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Das Mysterium der Zeit

Titel: Das Mysterium der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Francesco Rita & Sorti Monaldi , Sorti
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dass der Papst Galileo verurteilt hat! Oder haben wir das alle nur geträumt?«
    »Ich weiß nicht, wovon ihr träumt, du und deine liederlichen Pariser Freunde«, antwortete Schoppe bissig mit einem besorgten Seitenblick auf die Bärtigen, die ein wenig abgelenkt schienen. »Das Problem ist, dass ihr gewisse Dinge einfach nicht hören wollt. Urban VIII. ist zum Beispiel nie ein Feind der Ketzer gewesen.«
    »Bum!«, machte Guyetus, einen Kanonenschuss nachahmend. Der Einfall amüsierte die drei Insulaner und machte sie wieder munter.
    »Mach den Mund zu und lass dir die Kanonenkugel in der Kehle explodieren«, wetterte Schoppe. Die Bärtigen lachten.
    »Lass ihn reden, Guyetus, mein Freund. Ich bin wirklich neugierig, wie es weitergeht«, spottete Naudé. »Der Verehrungswürdige hat meine einfache Frage noch nicht beantwortet: Wurde Galileo von der Kirche verurteilt, ja oder nein?«
    »Lieber Gabriel, einfache Erklärungen sind weit verbreitet, eben weil sie so einfach sind, aber oft vereinfachen sie zu sehr, um auch wahr zu sein.«
    Diese Bemerkung, von Schoppe in ungewohnt sachlichem Ton geäußert, brachte Naudé und Guyetus aus dem Konzept und überraschte auch den Rest der Zuhörerschaft. Die drei Inselbewohner nahmen ihre Wirkung wahr und blickten sich aufmerksam um.
    »Erklärt Euch genauer«, sagte einer von ihnen, »diese Eure Bemerkung ist außerordentlich und wahrlich nicht uninteressant.«
    Schoppe zupfte sich zufrieden den breiten Kragen seines Mantels zurecht, als hätte er den Sieg und einen hübschen Batzen Handschriften von Philos Ptetès schon in der Tasche. »Der Reihe nach«, fuhr er im gemessenen Ton seiner letzten Rede fort. »Erstens bekam Galileo, als er sein Fernrohr in den Himmel richtete, nicht mit der Kirche Probleme, wie ignorante und oberflächliche Menschen sagen, sondern mit den Wissenschaftlern, die seine Entdeckungen bezweifelten, und mit den aristotelischen Philosophen, die den Werkzeugen der Technik weniger vertrauen als denen des Denkens, vorausgesetzt natürlich es ist das des Aristoteles.«
    |425| Schoppe erklärte, dass Cesare Cremonini, der große Aristoteliker, der im Ruf des Atheismus stand und außerdem ein unverbesserlicher Päderast war (dieses Wort betonte Schoppe), sich geweigert hatte, durch das Fernrohr seines Kollegen an der Universität von Padua zu schauen. »Ich würde nur den Dreck auf der Linse sehen«, hatte er zu Galileo gesagt.
    Doch Galileo siegte und zwar dank der Kirche. Es waren die Astronomen der Vatikanischen Sternwarte, die seine Entdeckungen bestätigten, und dazu hatte sie der Jesuit Kardinal Roberto Bellarmino ermutigt, der Leiter des Heiligen Offiziums. Gekrönt wurde das Ganze durch einen feierlichen Empfang zu Ehren Galileos im Quirinalspalast, der päpstlichen Residenz. Er wurde Mitglied der Accademia della Crusca und der Accademia dei Lincei, der unter Aldobrandini-Papst Clemens VIII. gegründeten naturwissenschaftlichen Akademie.
    »Ihr seht also, dass die Kirche nichts gegen Kopernikus und auch nichts gegen Galileo hatte«, schloss Schoppe, höflich auch an denjenigen unter den drei Bärtigen gewandt, der ihm die Frage gestellt hatte.
    »Was sagst du dann zu diesem Dominikaner Niccolò Lorini, der die Kopernikanische Theorie 1612 der Ketzerei anklagte?«, wandte Guyetus ein.
    »Das Heiligen Offizium verfolgte die Anzeige nicht«, beschied ihm Schoppe knapp.
    »Eben. Das zeigt, dass die Kirche ein doppeltes Spiel spielte. In der Sache Galileo darf der niedrige Klerus wettern und die hohen Ränge wiegeln ab. So haben sie freie Hand auf beiden Seiten«, bemerkte Guyetus, und seine Miene zeigte, wie sehr ihn die Manöver der Nachfolger Petri anwiderten.
    »Sehr gut, unser Guyetus!«, rief Schoppe überraschend aus. »Du hast den Kern der Sache getroffen: Wessen Spiel wird hier gespielt? Oder auch: Welches Spiel spielte Galileo? Die Kirche zögerte, das stimmt. Aber weil sie nicht wusste, wie sie auf Galileos widersprüchliches Verhalten reagieren sollte.«
    »Ach, hör doch auf, Caspar! Wenn ich dir Recht geben müsste, müsste ich auch sagen, dass Esel fliegen!«, stieß Guyetus hervor, indem er seine Worte mit einer obszönen Geste begleitete.
    »Ich weiß genau, wovon ich rede. Du hast es gerade erwähnt, Gabriel, ich habe mich in jeder denkbaren Form für Galileo eingesetzt, ihn bis aufs Blut verteidigt, immer gut über ihn bei Papst Urban gesprochen |426| und überall mit felsenfester Überzeugung vertreten, dass es zwischen seinen

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