Das mysteriöse Pergament 03 - Heimkehr (German Edition)
Bauern der Gegend
verschafft hatte. Die Bücher führte er akribisch und er kannte sich
hervorragend in der Landwirtschaft aus.
Ihm konnte er das Gut während seiner Abwesenheit ruhigen
Gewissens anvertrauen.
Schon am nächsten Morgen brach Conrad mit zehn
Waffenknechten auf, um sich auf den Weg zum Sammelplatz bei Rostock zu machen,
wo sich außer ihm auch zahlreiche andere mecklenburgischen Ritter einfinden
würden, unter ihnen sicher auch Hannes von Uritz.
Der Abschied fiel kurz aus, denn weder Conrad noch Line
waren Freunde von langen Abschiedsszenen. Conrad drückte jedes seiner Kinder
herzlich an sich, gab Line einen Kuss, sprang auf sein Schlachtross und ritt an
der Spitze seiner Männer aus dem Tor, ohne sich noch einmal umzusehen.
Line sah den waffenstarrenden Männern nach, bis sie hinter
einer Biegung ihren Blicken entschwanden.
Dann atmete sie tief durch. Sie musste jetzt stark sein, sie
war die Frau eines Ritters. Niemand außer Antonia sah es, als sie sich
verstohlen eine Träne aus den Augenwinkeln rieb.
Jetzt, wo Conrad fort war, war sie nicht nur für die
Bewirtschaftung des Ritterguts verantwortlich, sondern musste auch
Entscheidungen treffen, die sonst der Burgherr traf und bei Streitigkeiten der
Dorfbewohner Recht sprechen.
Line war froh, einen verlässlichen Verwalter an ihrer Seite
zu haben, so dass sie sich um die Bestellung der Felder und die Einbringung der
Ernte keine Sorgen zu machen brauchte. Auch auf die alte Else konnte sie sich
verlassen.
Ihre glückliche, sorglose Zeit war zunächst vorüber. Aber
Line wollte positiv denken. Conrad war ein erfahrener Kämpfer. Außerdem war er
nicht allein. Manfred hatte ihr gelobt, seinen Herrn heil zu ihr
zurückzubringen. Er und seine Männer würden ihr Leben für ihn geben, wenn es
sein musste.
Außerdem teilte sie das Los vieler Ehefrauen, Mütter und
Töchter, die um ihre Ehemänner, Kinder und Väter bangten.
Epilog
Gilbhartmond Anno 1238
Die junge Frau kniete schon seit Stunden auf dem kalten Steinfußboden
der kleinen Dorfkirche, die Hände zum Gebet gefaltet und bat die Heilige Mutter
Maria, ihren Liebsten zu beschützen und ihn heil zu ihr zurückzubringen.
Es war Herbst geworden und der Winter stand vor der Tür. Die
Ernte war eingebracht und die Bauern waren zufrieden, denn es war ein gutes
Jahr. In diesem Winter würde niemand hungern müssen.
Line fröstelte und ihre Beine schmerzten. Unwillkürlich
erinnerte sie sich daran, wie sie damals als Kind, vor unendlich langer Zeit,
auch so auf den kalten Fliesen vor einem Altar gekniet hatte. Damals war es
Teil einer Strafe gewesen, heute bangte sie um ihren Ehemann und Vater ihrer
Kinder.
Seit vier Monden war er bereits fort. Es hieß, die
Mecklenburger seien tief ins Feindesland eingedrungen, um die aufständischen
Pommern zu bekämpfen. Schon lange war keine Nachricht mehr eingetroffen.
Es war nicht ihr Krieg. Aber Conrad war ein Ritter und der
Kampf war seine Bestimmung. Sie musste sich damit abfinden.
Hier, vor diesem Altar, hatte Conrad ihr den Ring angesteckt
und ewige Treue geschworen. Die Prinzessin auf dem Wappen hatte ihnen von der
Balustrade aus zugesehen. Line schaute sich um und betrachtete das geschnitzte
Wappen und plötzlich war ihr, als hätte der goldene Ring in der Hand der
Prinzessin gefunkelt.
Plötzlich durchzuckte sie ein schmerzhaftes Ziehen und sie
stöhnte kurz auf. Dann war es wieder vorbei. Versonnen strich Line sich über
ihren gewölbten Bauch. Jetzt würde es nicht mehr lange dauern. Wenn es ein
Junge wird, wollten sie ihn Robert nennen, nach dem Großvater von Conrad.
„Bring ihn mir zurück“, bat sie noch einmal zur Jungfrau
Maria, „bring mir meinen Ehemann zurück.“
Dann erhob sie sich umständlich.
Im selben Moment hörte sie vom nahen Gut her ein Horn. Mit
angehaltenem Atem lauschte sie, bis der lang gezogene Ton dreimal verklungen
war. Dann herrschte kurzzeitig wieder Stille, bis das Horn nochmals dreimal
geblasen wurde. Kein Zweifel, das war das lang ersehnte Hornzeichen. Die Männer
kehrten zurück.
Line wollte nach draußen laufen, aber ihre Beine versagten
ihr den Dienst. Sie stand wie angewachsen im Kirchschiff
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