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Das Nest der Nadelschlange

Das Nest der Nadelschlange

Titel: Das Nest der Nadelschlange Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hubert Haensel
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ausspreche, mag dir ungeheuerlich erscheinen, doch Vassander hat sich irgendwie verändert. Seit einigen Tagen ist er anders... Mir fehlen die Worte, um sein Verhalten so zu beschreiben, wie ich es empfinde. Aber es ist, als warte er auf etwas, von dem er nicht weiß, wann es geschehen wird, nur dass es sich ereignen wird und dann eine große Gefahr bedeutet.«
    »Die Vergiftung der Lorana?« vermutete Corian spontan.
    »Nein.« Mormand winkte heftig ab. »Vassander hasst die Schwarze Magie und alle, die ihr hörig sind, also auch die Priester der Caer. Im übrigen kenne ich ihn gut genug, um zu wissen, dass er sich niemals mit Feinden unseres Reiches verbünden würde.«
    »Ich soll also nur herausfinden, was er im Schilde führt. Keine einfache Aufgabe, L'umeyn, noch dazu, wenn dein Bruder mir nachstellt.«
    »Laffeur wird dich in Ruhe lassen«, behauptete Mormand, schränkte jedoch ein: »Wenigstens für einige Tage kann ich ihn zurückhalten. Er schäumt vor Wut, seit man Britors Leichnam im Park gefunden hat. Weißt du etwas darüber?«
    »Von meiner Seite war es ein fairer Kampf«, nickte Corian, »auch wenn man mir die Rolle des Verlierers zugedacht hatte. Vermond ruht übrigens unter den Seerosen. Sag das deinem Bruder!«
    »Wirst du den Auftrag ausführen?«
    Der Graf wandte sich zum Gehen. »Ich komme wieder, sobald ich in Erfahrung gebracht habe, was du wissen willst.«
    Mormand sah ihm nach, bis er den Saal verlassen hatte. Als der Lichtkönig sich dann auf seinen Stuhl sinken ließ und nach einem randvollen Becher griff, zitterte er so sehr, dass sich viel von dem köstlichen Wein über den Teppich ergoss .
    *
    Der Pestgestank wurde stärker, je weiter Frerick Armos nach Westen kam. Doch ließ er sich davon nicht abhalten. Der rechte Seitenarm der Lorana war zwar weniger verschmutzt, aber dafür drängten alle in diese Richtung. Vielleicht lag gerade dort, wo das Unheil am stärksten schien, die Rettung. Vielleicht gab es dort nur wenige Schergen, die die Brücken bewachten, weil ohnehin niemand, der noch seine Sinne beisammenhatte, diesen Weg wählte.
    Als der Schmied sich umwandte, sah er den Schein der Feuersbrunst schwächer werden. Es mochte sein, dass beherzte Bürger inzwischen damit begonnen hatten, Wasser ins Feuer zu schütten.
    Aus den Kanälen quoll ihm Schaum entgegen, der vielerorts bereits die Brücken bedeckte. Jeder Schritt durch diese zähe, in steter Bewegung befindliche Masse verlangte ihm größere Anstrengung ab. Fast schien es, als suche der Schleim mit gierigen Fängen nach einem Opfer. Weiter. Keuchend, verkrampft, von Schmerzen gepeinigt, aber doch mit der Hoffnung im Herzen, dem Verderben, das über Ugalos hereingebrochen war, entkommen zu können.
    Endlich blieben die letzten Häuser hinter ihm zurück. Nur noch verdorrte Anpflanzungen lagen zwischen ihm und einer der sieben großen Brücken über die Lorana. Unter seinen Füßen zerfielen Gräser zu Staub, kam das nackte Erdreich zum Vorschein, das sich auch hier allmählich mit einer gelben, kristallinen Schicht überzog. Armos achtete nicht darauf. Sein Blick galt einzig und allein dem leicht geschwungenen Bauwerk, das die Insel über den an dieser Stelle immerhin noch mehr als fünfzig Mannslängen breiten Fluss hinweg mit dem jenseitigen Ufer verband.
    Verschwommen konnte er etliche Gestalten durch den Nebel hindurch wahrnehmen. Als er näher kam, sah er ihre Rüstungen funkeln. Wachen!
    Es waren zu viele, als dass er ungesehen hätte an ihnen vorbeigelangen können. Der Schmied verfluchte den Augenblick, in dem er beschlossen hatte, hierher zu fliehen. Im Schutz knorriger Bäume schlich er sich bis auf wenige Dutzend Schritte an die Brücke heran. Während er noch verzweifelt nach einer Möglichkeit suchte, den Schergen zu entgehen, erklang von Westen her Hufschlag, hohl und durch die Nebelbänke unwirklich verzerrt. Fühlte er sich im ersten Moment noch an den feurigen Schimmel des Heroen erinnert, erkannte er doch sehr schnell, dass das, was er hörte, Wirklichkeit war. Ein ängstliches Wiehern hallte über den Fluss .
    Jemand ritt auf die Brücke, kam langsam näher. Die Wachen hoben ihre Spieße an. Endlich schälten sich Pferd und Reiter aus der Dunkelheit. Der Mann hing in sich zusammengesunken über dem Hals des Tieres. Armos erschrak, als er im Schein einer Fackel sein Gesicht erkennen konnte.
    Es war einer jener Krieger, die im Lauf des frühen Tages zur Blutquelle aufgebrochen waren. Der Schaft eines Pfeiles

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