Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Nest des Teufels (German Edition)

Das Nest des Teufels (German Edition)

Titel: Das Nest des Teufels (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leena Lehtolainen
Vom Netzwerk:
Gefahr hin, dass sie gestohlen wurde. Dann machte ich mich an den etwa fünfzig Meter langen Aufstieg zum Gipfel des Hockenhorn. Der in den Schnee geschaufelte schmale Pfad war stellenweise verweht, das Halteseil war mir sehr willkommen. Ich litt nicht unter Höhenangst, aber ich wusste, dass alles aus war, wenn ich abrutschte. Wir waren die Einzigen, die den Aufstieg wagten.
    Der Genfer See funkelte perlgrau im Tal, in der Ferne schimmerten die Hügel von Sion und der Mont Blanc. Der Wind trieb mir Tränen in die Augen, obwohl ich meine Schneebrille trug. Davids Bart war nicht mehr schwarz, sondern grau vor Reif.
    «Na los, sprich!», befahl ich. «Wo warst du die ganze Zeit, und wieso bist du jetzt hier, genau vor Iwan Gezolians Nase? Bist du zu diesem Teufel geschlichen, um dich von ihm umbringen zu lassen, weil du nicht fähig bist, dir selbst die Kugel zu geben? Was treibst du hier, du verdammter Idiot?»
    Obwohl der Wind mir die Wangen kühlte, glühte ich innerlich. Meine Wut war so heiß, dass sie den Schnee hätte wegschmelzen können. Ich fand in keiner Sprache mehr zusammenhängende Worte, brüllte nur noch
perkele, durak,
Scheiße, du
jävla idiot!
    «Hilja, beruhige dich! Wir haben nicht viel Zeit. Hör mir zu.» Die Stimme war mir vertraut, sie hatte mich auch früher schon gezähmt, streichelweich gemacht, zum Schnurren gebracht. «Du erinnerst dich doch sicher, dass ich an unserem letzten gemeinsamen Abend in Montemassi einen Anruf bekommen habe? Ich habe dir gesagt, er sei von meinem Boss.»
    «Ja, ich erinnere mich. Deine Erklärung habe ich allerdings keine Sekunde geglaubt.» Meine Stimme war heiser, ich musste husten.
    «Es war nicht mein Boss, sondern Gintare. Ich habe dir ja schon von ihr erzählt. Die Litauerin, mit der ich mal zusammen war. Die Frau, die von mir schwanger wurde und unser Kind abgetrieben hat. Aber sie hatte gelogen. Das Kind ist doch zur Welt gekommen.»
    Dasselbe hatte mir Juri Trankow in seinem Atelier in Långvik erzählt. Es war der letzte Balken an der Brücke gewesen, die mich in Trankows Bett geführt hatte.
    «Gintare lag im Sterben. Sie bat mich, für unseren Sohn zu sorgen … für Deividas. Die Leute wussten nicht, dass ich schon außer Landes war, als sie Dolfini nach Montemassi brachten und töteten. Hilja, ich konnte nicht anders handeln! Ich wusste, dass sie mir auf der Spur waren, aber ich musste Deividas finden. Ich war mir sicher, dass du auch in schwierigen Situationen klarkommst. Und du hast es ja auch geschafft.»
    «Wer sind
sie

    «Gezolian und seine Kumpane. Dolfini war Gezolians Kontaktmann in der Toskana. Er wurde umgebracht wie ein Katzenjunges, weil er zu viel wusste.»
    «Mit wem hast du in dem Trüffelrestaurant gegessen, im
Il tre cantoni
? Wer war der bösartige Russe?»
    David runzelte die Stirn, ich sah, wie sich sein Adamsapfel unter dem Jackenkragen bewegte. «Ein falscher Zeuge, dem ich zu sehr vertraut habe. Seinetwegen musste Dolfini sterben. Dolfini wollte abtrünnig werden, er wollte auf unsere Seite wechseln, deshalb ist er mitsamt seiner Frau im Sumpf von Maremma gelandet. Hilja, auch wenn du furchtlos und schlau wie ein Luchs bist, will ich dich schützen, ich kann nicht anders. Was in aller Welt tust du hier?»
    «Ich bin die Leibwächterin von Usko Syrjänens Braut. Ein guter Job, bei dem ich viel von der Welt sehe.» Ich musste mich am Wegweiser festhalten, sonst hätte der Wind mich auf die Knie geworfen. «Du hast also ein Kind. Deividas. Woher weißt du, dass es wirklich von dir ist? Hat Gintare es nicht mit jedem getrieben, um an Stoff zu kommen? Das hat man mir jedenfalls erzählt.»
    Obwohl der Bart Davids Gesicht verdeckte, sah ich an der Stellung der Barthaare, wie sich seine Miene veränderte.
    «Hältst du mich für blöd? Deividas ist die litauische Form von David. Ich habe natürlich DNA -Tests machen lassen. Erinnerst du dich, was du mir über Keijo Kurkimäki erzählt hast? Du hast dir gewünscht, du wärst nicht sein Kind, aber die Fotos ließen keinen Zweifel zu. So ist es mir auch ergangen. Als ich Deividas endlich gefunden hatte, sah ich in ihm die Hälfte von mir und die Hälfte von Gintare. Liebe Hilja, er ist wirklich mein Sohn.»

4
    Es hatte David immer traurig gestimmt, dass er keine Kinder hatte. Er hatte ein paarmal angedeutet, dass er diesen Sachverhalt mit mir korrigieren wollte, doch dabei war es geblieben, denn ich hatte mir nicht vorstellen können, Mutter zu werden.
    «Wie alt ist

Weitere Kostenlose Bücher