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Das Mysterium der Zeit

Titel: Das Mysterium der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Francesco Rita & Sorti Monaldi , Sorti
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zurückgenommen, ja sogar seinen Theorien ausdrücklich |428| abgeschworen habe. Damals wandte Galileo sich an Kardinal Bellarmin, das Haupt des Heiligen Offiziums, und bat ihn um einen Brief, in dem die Vorgänge wahrheitsgemäß dargestellt werden. Bellarmin schrieb den Brief, den Galileo wünschte, und erklärte genau, dass das Heilige Offizium Galileo keinerlei Strafen auferlegt und ihn erst recht nicht zum Widerruf gezwungen hatte. Galileo wurde eben nichts abgeschlagen.
    »Tatsächlich habe auch ich im Haus des Kardinals Barberini, meinem Herren, gehört, dass Bellarmin Galileo geholfen hatte«, meldete sich Malagigi von hinten zu Wort, während du und Barbara Strozzi schweigend zuhörtet.
    1623 erscheint
Il Saggiatore
, dem neuen Papst Urban VIII. gewidmet, der sich das Buch beim Essen vorlesen lässt. Doch Galileo nutzt seine Freundschaft mit dem Papst aus und veröffentlicht 1632 den
Dialog über die zwei hauptsächlichsten Weltsysteme
, wo er sich unbegreiflicherweise über den Papst und über das
Imprimatur
lustig macht, das das Heilige Offizium dem Buch erteilt hatte. Überdies ist der
Dialog
auf Italienisch geschrieben, um ihm die größtmögliche Verbreitung zu sichern.
    »Das stimmt, sonst hätte Galileo Lateinisch geschrieben, wie es bei Wissenschaftlern üblich war«, bemerkte Hardouin.
    »Das beweist, was ich von Anfang an gesagt habe: Galileo wollte den Bruch mit der Kirche, er wollte einen Skandal«, sagte Schoppe, jede Silbe sorgfältig betonend.
    »Was redest du denn von einem
Imprimatur
, mein armer Caspar? Das Heilige Offizium hat den
Dialog
auf den Index gesetzt«, rief Guyetus gereizt aus.
    »Hier irrst du!«, versetzte Schoppe. »Anfangs verlangte die kirchliche Zensurbehörde nur, Galileo solle dem
Dialog
eine abschließende Rede zugunsten der ptolemäischen Idee hinzufügen, nach der die wirkliche Bewegung der Himmelskörper nicht erkennbar sei. Galileo tat das, aber er legte diese Rede dem Simplico in den Mund, dem einfältigen Gesprächspartner, der überdies die Lieblingsthesen des Papstes wiederholte, nämlich dass die Wissenschaft lediglich den äußeren Anschein der Dinge erforschen kann, während ihr Wesen nur Gott allein bekannt ist! Was hatte Galileo nach so einem Schlag unter die Gürtellinie schon zu erwarten? Natürlich hat das Heilige Offizium das Buch dann auf den Index gesetzt!«
    |429| Galileo hatte den Papst, seinen einstigen Freund und Unterstützer, in voller Absicht beleidigt. So erkläre sich, sagte Schoppe, warum Urban VIII., der Kepler Zuflucht geboten hatte, nachdem er von den deutschen Protestanten als Anhänger des Kopernikus vertrieben wurde, Galileo nicht vergeben konnte und der Inquisition freie Hand lassen musste. Andernfalls hätte er sich selbst der Lächerlichkeit preisgegeben.
    »Gefängnis und Folter. Ali Ferrarese hat von beidem gekostet«, tönte Kemal finster, der bei dem Wort Inquisition zusammengezuckt war und, obwohl er unter Schoppes Gewicht keuchte, genug Atemluft für diese Bemerkung fand.
    »Gefängnis und Folter? Weit gefehlt!«, lachte Schoppe. »Galileo wurde wie ein König behandelt. Man quartierte ihn in eine Wohnung mit fünf Zimmern und Blick auf die vatikanischen Gärten ein, er hatte einen Diener und Speisen aus der toskanischen Botschaft.«
    »Jetzt willst du uns nicht auch noch erzählen, dass auch der Widerruf eine Erfindung ist!«, fuhr Guyetus auf.
    »Nein, gewiss nicht. Am 22. Juni vor 13 Jahren kommt der Urteilsspruch des Heiligen Offiziums. Galileo muss vor den zehn Kardinälen des Offiziums, von denen übrigens drei zu seinen Gunsten gestimmt hatten, darunter auch der Neffe des Papstes, Francesco Barberini, seinen Widerruf verlesen. Die Strafe: Arrest im Haus des Erzbischofs von Siena, der sofort in Hausarrest in seiner Villa in Arcetri verwandelt und kurz darauf ganz aufgehoben wird. Außerdem musste er drei Jahre lang einmal wöchentlich die sieben Bußpsalmen beten. Schöne Strafe! Das ist die furchtbare Rache der römischen Kirche! Galileo, der inzwischen alt und über dem nächtlichen Sternegucken erblindet war, verließ seine Villa nicht mehr.«
    »An seinen Ideen gescheitert, der arme Mann«, sagte Naudé kopfschüttelnd.
    »Nicht gescheitert, sondern siegreich«, korrigierte Schoppe. »Galileo hatte gewonnen! Er lächelte, als er den Widerruf las, während Papst Urban VIII. ihn mit finsterer Miene betrachtete.«
    »Hör mir mal gut zu, Caspar«, sprach ihn Guyetus mit heiserer Stimme an, in der sich Wut in erschöpfte

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