Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Das Mysterium der Zeit

Titel: Das Mysterium der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Francesco Rita & Sorti Monaldi , Sorti
Vom Netzwerk:
anderen gemessen. Nicht hat dich das weichliche Alter, von den Jahren gebeugt, dem Tod zwischen Hühnern anheimgegeben. Du hast an den Sieg geglaubt, aber das Schicksal und |388| die Natur waren stärker als alle Anmaßung und Anstrengung. Es gewagt zu haben, zählt etwas: Die kommenden Jahrhunderte werden nicht leugnen können, dass du dein Bestes tatest. Dennoch hast du nicht begriffen, dass das Schicksal dich in dieser aus Blinden und Blindenführern bestehenden Welt zu Ersteren gestellt hat. In diesem Körper der menschlichen Republik sind wir es, nicht du, denen befohlen wurde, die Aufgaben der Augen zu erfüllen und jeder nach Kräften die Interessen der Wahrheit und des Lichts zu verteidigen!«
    Naudé leerte sein Glas auf die angegriffene Gesundheit Schoppes, während Guyetus ihm eifrig frisches Wasser anbot, damit seine Kehle sich erhole.
    Erst jetzt konnte Schoppe seinen Husten beruhigen, mit dem er Naudés gesamte Tirade als Kontrapunkt begleitet hatte.
    »Wir, wir … Wer ihr? Ach, hör doch auf! Es gibt nichts Schlimmeres als einen großen Gedanken in einem kleinen Hirn. Du und diese Libertins und Päderasten, ihr seid hysterische, gemeingefährliche Irre, das seid ihr! Und wie üblich ist dein Salbadern nicht mal auf deinem Mist gewachsen, sondern du hast es bei Gior…«
    »
Zitiert
habe ich den Philosophen Giordano Bruno, nun, was ist schlecht daran?«, kam ihm Naudé zuvor.
    »Einen Philosophen nennst du ihn? Das war ein schmutziger Spion der englischen Protestanten, der Maria Stuart verriet und köpfen ließ! Ein Besessener, der schwarze Messen las, der …«
    Ein erneuter, heftiger Hustenanfall zwang ihn, sich mit einer Hand auf dem Tisch abzustützen, mit der anderen schützte er seinen vom Hustenreiz verzerrten Mund.
    Es war zu Ende. Aus dem Streit war Naudé als triumphierender Sieger hervorgegangen. Schoppe hatte den Fanatiker, Naudé den erhabenen Geist abgegeben – gewiss nicht aufgrund dessen was, sondern wie sie es gesagt hatten. Geblendet von der Oberfläche, machte sich keiner von uns die Mühe, darüber nachzudenken, ob in Schoppes Maßlosigkeit nicht auch gerechte Empörung steckte, und ob sich hinter Naudés Ungezwungenheit nicht böse Absichten verbargen.
    Mit einem seraphischen Lächeln wandte Mazarins Bibliothekar sich zu unseren drei Tischgenossen, und der alte deutsche Gelehrte tat es ihm mit verzerrtem Gesicht widerwillig nach. Doch schon bald tauschten ihre Mienen die Plätze: Die drei Eingeborenen waren eingeschlafen, wer weiß wie lange schon.

|389| DISKURS LIII
    Darin ein neuer Fund endgültig beweist, dass Philos Ptetès sich zwischen den drei Gästen versteckt, oder dass der nicht zu ergreifende Mönch aus Slawonien heimlich mit ihnen zusammenkam.
    Die zwei Landmänner waren Schulter an Schulter eingeschlafen, der Kopf ihres stummen Kompagnons ruhte auf seinen Armen, die er auf unserer rauen Tischplatte verschränkt hatte.
    »Sie haben alle drei ziemlich munter dem Wein zugesprochen«, bemerkte Malagigi, dem sogar ein Lächeln entwischte.
    »Verflucht«, zischte Naudé bestürzt. Das bewundernswerte Kunstwerk der Rhetorik, das er mühevoll errichtet hatte, um unter den dreien denjenigen zu beeindrucken, welcher der berühmte Philos Ptetès sein musste, hatte seinen Zweck kläglich verfehlt.
    Schoppe dagegen betrachtete das Schauspiel mit sichtlicher Erleichterung.

    »Sie schienen seit Jahrhunderten keinen Tropfen Rotwein angerührt zu haben«, bestätigte Barbello.
    Nun bemächtigte sich eine gewisse Verzagtheit der gelehrten Gesellschaft. Wenn so das Interesse der drei an Campanella aussah, wie konnte man dann hoffen, unter ihnen befände sich der hochgebildete Philos Ptetès?
    Nur Guyetus hatte einen Geistesblitz:
    »Die Tasche!«, rief er aus.
    Sofort eilten alle zu der groben Ledertasche, die in dem kleinen Vorzimmer zu unserem Speiseraum abgelegt war. Von Rachedurst getrieben, wühlten Naudé und Schoppe, die Gegner des soeben abgeschlossenen Rededuells, nervös in der Tasche. Als Naudé schließlich seine Hand herauszog, hielt er einige Papiere umklammert.
    »Sieg! Siiieeg!«, jubelte er, während Guyetus ihm von hinten grob die Hand auf den Mund legte, damit er die drei Schlafenden nicht weckte.
    Im Eifer des Gefechts kletterte Hardouin Schoppe fast auf die Schulter, um auf die Papiere zu spähen, und sogar Malagigi bahnte sich mit Ellenbogenstößen einen Weg durch das Quartett, um mit eigenen Augen zu sehen, welch ein Geheimnis aus dem Sack der drei Kumpane

Weitere Kostenlose Bücher