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Das Mysterium der Zeit

Titel: Das Mysterium der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Francesco Rita & Sorti Monaldi , Sorti
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zu haben. Unter dem Vorwand wichtiger Aufträge für die |531| d’Estrées hatte Charlier sich nach Frankreich geflüchtet, wo Sondergesetze des Allerchristlichsten Königs die Auslieferung von Mitarbeitern französischer Botschafter verboten. Das Ermittlungsverfahren gegen Charlier war geschlossen und
sine die
verschoben worden, also im Grund versandet. Natürlich vermochte niemand von uns etwas für oder gegen ein solch tragisches Schicksal, also gilt diese Art Fluch nicht uns.«
    Der Name von Gabriel Naudé tauchte in Bouchards Notizen im Zusammenhang mit einer unklaren Diskussion über Glauben und Bigotterie auf. Was hatte sie mit der antiken Geschichte zu tun? Außerdem wurde der Historiker Synkellos genannt, mit dem der arme Bouchard sich beschäftigt hatte, bevor er dem Attentat zum Opfer fiel.
    Und es gab eine Anspielung auf Seine Exzellenz, offenbar Kardinal Barberini, den Arbeitgeber Bouchards.
    Hinter griechischen Buchstaben versteckt erschienen sodann die Namen der berühmten Gebrüder Du Puy, in deren Haus viele Pariser
Deniaisez
zusammenkamen, auch Naudés Tetrade. Dann folgte ein lateinisches Motto,
cave gallum
, also »Achtung vor dem Franzosen«, fast ein ironischer Kommentar dazu, dass keiner seiner Landsleute dem Sterbenden wohlgesonnen schien. Dann eine Reihe von Namen lateinischer Autoren, einschließlich unseres Petronius und des großen Poggio Bracciolini. Ein Hinweis auf Titel und Figuren der platonischen Dialoge ging unter in dem, was folgte, nämlich dem scheinbar sinnlosen Ausdruck »Chiffre der Namen«, der schon im ersten Fundstück aus den Papieren Bouchards erschienen war, und dem abschließenden, alles überwiegenden Fluch »Mein Tod soll auf sie zurückfallen«.
    »Natürlich habt Ihr alle nichts damit zu tun«, stellte Schoppe in sachlichem Ton fest, wobei er die Verlegenheit einiger unserer Gefährten vermutlich in vollen Zügen genoss. »Im Übrigen«, fügte er boshaft hinzu, »hat niemand gewagt, einen solchen Verdacht auszusprechen, und jede
excusatio non petitia
, jede unverlangte Rechtfertigung ist überflüssig, also schädlich, meint Ihr nicht, liebe Freunde? Es ist nämlich sattsam bekannt, dass d’Estrées der Totschläger war, der französische Botschafter in Rom, also ist die Sache keiner Erwähnung wert.«
    »Entschuldigt, aber man weiß doch, dass wir Gelehrten alle miteinander in Kontakt stehen, was ist daran so verwunderlich? Unsere kleine Welt heißt nicht umsonst die Gelehrtenrepublik, nicht wahr?« |532| Naudé trug ein krampfhaftes Lächeln zur Schau, das ihn schuldig erscheinen ließ, vielleicht aber auch nur sein Entsetzen darüber verbergen sollte, sich in den beunruhigenden Notizen eines vor wenigen Jahren ermordeten Kollegen erwähnt zu sehen.
    »Es will mir sogar als ein bizarrer Zufall erscheinen«, beharrte Naudé, »dass wir in der Tasche der drei Bärtigen Papiere gefunden haben, in denen unsere Namen vorkommen. Es sieht fast so aus, als hätten die drei uns verfolgt und ausspioniert, um sich uns zu einem bestimmten Zeitpunkt vorzustellen.«
    »Wenn Philos Ptetès sich wirklich unter den dreien verbirgt«, rief Schoppe fast begeistert aus, »dann ist gerade unser scheinbarer Zufallsfund ein gutes Zeichen dafür, dass Philos Ptetès vorhat, uns Poggios Erbe zu übergeben.«
    »Oder es nur einem von uns zu überlassen«, korrigierte ihn Naudé, dessen Stimme vor Gier bebte, weil er an sein kurz bevorstehendes Treffen mit Philos Ptetès in Fleisch und Blut dachte.
    Mit einem kaum wahrnehmbaren hochmütigen Lächeln musterte der Verehrungwürdige Pasqualini und Naudé: Er war der Einzige, der keine kompromittierende Verbindung zu Bouchard hatte.
    »Mach dir keine falschen Hoffnungen. Du hast den Brief des Mönchs ja nicht einmal bekommen«, beschied ihm Schoppe, der von den heimlichen Hoffnungen des Bibliothekars nichts ahnen konnte.
    »Ich halte es nicht länger aus, ich gehe«, rief Malagigi.
    »Wohin?«, fragten wir alle.
    »Ich gehe Guyetus suchen. Oder seine Leiche«, antwortete er düster und ging zur Tür.
    »Ich komme mit«, eilte dein falscher Barbello ihm zu Hilfe und warf dir einen Blick zu, damit du ihm folgtest.
    »Signorino Atto bleibt hier«, schaltete ich mich ein, ohne darauf zu achten, wie gerne du der verkleideten Frau gefolgt wärst.
    »Ich gehe mit den beiden, man weiß nie«, sagte Kemal mit einem verständnisinnigen Blick auf mich und ging ebenfalls hinaus, bevor jemand Einwände erheben konnte.
    Wir blieben zu fünft zurück: du,

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