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Das Mysterium der Zeit

Titel: Das Mysterium der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Francesco Rita & Sorti Monaldi , Sorti
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Augenblick allgemeiner Verblüffung über deine elegante, in einem Atemzug ohne jede Pause gehaltene Rede ergriff Naudé das Wort:
    »Das war uns eine Lehre, junger Atto«, gab er lächelnd zu.
    Während der Rest des Auditoriums leise kicherte, sprach der Bibliothekar weiter:
    »Wirklich eine schöne Geschichte, nur schade, dass Poggio ursprünglich gar nicht Bracciolini hieß. Sein richtiger Nachname war Poggio und sein Name Giovanni Francesco, wie unser scharfsinniger Atto sagt. Außerdem gibt es keine Nachfahren von Poggio Bracciolini. Sein Sohn Jacopo, ebenfalls Literat, Übersetzer und Humanist, nahm an der berühmten Verschwörung der Pazzi in Florenz teil, bei der Giuliano de’ Medici ermordet wurde, der Bruder von Lorenzo il Magnifico, und wurde darum von diesem in jungen Jahren hingerichtet, ohne dass er Kinder hinterlassen konnte.«
    »Beide starben mit 79?«, sagte Schoppe bestürzt. »Der gute Francesco Bracciolini ist tot?«
    »Seht Ihr? Also kanntet Ihr ihn auch!«, rief Malagigi. »Ich hatte recht: Wenn wir so weitermachen, entdecken wir sicherlich, dass jeder von uns auf irgendeine Weise in dieser Geschichte steckt. Auf jeden Fall tut es mir leid, dass Ihr die traurige Kunde seines Todes in so abrupter Weise erfahren müsst, ich wusste ja nicht, dass Ihr ihn kanntet. Francesco Bracciolini verließ Rom gleich nach dem Tod des Barberini-Papstes, vor etwa zwei Jahren. Er kehrte alt und krank nach Pistoia zurück. Vor etwa einem Jahr ist er gestorben.«
    »Bracciolini war ein großer Poet, ja, seine Gedichte konnten sogar sehr komisch sein«, erklärte Schoppe und bekreuzigte sich. »Wir schrieben uns vor einigen Jahren, ich hatte ihn gebeten, mir ein Buch von sich zu schicken, und Bracciolini war sehr freundlich. Aber von Bouchards Tod weiß ich natürlich gar nichts!«, schloss er eilig.
    »Wenn weder Pasqualini noch der junge Atto und auch du nicht, lieber Caspar, wenn ihr alle nichts mit Bouchards Tod zu habt, dann sehe ich nicht, wieso ausgerechnet ich mehr darüber wissen müsste. Guyetus dagegen …«
    »Guyetus ist nicht hier, um sich zu rechtfertigen«, mahnte Hardouin.
    »Ja, aber sein Verschwinden scheint mir ein ziemlich deutlicher Hinweis zu sein.«
    |530| »Auf jeden Fall ist jetzt klar, dass die Erbschaft von Poggio Bracciolini, die in den Händen des slawonischen Mönchs gelandet ist, mit diesen Aufzeichnungen von Bouchard in engem Zusammenhang steht. Wie und warum, müssen wir allerdings noch herausfinden«, sagte Hardouin.
    »Philos Ptetès hat beides, das ist offenkundig«, schloss Schoppe.
    Naudé schwieg. Er bebte bei dem Gedanken, dass er der Einzige war, der Philos Ptetès kennengelernt hatte, und konnte den Zeitpunkt des vereinbarten Treffens kaum erwarten.
    Aber es gab noch mehr, über das ich jetzt nachdenken musste. Naudé wusste genau, dass es außer Malagigi noch jemanden gab, der den unglücklichen Bouchard gekannt hatte: mich. Ich hatte es ihm erzählt, als wir nach dem Brand der Galeere im Rettungsboot saßen. Warum zeigte Mazarins Bibliothekar vor den anderen nicht auch auf mich? Er würde es wohl kaum vergessen haben, da er sich doch noch so gut an Malagigis Bekanntschaft mit Bouchard erinnerte, von der er vor Jahren erfahren hatte, zur Zeit seines römischen Aufenthalts im Dienst des Kardinal Di Bagni.
    »Diese Aufzeichnungen scheinen aus Bouchards philologischen Forschungen zu stammen, von denen sich nach seinem Tod keine Spur mehr fand«, überlegte Hardouin. »Den Satz ›Mein Tod soll auf sie zurückfallen‹ muss er nach dem Überfall hinzugesetzt haben, das sieht man an der zögerlichen, zittrigen Handschrift. Ich frage mich, auf wen er sich bezieht.«
    »Ganz andere Aufzeichnungen kamen nach seinem Tod ans Licht …«, warf Schoppe ein. Er bezog sich auf das Tagebuch voller Unflat, das der Commendatore Cassiano dal Pozzo im Nachlass Bouchards gefunden hatte.
    Die Bemerkung des alten Deutschen wurde mit Schweigen quittiert. Allen tönte noch der Satz in den Ohren, den Hardouin eben wiederholt hatte: »Mein Tod soll auf sie zurückfallen.« Ein furchtbarer Satz, mit den wenigen Kräften, die Bouchard nach dem Attentat geblieben waren, unter jene vor dem Unglück verfassten Notizen gesetzt.
    »Ich kann sagen«, hub Naudé an, »dass diese Worte Bouchards aus einem vom Leiden zerrütteten Geist stammen, aber gerechtfertigt sind. Bouchard hatte Charlier angezeigt, einen Diener des französischen Botschafters in Rom, er klagte ihn an, im Auftrag seines Herrn gehandelt

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