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Das Nest des Teufels (German Edition)

Das Nest des Teufels (German Edition)

Titel: Das Nest des Teufels (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leena Lehtolainen
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noch deutlicher hervor als in seinem Büro, seine Gesichtszüge waren mir vertraut und doch fremd.
    «Wir gehen ins Sans Nom, in das Restaurant, bei dessen Gründung ich letztes Jahr geholfen habe. Und da wir in meinem Heimatland sind, bist du mein Gast.»
    Mike betrachtete sein Glas, trank noch einen winzigen Schluck und sagte, das müsse genügen. «Nehmen wir ein Taxi?»
    «Die Metro hält ganz in der Nähe.»
    «Ist sie sicher?»
    «Mindestens so sicher wie in New York.»
    Wir gingen die Yrjönkatu entlang zum Amos-Anderson-Kunstmuseum und weiter durch das Untergeschoss des Ladenzentrums Forum zur Metrostation. Mike schien seine Aufmerksamkeit auf das Sicherheitspersonal im Forum und auf die lärmenden Jugendlichen am Eingang zur Lebensmittelabteilung des Kaufhauses Sokos zu richten, die einen erschreckend stieren Blick hatten. Alle Passanten wandten die Augen ab, sobald sie die bekifften Burschen bemerkten, um nur ja nicht aufs Korn genommen zu werden. Ich riet einem Sicherheitsmann, der müßig am Kiosk herumstand, er solle sich mal umdrehen und eventuell die Polizei alarmieren. Wenn Mike nicht bei mir gewesen wäre, hätte ich die Sache vermutlich auf sich beruhen lassen. In der Metro erwischten wir einen Wagen, in dem kein einziger Säufer hockte. An der Station in Ruoholahti stand derselbe Dauerbettler wie im vorigen Herbst. Monika hatte ihm anfangs Essen gebracht, aber er akzeptierte nur Geld.
    «Was hältst du von der Platzierung der Überwachungskamera?», fragte ich, als wir vor dem Sans Nom standen.
    «Sie ist da, wo sie hingehört. Die abschreckende Wirkung ist also garantiert.» Mike lächelte, und plötzlich schämte ich mich. Was wollte ich ihm schon wieder beweisen?
    Monika erwartete uns und führte uns in die Loge. Ich erklärte Mike, wenn er keine Allergien oder Aversionen gegen bestimmte Speisen habe, würde ich das Menü zusammenstellen. Er ließ mir freie Hand, und ich bestellte als Vorspeise Brennnesselsuppe mit pochierten Bio-Eiern, dann Zander an Morchelsauce mit Hafergraupen und als Nachtisch gebackenen lappischen Käse mit Birkensaft.
    «Morels?»
, fragte Mike, als ich ihm das Menü auf Englisch erläuterte. «Das sind doch hochgiftige Pilze.»
    Ich versicherte ihm, der Koch des Sans Nom wisse, wie man Morcheln sachgerecht behandelte. Mike schien nicht überzeugt. Als Monika uns gegorenen Fichtensprossensaft als Aperitif brachte, fragte er auch sie nach den Pilzen.
    «Nun erzähl mir mal von deinem jetzigen Arbeitgeber», forderte Mike mich schließlich auf, als die Suppe vor uns stand. Onkel Jari hatte immer den ganzen Sommer über Brennnesseln gepflückt; in der Schule hatte man mich bemitleidet, weil wir so arm waren, dass wir uns von Unkraut ernähren mussten.
    Ich bereute längst, was ich in New York über Syrjänen und Gezolian gesagt hatte. Daher schwächte ich meine Geschichte ein wenig ab, indem ich erklärte, Syrjänens Kontakte zu Politikern seien von einer Art, die in den letzten Jahren in Verruf geraten war, und sein künftiger Schwiegervater stehe im Verdacht, unter dem Schutz seiner diplomatischen Immunität Stoffe zu verkaufen, die für Bomben verwendet werden konnten. Meiner Geschichte zufolge hatte ich davon erfahren, als ich versucht hatte, den wahren Mörder von Anita Nuutinen zu finden. David konnte ich mit keinem Wort erwähnen, Laitio auch nicht. Ich hätte nicht nur meine Sonnenbrille, sondern auch Reiskas Schnurrbart und seine Perücke gebraucht, um das Zucken in meinem Gesicht zu verbergen, wenn ich von ihnen sprach.
    Mike leerte seinen Suppenteller und seufzte schwer. «Du erzählst mir immer noch nur einen Teil der Wahrheit. Ich will nicht darüber spekulieren, wie klein dieser Teil ist. Aber du fürchtest, der Vater deines Schutzobjekts könnte dich in Schwierigkeiten bringen, so viel hast du immerhin verraten. Wie soll ich dir helfen, wenn du mir nur Informationsbröckchen zugestehst?»
    «Ich brauche keine Hilfe!», rief ich so laut, dass Helinä, die gerade mit dem Hauptgericht hereinkam, beinahe die Teller hätte fallen lassen. Als sie gegangen war, fuhr Mike fort: «Hast du wirklich alles vergessen, was ich dich gelehrt habe? Hast du nichts daraus gelernt, dass eine deiner Auftraggeberinnen in Moskau erschossen wurde, als du sie schutzlos zurückgelassen hast? Was der Vater deines Schützlings treibt, hat absolut nichts damit zu tun, wie du deine Aufgabe erfüllst. Du bist engagiert worden, um diese Julia zu beschützen, und mit deiner Unterschrift unter

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