Das muss Liebe sein
Ylang-Ylang hineinzugeben, aber ganz bestimmt Lavendel und Rosmarin.
Gabrielle setzte sich auf den Wannenrand und blickte auf ihre Uhr. Wenn Joe sich nicht beeilte, würde ihr keine Erklärung dafür einfallen, dass sie so lange gebraucht hatten, um ihre Tasche zu holen. Sie zog den Rock über ihre Schenkel, schob ihn dann aber wieder hinauf, um nachzusehen, ob sie tatsächlich ein Mal hatte. Sie beugte sich vor und entdeckte ein kreisrundes Mal etwa drei Zentimeter unterhalb ihrer Schenkelbeuge. Es war nicht unbedingt auffällig, und sie fragte sich, wie Joe davon hatte wissen können.
»Was machst du da?«
Sie blickte auf in Joes Gesicht und zerrte hastig ihren Rock herunter. Seine Brauen bildeten eine waagerechte Linie.
»Ich sehe mir mein Mal an. Wieso weißt du davon?«
Er lachte leise und ließ sich vor dem Waschbecken auf ein Knie nieder. »Ich weiß alles über dich«, antwortete er und fing an, den Unterschrank zu durchsuchen.
Schon hatte sie den Mund geöffnet, um ihm zu sagen, dass ihre Male ihrer Meinung nach nichts in einem Polizeibericht zu suchen hätten, als die Schlafzimmertür geöffnet wurde und sie Kevins Stimme erkannte.
»Was wolltest du?«, fragte er.
Gabrielle stockte der Atem, ihr Blick suchte Joe im Spiegel über dem Waschbecken. Langsam erhob er sich und legte einen Finger an die Lippen.
Die Frauenstimme, die Kevin antwortete, war nicht die seiner Freundin. »Ich möchte dir etwas zeigen«, sagte Nancy.
»Was denn?« Eine lange Pause entstand, bevor Kevin reagierte. »Sehr hübsch«, sagte er.
»China hat mir von diesem Zimmer erzählt. Von den Spiegeln.«
»Und da wolltest du es mit eigenen Augen sehen?«
»Ja.«
Joe griff nach Gabrielles Hand und zog sie mit sich zu den Fenstertüren.
»Bist du dir ganz sicher? China könnte davon erfahren.«
»Das ist mir gleich.« Ein Geräusch wie von zu Boden fallenden Kleidungsstücken war zu hören, und Kevin sagte: »Dann komm her und sag Mr. Happy guten Abend.«
Leise schlüpften Gabrielle und Joe hinaus auf die Terrasse und schlossen die Tür hinter sich. Eine kühle Brise hob das Haar in ihrem Nacken und den Saum ihres Rocks. Die letzten rosaorangefarbenen Strahlen der untergehenden Sonne verschossen ihr Licht über einen glitzernden Himmel, und die Lichter der Stadt unten im Tal leuchteten. Zu jedem anderen Zeitpunkt hätte Gabrielle wohl innegehalten, um den Anblick zu genießen, doch an diesem Abend nahm sie seine Schönheit kaum wahr. Das Blut rauschte ihr in den Ohren, und jetzt hatte sie noch mehr Informationen über Kevin, auf die sie lieber verzichtet hätte.
»Glaubst du, dass Kevin uns gehört hat?«, fragte sie im Flüsterton.
Joe trat an das Metallgeländer und warf einen Blick hinunter. »Nein. Er war anscheinend ziemlich beschäftigt.« Er richtete sich auf und ging zur linken Ecke der Terrasse. »Von hier aus können wir springen.«
»Springen?« Gabrielle trat neben Joe und blickte über das Geländer hinunter. Die hintere Hälfte von Kevins Haus und die gesamte Terrasse hingen an einem Bergabhang und wurden von massiven Säulen getragen. Weiter unten war der Boden gerippt von aufeinander folgenden breiten Terrassen, die zur Vermeidung von Erosion mit Zement befestigt waren. »In dieser Erklärung, die ich unterzeichnen musste, stand aber kein Wort davon, dass ich von Kevins Terrasse springen und mir den Hals brechen musste.«
»Du wirst dir den Hals schon nicht brechen. Von hier aus sind es ja nur drei oder vier Meter. Wir brauchen nur über das Geländer zu klettern, uns vom Boden der Terrasse hängen zu lassen und dann loszulassen. Dann fallen wir höchstens eineinhalb Meter tief.«
Ihre Schulter streifte seine, als sie sich ein wenig weiter vorbeugte. Wie er es sagte, klang es so einfach. »Es sei denn, man verfehlt die Terrasse, auf der man landen wollte, dann sind es noch einmal eineinhalb Meter mehr.« Sie drehte sich um und betrachtete sein ins Licht der Dämmerung getauchtes Profil. »Es muss doch einen anderen Weg geben.«
»Klar. Wir können auch wieder reingehen und Kevin stören. Ich könnte mir vorstellen, dass es gerade jetzt ziemlich interessant wird.« Er sah sie über die Schulter hinweg an.
»Vielleicht sollten wir noch eine kleine Weile warten und dann durchs Haus zurückgehen.«
»Und was willst du Kevin erzählen, wenn er sich wundert, warum du so lange gebraucht hast, um deine Tasche zu holen? Er wird denken, wir hätten es die ganze Zeit über im Bad getrieben.«
»Vielleicht
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