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Das Mysterium der Zeit

Titel: Das Mysterium der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Francesco Rita & Sorti Monaldi , Sorti
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hätte.«
    |448| Zufrieden mit dem Ergebnis, wandte Kemal sich zu den anderen um. Alle sahen uns bestürzt an.
    Ich lief ihm hinterher, und als ich nah genug war, trat ich ihm kräftig zwischen die Hinterbacken.
    Der Barbareske musste meinen Zug geahnt haben, denn kaum hatte er den Tritt kassiert, drehte er sich ruckartig um, packte mich an einem Ohr und warf mich zu Boden, wo er mich mit einem Hagel Faustschläge in Magen und Gesicht traktierte.
    »Aufhören!«
    Der heisere Schrei kam von Schoppe, doch auch die anderen liefen sofort herbei, um sich der Wut des Korsaren entgegenzustemmen. Die folgenden Momente waren so verworren, dass du, lieber Atto, sie gewiss besser in Erinnerung hast als ich. Nur dank des Einsatzes der gesamten Truppe konnten wir getrennt werden. Naudé und Hardouin stürzten sich, wenn ich mich recht erinnere, blindlings ins Getümmel, um mich vor meinem Peiniger zu retten.
    Als man mich endlich fortschleifte, schmerzten meine Lippen, Schläfen und der Hinterkopf stark, und ich malte mir die geschwollene Masse aus, in die Kemals Wut mein Gesicht verwandelt hatte.
    Du und Barbara hieltet meinen Kopf und legtet regenfeuchte Blätter auf die verwundeten Stellen, um die Schwellung zu lindern. Mühsam wanderten meine Augen an dem halb von der Perücke verdeckten Gesicht und dann am Körper deiner Geliebten entlang: der Hals, die Schultern, die verschnürten Brüste. Dann folgte mein Blick wie verzaubert einem anderen Weg, am Trageriemen des Leinensacks entlang, welcher der Frau über der Schulter baumelte und von ihren Kleidern halb verborgen war. Der Sack, von dem Barbello sich nie trennte! Was mochte er enthalten?
    Die venezianische Sängerin unterbrach meine Gedanken, als sie sich erhob. Ich blieb mit dir allein. Ringsumher hörte ich das Stimmengewirr der anderen, einen Wortwechsel zwischen Kemal und Hardouin, dann übertönten sich die Stimmen der Strozzi und Malagigis, dann hörte ich wieder Kemal, der von Guyetus angegriffen wurde. Ich richtete mich auf und erblickte die in heftige Streitereien vertiefte Schar. Schimpfworte flogen hin und her, Stöße und Drohungen, und vielleicht hätte sich das Handgemenge noch lange hingezogen, wenn du nicht plötzlich aufgestanden und auf eine Stelle im Wald zugelaufen wärst.
    |449| Du liefst deinem falschen Barbello entgegen, der außer Atem zu uns zurückgekehrt war, schon von weitem mit den Armen winkte und versuchte, unsere Aufmerksamkeit zu erregen.
    »Was zum Teufel ist da los?«, fluchte Naudé, der noch mit dem Statthalter beschäftigt war und sich jetzt umdrehte.
    »Monsire Naudé, Signor Secretarius, Freunde …«, sagte die Sängerin atemlos, »die drei Bauern …«
    »Ja, und?«, bedrängtest du sie.
    »Verschwunden. Sie haben uns verlassen.«

DISKURS LXV
    Darin jemand von Mutlosigkeit überwältigt wird, man jedoch trotzdem den Marsch fortsetzt.
    Auch du und ich nahmen an der Suche nach den dreien teil: In kleinen Gruppen durchkämmten wir die Umgebung. Alles vergebens, von den Bärtigen gab es keine Spur. Wir begannen zu rufen, erst bittend, dann im Befehlston, doch auch das war zwecklos. Kemal stieß einige entsetzliche Drohungen aus, die im Nichts verhallten. Dreimal schritt Malagigi verbissen den gesamten Umkreis unseres Aufenthaltsortes ab, ohne Ergebnis. Schließlich fanden wir uns alle am Ausgangspunkt wieder. Nur du fehltest, da du die Suche im dichten Unterholz fortsetzen wolltest, unseren Blicken entzogen.
    »Sie waren hier, einen Schritt von uns entfernt!«, rief Hardouin immer wieder verzweifelt, »und jetzt haben sie sich in Luft aufgelöst. Aber wir müssen sie finden! Die haben den Petronius, verflucht!«
    Das Verschwinden der drei hatte sich in wenigen Minuten abgespielt. Dieses Mal konnte man Kemal, den Barbaresken, nicht verdächtigen oder beschuldigen. Doch das alles war geschehen, während noch die Erinnerung an Mustafas Tod auf uns lastete.
    »Ich hab’s ja gewusst, die drei haben uns hereingelegt. Sie haben so getan, als wollten sie uns zur Piana dei Morti bringen, um uns irgendwann abzuhängen«, knurrte Schoppe zornig.
    »Hör doch auf, Caspar, was faselst du da für einen Unfug?«, sagte Naudé. »Das ergibt doch keinen Sinn! Sie hätten sich ja weigern können, |450| von uns begleitet zu werden, und versprechen können, uns morgen an der Torre Vecchia zu treffen, um sich dann nie wieder blicken zu lassen.«
    »Ich fasele Unfug? Du bist derjenige, der nichts kapiert!«, rief Schoppe, packte den Bibliothekar an den

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