Doug. »Dickdarm-Hydrotherapie? Sind Sie das?«
    »Ja. Ich habe eine Praxis an der Sixth. Ich helfe auch bei Gewichtsreduzierung, Entgiftung, Anregung der Verdauung und Steigerung des Energielevels. Hydrotherapie hat eine sehr beruhigende Wirkung auf den Körper.«
    »Aha. Kriegt man da nicht einen Schlauch in den Hintern geschoben?«
    »Nun, ähm … äh«, stotterte Doug. »Geschoben ist ein ziemlich starker Ausdruck. Wir führen ein ganz weiches, biegsames Röhrchen …«
    »Hier muss ich Sie leider unterbrechen, mein Freund«, fiel Joe ihm ins Wort und hob eine Hand. »Ich will gleich zu Mittag essen, und ich möchte mein Schinken-Salami-Sandwich gern genießen können.«
    Dougs Gesicht wurde spitz vor Ablehnung. »Haben Sie jemals gesehen, was behandeltes Fleisch Ihrem Dickdarm antut?«
    »Nein«, antwortete Joe und kramte in der Tüte. »Ich schätze, um überhaupt je den Inhalt meines Dickdarms zu sehen zu kriegen, muss ich mir wohl den Kopf in den Hintern stecken. Und wissen Sie was, Doug? Genau das wird niemals geschehen.«
    Gabrielle spürte geradezu, wie ihr der Unterkiefer ein wenig nach unten sackte. Er war so grob … selbst für Joes Verhältnisse …, aber es zeigte Wirkung. Doug drehte sich um und rannte förmlich fort von ihrem Stand, um Joe zu entkommen. Und obwohl sie es sich höchst ungern eingestand, war sie doch dankbar und sogar ein bisschen neidisch.
    »Du liebe Zeit, ich dachte schon, er würde überhaupt nicht mehr gehen.«
    »Ich muss mich wohl bei dir bedanken«, bemerkte sie. »Er hörte einfach nicht auf, über meinen Dickdarm zu faseln, und ich konnte ihn nicht loswerden.«
    »Das liegt nur daran, dass er deinen nackten Hintern sehen will.« Joe nahm ihre Hand und legte ein in Wachspapier gewickeltes Sandwich hinein. »Was ich ihm nicht mal verübeln kann.«
    Er ging an ihr vorbei zum hinteren Teil des Stands, wo er sich in einen der Regiestühle setzte, die sie von zu Hause mitgebracht hatte. Sie war nicht ganz sicher, vermutete aber, dass er ihr gerade ein Kompliment gemacht hatte.
    »Hilft Mara dir heute?«, fragte er.
    »Sie wird wohl bald kommen.« Gabrielle musterte das Sandwich in ihrer Hand. »Was ist das?«
    »Pute auf Vollkorn.«
    Sie setzte sich neben ihn und schaute um sich. »Wahrscheinlich hast du es nicht gewusst«, sagte sie geringfügig lauter als im Flüsterton, »aber das Coeur Festival ist eine vegetarische Veranstaltung.«
    »Ich dachte, du wärst rückfällig geworden.«
    »Bin ich auch.« Sie schlug das Wachspapier auseinander und betrachtete den Berg von Putenfleisch und Sojasprossen zwischen den zwei weichen Brotscheiben. Ihr Magen knurrte, das Wasser lief ihr im Mund zusammen, und sie fühlte sich schuldig und auffällig wie ein Ketzer auf einer Wiedergeburtsfeier.
    Joe stieß mit dem Ellbogen gegen ihren Arm. »Mach schon. Ich verrat's auch niemandem«, sagte er, als wäre er der Satan, der sie zur Erbsünde verlockte.
    Gabrielle schloss die Augen und grub die Zähne in das Sandwich. Da Joe so ganz und gar nicht typisch für ihn nett war, ihr etwas zum Mittagessen mitzubringen, wäre es unhöflich gewesen, nicht zu essen. Am Morgen war sie ohne Frühstück aus dem Haus gegangen, und jetzt kam sie nahezu um vor Hunger.

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