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Das Nest des Teufels (German Edition)

Das Nest des Teufels (German Edition)

Titel: Das Nest des Teufels (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leena Lehtolainen
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Julia und Syrjänen antrat, hatte ich natürlich eine Sicherheitsanalyse erstellt. Die beiden hatten nicht erwähnt, dass Julias Vater Verbindungen zu Verbrecherkreisen pflegte. Syrjänen hatte zwar von der Explosion seiner Jacht
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berichtet, aber hinzugefügt, der Polizei zufolge habe sich dieser Racheakt nicht gegen ihn gerichtet, sondern allein gegen seinen Geschäftspartner Boris Wasiljew. Dabei war man bei der Zentralkripo und bei der Sicherheitspolizei doch über den Sachverhalt informiert, zumindest Martti Rytkönen hatte davon gewusst. Wieso war Syrjänen nicht gewarnt worden? Hatte niemand die Verwandtschaftsbeziehung zwischen Julia und Gezolian erkannt, weil sie schon einmal verheiratet gewesen war und den Namen ihres ersten Mannes trug? Da Rytkönen die Akten von Trankow und Paskewitsch frisiert hatte, um ihnen die Einreise zu ermöglichen, war nicht auszuschließen, dass er auch anderes vertuscht hatte. Das würde ich wohl nie erfahren.
    «Ich werde nicht im Einzelnen auf die Datensicherheit eingehen, denn Ihre Unternehmen und Organisationen verfügen natürlich über Spezialisten in diesem Bereich. Ich betone jedoch, dass diese Personen sorgfältig ausgewählt werden müssen. Allzu oft sind die Hacker einen Schritt voraus, und eine Stelle als Datensicherheitschef wäre natürlich der Traum vieler Hacker. Ich erinnere erneut daran, wie wichtig eine genaue Prüfung ist.» Mike lächelte sachverständig und ließ den Blick über das Publikum schweifen. Bisher hatte ich geglaubt, es handle sich um die einstudierte Geste eines routinierten Redners, die den Eindruck erwecken sollte, er stelle Blickkontakt zu einzelnen Zuhörern her, während er tatsächlich nur die Umrisse ihrer Köpfe wahrnahm. Doch jetzt merkte ich, dass er mich direkt ansah, und in seinen Augen lag ein paar Sekunden lang ein überraschter Ausdruck. Aber der Anblick seiner ehemaligen Schülerin brachte ihn nicht aus dem Konzept. Ich war froh, dass ich meinen besten Hosenanzug trug und meine Haare zu einer dezenten Helmfrisur gefönt hatte. Mein Äußeres wirkte professionell.
    Mike war der dritte Redner des Tages, auf seinen Vortrag folgte das Lunchbuffet. Die für den Nachmittag angekündigten Redner interessierten mich nicht, aber es lag natürlich in Syrjänens Ermessen, ob ich weiter am Seminar teilnahm.
    Das Buffet war im Foyer der Finlandia-Halle aufgebaut. Ich ging davon aus, dass die Vortragenden separat speisen würden, stellte aber fest, dass ich mich geirrt hatte, denn der Sicherheitschef des Parlaments geleitete Mike an der Schlange der Wartenden vorbei zum Buffet. Natürlich griff Mike nicht nach einem der bereitstehenden Weingläser, sondern begnügte sich mit Wasser. Ich beobachtete ihn aus einiger Entfernung. Mir knurrte der Magen, aber ich hatte keinen Appetit.
    «Willst du deinen alten Lehrer nicht begrüßen?», fragte Syrjänen.
    «Lassen wir ihn erst einmal in Ruhe essen.» Ich wollte auf keinen Fall, dass Syrjänen unser Gespräch mit anhörte. Dass Mike verriet, was ich ihm über meinen Boss erzählt hatte, brauchte ich nicht zu befürchten, dazu war er viel zu erfahren, aber es wäre mir sehr unangenehm gewesen, wenn er mich in Syrjänens Anwesenheit gedemütigt hätte. Zum Glück wollte Hannula Syrjänen einem seiner Parlamentskollegen vorstellen, von dem er meinte, er könne bei Syrjänens Projekten nützlich sein. So konnte ich mich näher an Mike heranschieben. Er hatte sich Salate und eine Art Hackbraten aus Roter Beete und Nüssen auf den Teller gehäuft, und obwohl er scheinbar ganz in das Gespräch mit dem Sicherheitschef des Parlaments vertieft war, behielt er seine Umgebung unablässig im Blick. Er hatte sich bemüht, auch uns diese Technik zu lehren, die er als Katzenwachsamkeit bezeichnete. Eine Katze wirkt schläfrig oder abwesend, ist aber in weniger als einer Sekunde bereit, sich auf ihre Beute zu stürzen, wenn sich die Gelegenheit ergibt. Ich ging näher heran. Mike stand an der Wand in der Nähe der Treppe, also an einer Stelle, die im Notfall einen schnellen Rückzug ermöglichte. Nun war ich bereits so nahe, dass ich seine Stimme hörte. Der Sicherheitschef erzählte gerade von den Morddrohungen, die die vorige Innenministerin wegen ihrer migrationspolitischen Auffassungen bekommen hatte, und Mike nickte. Ich merkte, dass er genau wusste, wie dicht ich bei ihm war.
    «Oh, ich sehe gerade eine meiner ehemaligen Schülerinnen», sagte er und entschuldigte sich für die Unterbrechung. Er

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