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Das Nest der Nadelschlange

Das Nest der Nadelschlange

Titel: Das Nest der Nadelschlange Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hubert Haensel
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was hat es mit der Nachricht auf sich, die Kalathee in den Fels geritzt hat?«
    »Wer ist Kalathee?« fragte der Junge.
    »Willst du mir weismachen, dass du keine Frau gesehen hast?«
    »Nur zwei Männer - dem einen fehlt sein linkes Ohr, und er trägt verschiedene Tierfelle auf der Haut; der andere behauptet von sich, ein Wahrsager zu sein, aber er ist wohl nicht viel mehr als ein Scharlatan.«
    »Nottr und Steinmann Sadagar«, stellte Mythor fest. »Und sonst niemand?«
    »Nein.«
    Mythor seufzte. »Ich muss dir wohl glauben. Doch nun weiter.«
    »Wir wussten, dass du uns folgtest. Vor allem dieser Sadagar lag uns immer wieder mit seinem Geschrei in den Ohren, dass du kommen würdest, um sie zu befreien. Irgend so ein Geist, der Kleine Nadomir, hat es ihm angeblich gesagt.«
    Mythor lachte. »Das ist der Steinmann«, stellte er fest, »wie er leibt und lebt.«
    Samed fuhr fort: »Um dich aufzuhalten, haben wir die Spuren zu der Tempelruine gelegt. Wir wussten vom Nest der Nadelschlange, kannten aber nicht deren Gefährlichkeit.« Er unterbrach sich und wischte sich mit dem Handrücken über die Augen. »Mein Vater geriet in ihren Bann und wurde verhext. Wir konnten nicht verhindern, dass sie ihn tötete. Ich glaube, er hat es nicht einmal gemerkt. Er war irgendwie entrückt, hat sich nicht einmal gewehrt.«
    »Mir erging es ähnlich«, nickte Mythor. »Und du kannst von Glück sagen, dass du noch lebst. Weshalb hat dieser Gomhel dich hier zurückgelassen?«
    »Er sagte, ich sei ihm nur lästig und er wolle sich nicht mit einem achtjährigen Balg abgeben. Wenn du noch immer deine Freunde befreien willst, Mythor, nimm mich mit. Ich weiß, wohin die Bande unterwegs ist. Sarphand liegt im Süden von Salamos. Dort sollen Nottr und Sadagar auf dem Sklavenmarkt verkauft werden. Gomhel erhofft sich wenigstens für den Barbaren einen ansehnlichen Batzen.«
    »Ich werde ihnen folgen!« rief Mythor aus. »Und dieser Kerl wird es mir büßen, wenn er seinen Gefangenen auch nur ein Haar krümmt. Doch zuvor muss ich mich um meine Tiere kümmern. Komm!«
    Der Schneefalke hatte etliche Federn gelassen, schien aber sonst unverletzt zu sein. Als Mythor ihn auf den Arm nahm und hochwarf, drehte er schwerfällig mehrere Runden. Hark verfolgte seinen Flug und ließ ein dumpfes Bellen hören.
    »Willst du noch lange hier herumstehen?« fragte Samed plötzlich, und seine Stimme zitterte dabei vor verhaltener Wut. »Deinen Tieren ist nichts geschehen, doch je länger du zögerst, umso größer wird Gomhels Vorsprung. Ich könnte den Kerl umbringen, wenn ich daran denke, dass er mich im Stich gelassen hat.«
    »Ungeduld führt nur selten ans Ziel«, erinnerte Mythor. ! »Wir werden die Bande spätestens in Sarphand einholen, dessen kannst du gewiss sein. Immerhin wird Gomhel versuchen, den bestmöglichen Preis für seine Gefangenen zu erzielen, und dazu muss er feilschen, und das wiederum kostet Zeit.«
    »Aber er hat viele Freunde in der Stadt. Es könnte uns schlecht ergehen, wenn die uns zu fassen bekommen.« Der Junge schwieg, weil er über irgend etwas nachdachte. Nach einer Weile erhellte sich sein Gesicht fast schlagartig. »Ich hab's«, rief er aus. »Die Bande hat einen Schlupfwinkel im Anburischen Wald, zwar jenseits der Silda gelegen, doch nahe der Grenze zur ugalischen Grafschaft Anbur-Messarond. Sicher werden sie dort länger Rast machen. Wenn wir uns beeilen, können wir sie dort einholen.«
    »Ihr Vorsprung beträgt einen ganzen Tag«, gab Mythor zu bedenken.
    Samed schüttelte den Kopf. »Nicht so viel. Nach Gomhels Befehl zum Aufbruch war die Sonne nur etwa eine Handbreit am Himmel weitergewandert, als du erschienst.«
    Der Krieger zögerte. »Wir haben nichts zu verlieren«, sagte er schließlich. »Also komm. Du auch, Hark.«
    Der Bitterwolf, der bis eben zwischen den Säulen gekauert hatte, sprang auf und eilte voraus. Horus, noch immer mit schwerfälligem Flügelschlag, schwang sich durch eines der großen Löcher im Dach in den Himmel.
    Mythor ließ sich von seiner Erinnerung leiten. Aber alles war anders. Zwar gab es den Altarraum wirklich, doch existierten zwei der Götterstatuen nur noch in wenigen Bruchstücken, die nicht mehr erkennen ließen, wessen Bildnis einst hier gestanden hatte. Nur eines war erhalten geblieben, und auf seiner polierten Oberfläche gab es keinen Makel.
    »Die Nadelschlange«, sagte Mythor. »Wurde ihre Art vor vielen hundert Jahren von Menschen verehrt?« Er erwartete keine Antwort auf

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