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Das Nest des Teufels (German Edition)

Das Nest des Teufels (German Edition)

Titel: Das Nest des Teufels (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leena Lehtolainen
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sprach auch mit Anton Englisch.
    «Nein. Sag deiner Chefin, der Wagen wartet.» Anton richtete seine Worte an mich, sah mich aber nicht an. Er machte kehrt und ging wieder hinaus.
    «Was für ein Klotz! Benimmt er sich gegenüber deinem Boss auch so?», fragte ich, als sich die Tür hinter dem Chauffeur geschlossen hatte.
    «Ich weiß nicht, er ist erst kurze Zeit im Haus, und Monsieur Chagall ist oft auf Reisen.»
    «Was heißt kurze Zeit?»
    «Warum interessierst du dich so für diesen Esten?» Pierres Lächeln schien seine hohen, espressoschwarzen Wangenknochen zu spalten.
    «Ich überlege nur, wie gut er die Bergstraßen kennt. Bei diesem Nebel muss man vorsichtig sein.»
    Die dritte Tasse Kaffee lehnte ich ab. Da ich Julia nicht im Speisezimmer fand, klopfte ich an ihre Zimmertür. Sie war gerade dabei, sich für den Abfahrtslauf zu schminken, und sagte, sie komme gleich. Ich zog Skikleidung an und cremte mir sorgfältig das Gesicht ein. Der Wettervorhersage nach war die UV -Strahlung gefährlich hoch.
    Anton verstaute unsere Skier in der Box und hielt uns den Schlag auf. Diesmal setzte ich mich nach hinten zu Julia und studierte die Abfahrtsroute auf der Karte. Der Startpunkt lag dreitausend Meter hoch.
    «Versuch nicht mit Gewalt, mein Tempo zu halten. Ich warte unterwegs auf dich, oder wir treffen uns unten.»
    «Das würde Syrjänen aber nicht gefallen.»
    «Er braucht es ja nicht zu wissen! Ich bin schließlich nicht sein Eigentum.»
    Anton fuhr ruhig und verzichtete darauf, Traktoren und Mopedautos zu überholen, obwohl Julia ungeduldig seufzte.
    «Trag unsere Skier nach oben!», befahl ich ihm, als wir am Ziel waren. Er sah mich an wie eine Hirschlausfliege, gehorchte aber. Eine dicke Strickmütze bedeckte seinen schwarzen Schopf, die dickgefütterte Steppjacke sah aus, als sei sie für sibirische Verhältnisse gedacht. In meinen Skistiefeln kam ich mir klobig vor, ich war nicht an die steifen Knöchel gewöhnt.
    An der Seilbahn hatte sich eine Schlange gebildet; bei den meisten Wartenden schien es sich allerdings um Touristen zu handeln, die nur wegen der Aussicht nach oben wollten. Es waren aber auch einige junge Männer mit Snowboards und ein Fotograf mit Profi-Ausstattung dabei. Der Himmel war klar, und schon beim Hinauffahren sahen wir das Dorf Leysin. Ich entdeckte auch die Umrisse des prächtigen Chalets von Herrn Chagall. Anton stand mitten in der Kabine; er wirkte verschlossen wie jemand, der diese Aussicht so oft erlebt hatte, dass sie ihn kaltließ. Obwohl er diesmal nicht so penetrant nach billigem Rasierwasser roch wie am vorigen Abend, hielten alle Passagiere Abstand von ihm.
    Sobald wir ausstiegen, schlug der Wind zu. Er wehte garantiert mit Windstärke  9 , und die amerikanischen Touristen kreischten überrascht auf. Ich zog mir die Kapuze über den Kopf. Julia wirkte nachdenklich, warf einen Blick auf die Karte und prüfte die Windrichtung.
    «Wenn ich den Waldrand erreiche, ist das Schlimmste vorbei. Dann ist der Wind hinter dem Berg.»
    Ich war einigermaßen überrascht, dass sich Julia mit dem Alpenwind auskannte. Anton half ihr, die Skier anzuschnallen. Meine Bindung bereitete mir Probleme, ich kannte die gemietete Ausrüstung nicht gut genug. Der rechte Ski wollte einfach nicht halten.
    «Zeig mal.» Anton bückte sich und betrachtete die Bindung. «Die klemmt, ich muss sie reparieren. Das dauert einen Moment», sagte er zu Julia. Ein Windstoß hätte uns beinahe umgeworfen, und Julias Zähne klapperten.
    «Ich erfriere in dieser Kälte! Komm mit der Seilbahn runter, wenn deine Skier nicht funktionieren. Ich starte jetzt!» Ohne auf Antwort zu warten, stieß sich Julia ab. Sie fuhr geschmeidig und egoistisch, in der Erwartung, dass die anderen Läufer ihr auswichen. Erst als ich sicher war, dass der Wind meine Worte nicht mehr zu ihr tragen konnte, brüllte ich los.
    «Was hast du mit meiner Bindung angestellt? Oder besser gesagt: Was zum Teufel tust du hier?» Es war ein Risiko, Schwedisch zu sprechen, aber in meiner Wut nahm ich darauf keine Rücksicht. Der Wind trieb mir Schnee in die Augen und warf uns beinahe gegeneinander.
    «Ich hab nur den Splint rausgezogen, das ist leicht zu reparieren. Wir müssen doch miteinander reden. Komm, wir klettern auf den Gipfel. Du weißt, dass Schall aufsteigt. Bei diesem Wetter sind wir da oben am besten vor neugierigen Ohren geschützt.»
    Ich schnallte den zweiten Ski ab und lehnte meine Ausrüstung an die Wand der Seilbahnstation, auf die

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