Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Nest des Teufels (German Edition)

Das Nest des Teufels (German Edition)

Titel: Das Nest des Teufels (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leena Lehtolainen
Vom Netzwerk:
eine gute Reise und fuhr davon. Ich gab mir Mühe, dem Wagen nicht nachzublicken. Je öfter wir uns trafen, desto wahrscheinlicher wurde es, dass der Abschied endgültig war.
    Lescha und ich schleppten Julias und Gezolians Gepäck in die Abflughalle. Dann mussten Vater und Tochter voneinander Abschied nehmen, denn ihre Flüge starteten nicht am selben Terminal. Von der kühlen Julia, die ich kannte, war nichts mehr übrig. Beide wischten sich die Tränen aus den Augen, wechselten die letzten Wangenküsse und rissen sich voneinander los, kehrten dann aber wieder um, weil sie sich doch noch nicht trennen konnten. Als diese Zeremonie zum vierten Mal ablief, erklärte ich Julia, wir müssten jetzt einchecken.
    «Erledige du das. Ich will noch bei meinem Vater bleiben.»
    «Am Schalter will man dich und deinen Pass sehen. Nun komm schon!»
    Julia seufzte, als sei ich ein gestrenger Vater, der sie für immer und ewig von ihrem Geliebten trennte. Sie drückte Gezolian noch einen Schmatz auf die Wange, dabei war sein Gesicht ohnehin bereits mit rosa Lippenstift bedeckt, sodass er einem Marzipanschweinchen glich. Beim Check-in hatte sich sogar für die Passagiere der Business Class eine Schlange gebildet. Julia holte einen kleinen Spiegel aus der Handtasche und überprüfte ihr Make-up. Sie meinte, sie sehe furchtbar aus und müsse unbedingt zur Toilette, bevor wir durch die Sicherheitskontrolle gingen. Ich drängte sie, sich zu beeilen, denn die Schlange am Kontrollpunkt war hundert Meter lang und kroch nur langsam vorwärts. Julia zuckte die Schultern. Man könne sich ja vordrängen, wenn es eilig sei.
    «Ich habe dir schon wer weiß wie oft gesagt, dass es am sichersten ist, nicht aufzufallen, weder positiv noch negativ», fauchte ich, doch Julia verschwand bereits in der Toilette. Ich stellte mich in die Schlange, um uns eine gute Position zu sichern. Unser Flug wurde bereits angekündigt, als wir endlich bei der Kontrolle waren. Julia legte kopfschüttelnd ihren nietenverzierten Gürtel, die dreifache Halskette und ihre unzähligen Ringe ab und wies mich an, aufzupassen, dass keiner der Kontrolleure oder der Mitreisenden etwas klaute. Natürlich piepte der Metalldetektor dennoch, und Julia schlug Krach, als sie aufgefordert wurde, ihre Schuhe auszuziehen. Alles wartete, während sie die Schuhe auszog, als sei sie beim Striptease. Ich nahm mir vor, alle ihre Schuhe und Gürtel mit einem Metalldetektor zu überprüfen und ihr bei Flugreisen nur noch die zu gestatten, die keinen Alarm auslösten.
    Wir wurden bereits ausgerufen, aber Julia weigerte sich, zu laufen, nachdem sie sich gerade erst frisch geschminkt hatte. «Geh du vor und sag ihnen, sie sollen auf uns warten!» Ich rannte zum Gate und flunkerte der Angestellten, die ungeduldig auf die Uhr klopfte, vor, meine Freundin habe sich plötzlich am Knie verletzt und könne nicht schnell laufen.
    «Dann hätten Sie ihr einen Rollstuhl besorgen sollen», fauchte die Frau, und als sie Julia schließlich zu Gesicht bekam, fügte sie lauthals hinzu, bei Knieverletzungen seien Zehn-Zentimeter-Absätze nicht unbedingt angemessen.
    «Was erlaubst du dir, du alte Hexe!», gab Julia zurück, und ich sah bereits vor mir, wie uns der Zutritt zur Maschine verwehrt wurde. Nun war es an der Zeit, meine diplomatische Seite hervorzukehren, die ich sonst sorgfältig verbarg. Ich bat wortreich um Entschuldigung, und als wir im Flieger saßen, hatte Julia die ganze Episode bereits vergessen. Sie holte ein Foto ihres Vaters in einem mit Perlen verzierten Rahmen aus der Handtasche und küsste es mehrmals.
    In Kopenhagen hatten wir eine gute Stunde Zeit zum Umsteigen. Julia wollte die Gelegenheit nutzen, um Kaviar zu kaufen. In Finnland war ihre Lieblingssorte nicht zu bekommen, und ihr Vater hatte das teure Zeug nicht mitbringen wollen, weil er Kofferdiebe fürchtete. Usko brauche Kaviar, meinte Julia, denn er sei im Bett nicht rege genug.
    «Was für ein Leben, wenn man sich schon vor der Hochzeit einen Liebhaber zulegen muss. Aleksej, mein erster Mann, war katastrophal. Entweder lief gar nichts, oder er nahm zu viele Pillen und war unersättlich. Ist Juri gut?», fragte Julia und befingerte die größte Kaviardose, die das Spezialgeschäft zu bieten hatte.
    «Gut worin?»
    «Hör auf, du hast doch mit ihm geschlafen. Das ist völlig in Ordnung, solange du deine Arbeit tust.»
    Ich antwortete nicht. Auch wenn ich rund um die Uhr Julias Bedienstete war, gingen weder meine Gedanken noch mein

Weitere Kostenlose Bücher