Das Mysterium der Wölfe: Die Reise zu Kyrion (German Edition)
gehofft, dass du endlich von alleine merkst, wer wir sind."
Mein Vater setzt fort: "Du musstest viel durchmachen in den letzten Tagen, aber es wurde endlich Zeit, dass du alles erfährst. Wir würden dir so gerne noch alle deine Fragen beantworten, aber wir können nicht ewig bleiben. Uns allen ist nur eine bestimmte Zeit gegeben, um zu einem Lebenden Kontakt aufzunehmen...und diese Zeit ist bei uns beiden schon fast abgelaufen." Hat er das gerade wirklich gesagt?
Hektisch frage ich nach: "Wie meinst du das? Zu einem Lebenden? Ich verstehe nicht! Soll das etwa heißen, dass ihr nicht mehr lebt? Seid ihr schon gestorben? Wann? Wie? Warum? Ich begreife das alles nicht!" Das Bild wird langsam wieder verschwommener.
Meine Mutter sieht sehr angestrengt aus. "Wir haben nicht mehr viel Zeit, Jessica! Leider ist es uns nicht möglich alle deine Fragen zu beantworten, aber wir sind aus einem bestimmten Grund hier, nämlich um dich auf den rechten Weg zu bringen. Geh mit dem anderen Wolf! Lüfte das Geheimnis um dich und deine Vergangenheit! Du bist eine Wölfin, du warst schon immer eine, auch wenn du es nicht gewusst hast und was am allerwichtigsten ist: du wirst immer eine Wölfin sein...du bist etwas Besonderes...du bist..." Das Bild verschwimmt immer mehr.
Ich rufe ihnen noch nach: "Nein, geht noch nicht! Ich will euch nicht schon wieder verlieren! Bleibt doch da! Bitte...bleibt da..."
"Nicht!" Wo-wo...ich bin wieder in meinem Zimmer. Dieser Traum...ich habe tatsächlich meine Eltern gesehen. Sie waren so wundervoll. Hätte ich doch nur etwas länger Kontakt mit ihnen aufnehmen können. Mich würde tierisch interessieren, was meine Mutter mir zuletzt noch sagen wollte, und auch so hätte ich noch viele Fragen an sie gehabt. Wirklich ärgerlich, aber sie haben trotzdem etwas sehr Wichtiges für mich getan. Sie haben mir bei meiner Entscheidung geholfen. Jetzt steht es fest: ich nehme meine Identität als Wölfin an. Ich werde mit Jake gehen und das Geheimnis um meine Vergangenheit lüften. Er soll mir alles erzählen, was er weiß.
Wie spät ist es eigentlich? Fünf Uhr? Dann werde ich mich mal fertig machen. Mitnehmen werde ich sowieso nichts. Jake hat ja auch nie etwas bei sich. Ich werde einfach weggehen, ohne Gepäck...aber eines sollte ich auf jeden Fall noch machen: einen Abschiedsbrief. Was soll ich nur schreiben? Ich habe wirklich keine Ahnung, aber es muss schnell geschehen, denn ich will aus dem Haus sein bevor meine Familie aufwacht...meine Familie...so kann ich sie nun nicht mehr nennen. Ich habe keine Familie mehr. Ich bin auf mich selbst gestellt. Nur ich...aber wenn ich so darüber nachdenke bin ich ja gar nicht so allein. Jake ist doch bei mir. Er hat versprochen immer für mich da zu sein und mich zu beschützen. Ja, Jake ist nun meine Familie.
Tja, nun stehe ich also vor meinem Haus. Jetzt hier zu sein und zu wissen, dass man nie wieder zurückkommen wird, ist schon ein komisches Gefühl. Ich habe nicht vor wieder hierher zu kommen. Schon viel zu lange bin ich an diesem Ort festgesessen und nun gibt es nichts mehr, was mich noch hier hält. Also mache ich mich auf den Weg. Es ist nun bereits sechs Uhr und ich habe mich entschieden zu Fuß zu dem Platz von gestern zu gehen. Das wird zwar etwas Zeit in Anspruch nehmen, aber ich habe sowieso noch viel nachzudenken. Der Abschiedsbrief, den ich in aller Eile verfasst habe, ist nicht so ausführlich und herzzerreißend geworden, wie ich es gerne gewollt hätte, aber ich konnte meine Tränen dennoch nicht zurückhalten. Am liebsten hätte ich ihnen alles erklärt, von Anfang bis Ende. Ich hätte ihnen ein dickes Buch, das all meine Gedanken und Gefühle beinhaltet, hinterlassen wollen und ihnen alle nur denkbaren Gründe genannt, warum ich ihnen so dermaßen dankbar für alles bin und wie sehr ich die beiden vermissen werde. Leider hatte ich nicht die Zeit, so ein ausführliches Meisterwerk zu verfassen.
Ich habe Jake gleich nach dem Aufwachen angerufen und ihm gesagt, dass ich ihn noch einmal sehen möchte bevor er geht. Außerdem habe ich betont, dass ich ihn viele Dinge fragen muss. Mal sehen, ob er etwas von meiner Vergangenheit weiß. Ich kann es mir fast nicht vorstellen, aber er ist viel herumgekommen, mal sehen.
Tja, ich bin fast da. Gut, dass ich mir den Weg von gestern einigermaßen gemerkt habe. Ah, da hinten ist ja Licht. Scheint so, als hätte ich den richtigen Weg genommen. Ich trete aus dem Wald heraus und siehe da, ich bin wieder auf
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