Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Das Mysterium der Zeit

Titel: Das Mysterium der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Francesco Rita & Sorti Monaldi , Sorti
Vom Netzwerk:
vorstellen«, wandtet du und dein falscher Barbello empört ein, obwohl ihr euch schon an den Rudern zu schaffen machtet.
    »Ich weiß. Habt ihr andere Vorschläge?«, sagte der Korsar, derweil er sich in alle Richtungen umschaute, als könnte jeden Augenblick ein Wunder geschehen und ein Schiff auftauchen.

DISKURS CV
    Darin an einer ungewöhnlichen Stelle angelegt wird.
    Die Überfahrt verwandelte sich rasch in ein hilfloses Abdriften. Nach wenigen Stunden Rudern in Kälte und Regen verließen uns langsam die Kräfte.
    »Immer fleißig gerudert, ihr beiden kleinen Kastraten! Na los, Nazarenerschlafmützen, |699| ich will nicht euretwegen zu Fischfutter werden«, spornte Alis Statthalter, der allein mit mehr Kraft als wir alle drei zusammen ruderte, uns an.
    Alle wurden wir mittlerweile von der übermenschlichen Anstrengung, dem Hunger und Durst, vor allem aber von der Verzagtheit erdrückt.
    »Wir werden es nie schaffen«, sagtest du, über das Ruder gebeugt, während Barbello, den nunmehr alle im Boot als Frau kannten, doch keiner als solche entlarven wollte, schon aufgegeben hatte.
    »Nun lass dich doch nicht entmutigen, verflucht!«, schrie Kemal, »weißt du nicht, dass man auf See nur stirbt, wenn man den Mut verliert? Ein Schiffbrüchiger kann allein bis zu vierzig Tage aushalten, wenn er an seine Rettung glaubt!«
    Doch der Statthalter hatte uns genau beobachtet und verstanden. Auch ich bewegte das Ruder nur noch schwach, entkräftet von all den Aufregungen, Entbehrungen und tausenderlei Unglücken. Also hörte auch er auf zu rudern. Nur manchmal tat er noch einen Schlag, um den Kurs des Bootes zu korrigieren.
    Dann frischte der Wind auf. Die Wellen, auf deren Kämmen erst lebhafte, weiße Täubchen getanzt hatten, schwollen nun an wie der faulende Leib von tausend Höllenwächtern. War unser kleines Gefährt erst sanft vor- und zurückgeschaukelt, begann es jetzt verrückt zu spielen. Wir griffen wieder zu den Rudern, um den Tanz der Wellen, dem wir immer stärker ausgesetzt waren, in Schach zu halten. Der Seesturm ließ uns wie ein Korken hüpfen, und wenn niemand sich übergab, lag das nur daran, dass unsere Mägen seit geraumer Zeit leer waren. Manchmal ließ Kemal das Ruder los und blickte in alle Richtungen, vielleicht auf eine höchst unwahrscheinliche Rettung hoffend. Ich spürte den Wind des Todes, der einzige warme Hauch, über unsere Nacken streichen.
    »Die Strömung treibt uns nach Südosten«, erklärte der Barbareske schreiend, um den Wind und das Klatschen der Wellen zu übertönen.
    »Ja und?«, fragte ich, während ich das Ruder mit der Kraft eines Sterbenden bewegte.
    Eine Welle griff uns am Bug an und warf uns fast von den Sitzen. Ich musste mich umdrehen und mich vergewissern, dass du nicht ins Wasser gefallen warst.
    »Wenn wir nicht zu weit in nördlicher Richtung gerudert wären«, |700| erklärte Kemal, »würden wir uns immer noch auf Livorno zubewegen. Und vielleicht ist es genauso.«
    »Das nennt man Optimismus«, bemerktest du.
    »Hä?«, fragte der Korsar zerstreut, als hätte ihn ein Gedanke abgelenkt.
    Eine nächste Welle warf fast das Boot um und besprühte uns mit tausend Spritzern. Wir schrien vor Wut und Angst.
    Der Statthalter musterte wieder den Horizont, es war fast ein Wunder, dass er aufrecht stehen konnte, während das Boot sich erst am Bug aufbäumte, um dann heftig auf die Wellen zurückzufallen und das Heck in die Höhe ragen zu lassen. Dabei schöpfte es eimerweise eiskaltes Wasser. Die Nüstern des alten Korsaren waren gebläht wie die eines Jagdhundes, der die Beute wittert, seine Augen zusammengekniffen wie die eines Raubvogels und die Lippen lechzten danach, das gelobte Land anzukündigen. Tatsächlich sagte er:
    »Seht mal geradeaus.«
    Alle drei hoben wir gleichzeitig den Kopf, und nachdem wir es gesehen hatten, senkten wir ihn nicht wieder.
    Der Anblick war irreal und gesegnet zugleich.
    Mitten im Meer, von Fluten und Sturm gepeitscht, erhob sich ein kleiner Turm.

    Augenblicklich überkam uns die Lust zu rudern. Wir nahmen unsere letzten, kargen Kräfte zusammen, und obwohl Beine und Arme vor Schwäche zitterten, gelang es uns, das Boot zwischen den Wellen hindurch zu manövrieren und an dem kleinen Haufen aus Steinen anzulegen, über dem der Turm aufragte. Wir sprangen sofort aus dem Boot, und die Freude schnürte mir fast die Kehle zu. Wir hatten ein wenig festen Boden unter den Füßen: ein winziger Fleck aus Steinen, verlassen und kahl.
    »Heiliger

Weitere Kostenlose Bücher