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Das Mysterium der Zeit

Titel: Das Mysterium der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Francesco Rita & Sorti Monaldi , Sorti
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Gifanius plagiiert! Die Handschrift, die ich in seiner Bibliothek gelesen habe, hatte er dem Kardinal Bessarione gestohlen, also hätte er besser daran getan, mich nicht mit Lügen und Übertreibungen anzugreifen! Das ist die reine Wahrheit!«
    Die drei Bärtigen schauten dem Barbaresken bei seiner ärztlichen Untersuchung zu, rieten zum Betasten dieses oder jenes Knöchelchens oder zum Gebrauch bestimmter Heilkräuter und verfolgten unterdessen interessiert den Wortwechsel.
    Es wurde beschlossen, allen eine Rast zu gönnen, vor allem dem Kranken, der offenbar keinen Knochenbruch erlitten hatte. Wir verstreuten uns im Gelände, Schoppe setzte sich erschöpft auf einen Baumstumpf.
    Nach der Konversion zum Katholizismus, erklärte Naudé den drei Bärtigen mit gedämpfter Stimme, sei Schoppe wie besessen gewesen und habe jede Gelegenheit genutzt, um den Feinden der römischen Kirche den Krieg zu erklären.
    »Caspar hat immer nur einen Wunsch gehabt: im Vordergrund zu stehen. Und das ist ihm gelungen! Er hat persönlich mit Päpsten, Kaisern und Kardinälen verhandelt und sie mit Ratschlägen, Warnungen und Berichten überhäuft, vor allem dann, wenn keiner ihn darum gebeten hatte. In seinen Büchern hat er viele Leute verleumdet und beleidigt. Wenn seine Opfer nach Padua kommen, fragen sie nach seiner Adresse.«
    »Mit dieser billigen Technik hat er sogar Glück gehabt!«, ergänzte Guyetus ebenfalls mit leiser Stimme.
    »Papst Paul V., Gott hab ihn selig, gab Schoppe den Auftrag, die politische und religiöse Situation in Deutschland zu beobachten und, aber das ist nicht offiziell, in seinem Namen Drohungen auszusprechen. Er hat Paolo Sarpi, dem jungen venezianischen Priester, dessen Ideen Rom nicht gerne hörte, gedroht, wenn er so weitermache, werde ein Unglück geschehen. Einen Monat später wurde Sarpi nachts ins Gesicht und in den Hals gestochen und er wäre fast gestorben.«
    »Klatschweib, Päderast! Ich habe alles gehört!« Schoppe stürzte sich wie ein wütender Geier auf die Gruppe. »Die Klatschgeschichten über mich und Paolo Sarpi hängen mir zum Hals raus, aber du musst wissen, dass ich, nachdem ich mit ihm gesprochen hatte, von den venezianischen Behörden ohne ersichtlichen Grund verhaftet wurde. Wer war hier der Verfolgte, er oder ich?«

    |445| »Bist du müde?«, hörte ich dich den falschen Barbello fragen.
    Ich musterte Barbara Strozzi. Wie irreal war dieses Dreieck zwischen mir, dir und dieser Frau! Deinen Körper hatte sie ausgiebig, den des Korsaren rasch und meinen ohne Zustimmung genossen. War sie eine leidenschaftliche Frau? Nein, sagte ich mir, eher das Gegenteil. Sie verfügte über ihren Körper wie über Messer und Gabel und war sicherlich zu unaussprechlichen Taten fähig. Sie konnte ihre Streifzüge sanfter als eine Mutter und heimlicher als eine Nonne fortsetzen. Die Laster der Huren sind Tugenden, wie Pietro Aretino sagte. Doch in welchem Dienst Barbara Strozzis Tugend stand, war mir noch nicht klar.
    Ungelöste Fragen häuften sich in meinem Geist. Wer wurde bei Hof erwartet: Barbello oder die Strozzi? Oder beide? Letzteres war ohne die Gefahr der Entdeckung kaum zu bewerkstelligen. Wenn Mazarin Barbello erwartete, wer hatte ihm den Namen eines völlig unbekannten, weil nicht existenten Kastraten genannt? Wenn die Strozzi in Paris erwartet wurde, hätte sie sich früher oder später von Barbello befreien und plötzlich mit ihrer wahren Identität auftreten müssen. Die Insel war der am wenigsten geeignete Ort für einen solchen Szenenwechsel, es sei denn, die Strozzi wollte uns weismachen, sie sei aus dem Schaum des Meeres geboren wie die Venus …
    Es gab eine dritte, kompliziertere Möglichkeit, nämlich, dass Seine Eminenz Barbello erwartete, aber genau wusste, dass sich hinter seiner Verkleidung die venezianische Sängerin verbarg. In dem Fall konnte die Musik in der Beziehung zwischen der Strozzi und Mazarin nur eine unbedeutende Rolle spielen. Man reist nicht unter falschem Namen, wenn keine Diskretion geboten ist, doch ich fragte mich, welches Geheimnis hinter einem Engagement am französischen Hof stecken konnte. Ich musste Nachforschungen über diese Frau anstellen. Doch wo beginnen?

    »Ach was, verfolgt!«, gab Naudé derweil an Schoppe zurück. »Du hast es nicht anders verdient mit deinen Hasstiraden gegen Lutheraner und Calvinisten und deinem Eifer, jede Ketzerei mit einem Religionskrieg im Keim zu ersticken. Dann ist der ersehnte Krieg wirklich gekommen, ein Jahr,

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