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Das Nest der Nadelschlange

Das Nest der Nadelschlange

Titel: Das Nest der Nadelschlange Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hubert Haensel
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knisternd.
    Armos fluchte, doch ließ er in seinem Bemühen nicht nach. Endlich blieb ein heller Schimmer, von dem ein dünner Rauchfaden aufstieg. In den Holzspänen fand die winzige Flamme reichlich Nahrung, und schon nach wenigen Augenblicken war die Gefahr gebannt, dass sie wieder erlosch.
    Eine Weile später verdrängte flackernder Feuerschein die herrschende Düsternis. Die schwere Tür war bereits angekohlt. Knisternd fraßen sich die Flammen an ihr empor. Armos brach nun die Verstrebungen aus dem Treppengeländer und warf sie ins Feuer.
    Viele der Kranken drängten sich um ihn. Mehr und mehr schwand die Hoffnungslosigkeit aus ihren Blicken. Aber es waren bei weitem nicht alle. Der Schmied sah Männer und Frauen in den hinteren Räumen verschwinden. Sie schienen mit ihrem Schicksal abgeschlossen zu haben. Vielleicht würden sie noch vernünftig werden, wenn erst der Weg in die Freiheit geöffnet war.
    »Wo sollen wir hin?« fragte Ciarisse leise. »Ich fürchte, die Schergen werden uns sehr bald wieder eingefangen haben.«
    »Ugalos ist groß«, sagte Armos, »und es bietet unzählige Verstecke.«
    »Lass mich bei dir bleiben! Allein bin ich hilflos, noch dazu mit dem Kind.« Fast flehend sagte sie es.
    Für den Schmied war das Grund genug, sie sich genauer anzusehen. Ciarisse war schön, und zu jeder anderen Zeit hätte er sie mit Freuden mit sich genommen. Aber jetzt? Er musste sich vor Vulleroys Gefolgsleuten in acht nehmen.
    »Ich würde dich nur unnötig in Gefahr bringen. Dir wird sicher jemand helfen.«
    »Wer?« fragte sie. »Sieh mich doch an. Ich weiß, dass mein Gesicht voller Beulen ist. Jeder Gesunde wird mich meiden. Und die anderen.«
    Armos wusste keine Antwort darauf, denn Ciarisse hatte recht: Sie waren Gezeichnete.
    Ob es eine Rettung gab?
    Der Schmied erinnerte sich des Trupps, der zur Blutquelle aufgebrochen war. Doch zweifelte er daran, dass die Männer jemals zurückkehren würden. Er wusste nicht, woher er die Gewissheit bezog, sie war einfach in ihm.
    Beißender Rauch ließ seine Augen tränen. Gleichzeitig rief jeder Atemzug einen quälenden Hustenreiz hervor. Dicker schwarzer Qualm wälzte sich über den Boden.
    Mittlerweile hatten die Flammen sich ausgebreitet und leckten gierig nach den Moosen und Flechten, die, obwohl sie auf feuchtem Untergrund wuchsen, wie Zunder brannten. Die Tür war hinter einer dichten Feuerwand verschwunden. Aber noch hielt sie stand.
    Immer weiter fraßen sich die Flammen vorwärts. Von der Wand sprangen sie auf die Decke über. Die Hitze ließ Mauerwerk abplatzen und legte dicke Balken frei.
    Der Rauch wurde dichter. Von allen Seiten erklangen nun entsetzte Schreie. Die eben noch auf Rettung gehofft hatten, flohen vor dem alles verzehrenden Feuer. Auch Armos wich Schritt für Schritt zurück. Er bekam kaum noch Luft. Da half nicht einmal, dass er sich die Hände vors Gesicht presste .
    Die Flammen erreichten die Treppe, züngelten in die Höhe.
    Rasch fraßen sie sich weiter. Im oberen Geschoß schrie jemand gellend auf. Für die Dauer eines Augenblicks glaubte Armos einen Menschen hinter der Feuerwand zu sehen. Wer immer sich dort oben aufhielt, der Rückweg war ihm abgeschnitten.
    Unmittelbar neben dem Schmied brach eine Frau zusammen. Er packte sie an den Schultern und schleifte sie mit sich, weg von der glühenden Hitze. Aber er wusste, dass es nur ein Aufschub sein würde.
    »Du Mörder!« Ein Mann sprang ihn von hinten an. Brutal schlossen sich seine Hände um Armos' Hals.
    Frerick rang nach Atem. Er konnte den Gegner nicht abschütteln. Schon drohten ihm die Sinne zu schwinden, als er sich fallen ließ, auf dem Rücken zu liegen kam und mit aller Kraft seine Ellbogen nach hinten stieß. Ein Ächzen antwortete ihm. Der Griff um seinen Hals lockerte sich ein wenig. Sofort packte er zu, bekam eine Hand zu fassen und bog sie herum, bis Knochen krachten.
    Im Nu war er wieder auf den Beinen. Er riss den Dolch aus seinem Gürtel, aber die anderen wichen vor ihm zurück. Hass schlug ihm entgegen, doch noch stärker war die Angst, die wie eine unsichtbare Wand zwischen ihnen stand.
    Irgendwo löste sich ein brennender Balken aus der Mauer und stürzte krachend um. Funken stoben nach allen Seiten davon, glühende Asche wirbelte auf.
    Frerick Armos wusste, dass der einzige Ausweg in der Flucht nach vorne lag. Irgendwo zwischen den lodernden Flammen, hinter dichtem Qualm verborgen, befand sich die Tür. Sie war noch immer geschlossen, sonst hätte der Rauch

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