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Das Mysterium der Zeit

Titel: Das Mysterium der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Francesco Rita & Sorti Monaldi , Sorti
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Rhodos.
    Name und Geburtsdatum unbekannt.
    Tätigkeit: Kopist von Handschriften und Fälscher. Seine Spezialität ist es, Miszellaneen von Texten zu kompilieren und sie als originale antike Werke auszugeben.
    1541 ist er Skribent auf der griechischen Insel Chios.
    1543 geht er nach Venedig, kopiert gegen Bezahlung griechische Handschriften.
    1545 ist er in Paris, wo er zusammen mit zwei anderen griechischen Fälschern, Vergecius und Paleokappa, den Katalog der griechischen Kodizes in der königlichen Bibliothek erstellt. Das verschafft den dreien die Gelegenheit, gefälschte Werke in den Katalog einzutragen, sodass es scheint, als befänden sie sich seit unvordenklichen Zeiten in der Bibliothek Seiner Majestät.
    Diassorinus siedelt nach Wien über und tritt in den Dienst des Kaisers. Er hat das Kommando über ein Regiment griechischer Kavalleristen, das in Italien und Frankreich operiert. Dann verschwindet er von der Bildfläche.
    Unbekanntes Datum: Er lässt sich in der venezianischen Kolonie Zypern nieder, wo er eine Schule gründet.
    1563 nimmt er an einer Verschwörung teil, um die Venezianer aus Zypern zu verjagen. Das Komplott wird entdeckt, er wird als Verräter hingerichtet.
    |655| Auch Diassorinos, darauf kann man schwören, wird den Studenten verschwiegen, damit sie nicht an den Lügen zweifeln, die sie in den Hörsälen der Universität lernen.

    Dritter Nachtrag
    für die
    HERREN LEICHTGLÄUBIGEN

    Theodosius aus Melitene : Historiker aus dem 10. Jahrhundert nach Christus, findet sich auch in Handbüchern.
    In Wirklichkeit hat es ihn nie gegeben.
    Sein
Epitome
ist nur die Kopie des Werks eines anderen Autors, nämlich Leon Grammaticos. Der Name Theodosius auf dem Frontispiz der Kodizes ist eine Fälschung. Warum hat das niemand bemerkt? Theodosius, über dessen Leben und andere Werke man nichts weiß, ist nur in der Phantasie seiner Erfinder geboren und gestorben. Über den Kodex
Epitome
liest man, der Verkäufer (also der Fälscher) des gefälschten Manuskripts sei der Priester Symeon Kabasilas gewesen, Diakon der großen Orthodoxen Kirche von Konstantinopel. Gegen Ende des vergangenen Jahrhunderts erging der fromme Symeon sich in gelehrten Briefwechseln mit den naiven lutherischen Theologen von Tübingen, dabei schob er ihnen Fälschungen unter, die er sich mit Gold aufwiegen ließ.
    Johannes Sikeliota : Historiker des 13.–14. Jahrhunderts. Seine berühmte Sammlung
Synopsis historiarum
, von der es nur zwei Exemplare gibt, ist in Wahrheit eine Kopie des Werkes von Synkellos, bei der der Name des wirklichen Autors gelöscht und durch den von Sikeliota ersetzt wurde, welcher nie existierte.
    Julios Polydeukes ist ein byzantinischer Historiker, den der Fälscher Darmarios und seine Helfershelfer erfunden haben, ebenso wie Joseph Genesius, Johannes Kerameus, Johannes aus Kyzikos, Thaddäus Pelosiota, Heliodorus von Prusa, Proclo von Konstantinopel, Kastor von Rhodos, Demetrius von Lampsacus, Samonas von Gaza, Theophanes Continuatus, Pseudo-Kaisarius, Pseudo-Symeon und wer weiß wie viele Gespenster es sonst noch gibt. Ihre Chroniken sind alle mit Namen und Fakten gespickt, die sich gegenseitig widerlegen, um Verwirrung zu stiften. Die gesamte Zeit vom Fall des Römischen Reiches bis zur türkischen Eroberung von Byzanz ist unter all diesen Verkleidungen unkenntlich |656| geworden. Die Fälscher hatten durchaus nicht die Absicht, die Daten und Fakten in den byzantinischen Chroniken aufeinander abzustimmen, im Gegenteil, sie wollten sie so verworren, verwickelt und widersprüchlich wie nur möglich machen. Ihr Ziel: freie Hand zum Erfinden haben, ohne sich um Inkongruenzen kümmern zu müssen. Historiker wissen sehr gut, dass keine seriöse Geschichte der byzantinischen Kultur geschrieben werden kann.
    Darmarios hatgezwungen, fortwährend in die Hölle zu blicken. Es ist kein Zufall, dass er und seine Bande sich darauf spezialisiert hatten, falsche antike Chroniken zu fabrizieren. Und nicht zufällig gehörte Casaubon zu ihren Kunden, derjenige, der für Scaliger die Handschrift von Synkellos aus dem Hut zauberte. Darmarios und die Seinen haben antike Chronologien produziert, die bei der Schöpfung beginnen, aus Texten unterschiedlicher Autoren zusammengestoppelt sind oder die schon bekannte Geschichte mit erfundenem Material »anreichern«. Genau das ist Synkellos passiert: Nur ein einziges seiner Manuskripte, jenes, das Casaubon auf Bitten Scaligers wie durch Zauber hervorholte, enthält den kostbaren

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