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Das Mysterium der Zeit

Titel: Das Mysterium der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Francesco Rita & Sorti Monaldi , Sorti
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ich und die ohne Guyetus nur mehr drei Gelehrten.

|533| DISKURS LXXX
    Darin erzählt wird, wie der arme Guyetus die Entdeckungen Bouchards, nämlich das Rätsel um das Alter der Welt, erklärte.
    Nachdem sich die spontanen Initiativen eines Teils der Gesellschaft erschöpft hatten, konnte ich endlich meinen Bericht über mein dramatisches nächtliches Gespräch mit dem armen Guyetus vervollständigen.
    »Vor allem wollte er klarstellen, dass es absolut nichts gab, wofür er sich rechtfertigen oder das er erklären müsse, doch er fühle sich wie beschmutzt durch die irrigen Schlüsse, die man aus diesen Aufzeichnungen Bouchards hätte ziehen können, und fürchtete, dass weitere Funde ihn mit dem unauslöschlichen Makel des Verdachts und der Entehrung versehen könnten.«
    Was Guyetus mir erzählte, war das Ergebnis vertraulicher Mitteilungen, die der arme Bouchard ihm brieflich von Rom aus nach Paris gesandt hatte, als er in Rom und Guyetus in Paris war. Er müsse mir erklären, so Guyetus, wer der im letzten Fundstück erwähnte Synkellos war, über den Bouchard so eifrig gearbeitet hatte, bevor er starb. Die Barberini wollten die Werke der beiden sehr alten byzantinischen Chronisten Synkellos und seines Nachfolgers Theophanes herausgeben. Deren Schriften, die von den Ursprüngen der Weltgeschichte erzählen, wurden in der Vatikanischen Bibliothek aufbewahrt. Die Barberini hatten Bouchard mit dem Projekt betraut, er sollte sich um die Übersetzung, einen Kommentar und alle Einzelheiten der Druckausgabe kümmern.
    Doch bevor man Texte so alter Autoren übersetzen und mit Sachverstand kommentieren kann, müssen, wie Bouchard genau wusste, unzählige Fragen geklärt werden: Aus welcher Zeit stammt die Handschrift? War der Verfasser Zeuge der von ihm berichteten Ereignisse oder hat er lediglich andere, noch ältere Texte kopiert? Ist sein Text echt oder wurde er von leichtsinnigen Kompilatoren verändert?
    Kaum macht Bouchard sich ans Werk, bekommt er Kopfschmerzen, denn er muss erkennen, dass es keine wirklich sicheren Informationen über Georgios Synkellos gibt. Von seiner Existenz weiß man nur dank der flüchtigen Erwähnung in einer anderen historischen Abhandlung, geschrieben von dem byzantinischen Mönch Cedrenus, der |534| vermutlich einige Jahrhunderte nach Synkellos lebte. Man sagt, doch dafür gibt es keine Beweise, dass Synkellos ein Mönch war, der zur Zeit Karls des Großen in Palästina lebte und später Secretarius des Bischofs von Konstantinopel wurde. Es gibt sogar mehrere Giorgios Synkellos, da sein Name,
synkellos
, auf Altgriechisch einfach nur »Secretarius« bedeutete.
    Synkellos soll eine
Ecloga chronographica
verfasst haben, einen Auszug aus der Weltgeschichte. Etwa hundert Jahre vor Bouchard waren plötzlich an verschiedenen Orten Handschriften dieses Werks wie Pilze aus dem Boden geschossen, darunter auch die der Barberini. Alle begannen mit der Einnahme Jerusalems durch Pompeius und endeten mit dem Tod des römischen Kaisers Diokletian.
    Großes Aufsehen erregte darum die Entdeckung einer sehr viel umfangreicheren Abschrift des Werks von Synkellos 1601 in Paris durch den berühmten protestantischen Gelehrten Isaac Casaubon. Sie begann nämlich sogar mit der Schöpfung der Welt. Scaliger veröffentlichte Teile dieser Handschrift in seiner Universalen Chronologie.
    Bouchard, so erzählte mir Guyetus, bat Freunde in Paris, ihm die Werke Scaligers zu schicken, aber sie zögerten. Erst später konnte Bouchard sich Scaligers Werk selbst besorgen.
    Er bat auch vergeblich um die von Casaubon entdeckte Handschrift von Synkellos. Erst als Bouchard sich 1634 im Namen der Barberini direkt an den allmächtigen Peiresc wandte, erhielt er ein Jahr später endlich eine Kopie. Eine unerklärlich lange Wartezeit. Vielleicht war es schwierig gewesen, einen Kopisten zu finden. Casaubon hatte seinerzeit einen Griechen beschäftigt, Andrea Darmarios, einen Kopisten und Händler mit antiken Handschriften. Ein eigenartiger Mensch, der eine ganze Mannschaft von Schreibern unterhielt, wie mir Guyetus erklärte.
    Das war also der Darmarios, der in Bouchards Aufzeichnungen nach den Worten
impia cohors
, »frevelhafte Bande«, erwähnt wurde.

    Bouchard entdeckt, dass Synkellos seine Informationen den Berichten anderer Historiker entnommen hat, die lange vor ihm lebten. Den ersten Teil seines Werks über die Ursprünge der Welt hat er von den Historikern Berossos und Manetho übernommen.
    Berossos soll, wie Synkellos

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