Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Das Mysterium der Zeit

Titel: Das Mysterium der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Francesco Rita & Sorti Monaldi , Sorti
Vom Netzwerk:
wohin sonst?«
    »In die Stadt?«, wiederholten die ersten beiden, die der Sprache |357| mächtig waren, während der Krüppel stumm blieb und nur die Augen vor Verwunderung aufriss. »Dann wisst Ihr also nichts?«

    Sie erklärten uns, dass das leider verstorbene Mädchen uns geradewegs in den Tod geschickt hatte. Die Straße, die bei der Torre Vecchia begann, führte zwar in die Stadt, war aber im Moment völlig unbegehbar, wie das Mädchen sicher gewusst hatte. Nicht nur wegen der dichten Vegetation, denn selbst wenn wir die von umgestürzten Bäumen versperrte Wegstrecke überwunden hätten, an der unser Marsch in die Stadt gestern gescheitert war, wären wir früher oder später auf eine Reihe von Schluchten mit steilen Abgründen gestoßen, die wir zu dieser Jahreszeit niemals, es sei denn unter Lebensgefahr, hätten durchqueren können.
    »Nach dem ersten, ebenen Stück Weg«, erklärte der Erste, »setzt sich die Straße in einer Reihe von Serpentinen fort, die in den Fels und die bloße Erde gegraben sind, weshalb niemand auf die Idee käme, zu dieser Jahreszeit dort entlangzugehen. Wenn in diesen Kurven ein Felsen oder ein Stück Boden abrutscht, kann man erfasst und zerquetscht werden. Das ist schon mehrmals geschehen, wie alle in der Stadt wissen. Kommt man jedoch von oben, von der Torre Vecchia, gewinnt man nicht die geringste Vorstellung davon, wie unsicher der Pfad ist, auf den man seine Füße setzt. Signori, glaubt mir, Ihr seid einer großen Gefahr entronnen! Die Serpentinen auf dieser Insel werden die Todeskurven genannt oder auch einfach Die Kurven.«
    »Wann können wir dann in die Stadt gelangen?«
    »Oh, sicherlich nicht bevor der Boden getrocknet ist, in ein paar Tagen also. Vorausgesetzt, es regnet nicht wieder.«
    »Und wie bleibt Ihr in Kontakt mit der Stadt?«, fragte Guyetus.
    »Kontakt im Winter?«, entgegnete der Zweite, die Augenbrauen hebend, als habe er einen Fluch vernommen. »Gott bewahre uns davor. Wir haben alles, was wir brauchen, unsere Tiere, Früchte, Mehl …«
    »Tiere?«, fragte Mustafa, ein gieriges Flackern im Blick.
    »Natürlich, Hühner, Kaninchen …«, antworteten die beiden, während Kemal seinem Gefährten heimlich einen sehr schmerzhaften Stoß in die Rippen versetzte und ihm eine entsetzliche Morddrohung zuflüsterte, um ihm seine Plünderungsvorhaben auszureden.
    »… während in der Stadt fast immer Hunger herrscht, wegen der Preise der Waren, die uns der Großherzog mit Schiffen schickt«, |358| schlossen unsere Gäste, von denen immer nur die ersten beiden zu sprechen schienen.
    »Wann kommen die Schiffe denn vorbei?«, fragte ich.
    »In dieser Jahreszeit ist das schwer zu sagen, kein Kapitän riskiert gerne einen Überfall der Piraten«, sagte der Zweite, wobei er einen skeptischen Blick auf unsere beiden Korsaren und ihre türkische Bekleidung, einschließlich des ungewöhnlichen weißen Schals von Mustafa, warf. Er musste jedoch bemerkt haben, dass die beiden groben Gesellen sich bestens mit uns zu verstehen schienen, ja, dass Kemal sogar Italienisch wie jeder ehrbare Untertan sprach.
    »Was können wir dann tun, um von hier wegzukommen? Wir haben bei einem Überfall von Barbaresken Schiffbruch erlitten und müssen unsere Reise nach Frankreich fortsetzen«, fragte Schoppe ungeduldig. Wie wir alle vermied er die kleinste Anspielung auf unsere gescheiterte Rettung durch die Livorneser Schebecke.
    Schoppe berichtete kurz von dem Unglück, das uns auf diese Insel verschlagen hatte, verschwieg jedoch den Grund, warum sich zwei Individuen unter uns befanden, die Korsaren sehr ähnlich sahen.
    »Ihr Armen, welch unglückliches Geschick habt Ihr erlitten!«, bemerkten die beiden in bedauerndem Tonfall, während der Hinkende mit ernster Miene nickte. »Ihr habt keine andere Wahl, als abzuwarten, bis der Regen aufhört und euch dann in die Stadt zu begeben, bis ein Schiff vorbeikommt, das zum Festland fährt. Wir bedauern, dass wir Euch nicht sofort gastfreundlich aufnehmen können, unser Häuschen ist sehr weit entfernt.«
    »Das macht nichts, wir können zur Torre Vecchia zurückkehren, wo wir sogar zu essen gefunden haben«, sagte Naudé in enttäuschtem Ton.
    »Die Torre Vecchia? Ausgezeichnet!«, rief der Erste hocherfreut. »Brüder, wir begleiten Euch gerne!«
    »Wartet. Warum habt Ihr ›Brüder‹ gesagt? Seid Ihr etwa Mönche?«, fragte Naudé, dessen Augen in der Hoffnung glänzten, doch noch eine Spur von Philos Ptetès gefunden zu haben.
    »Oh nein,

Weitere Kostenlose Bücher