Das Nest des Teufels (German Edition)
aus und drehte sich zu mir um.
«Ich dachte, das hätte keine Bedeutung mehr. Du hast Gezolian doch nichts getan, und Stahl ist nicht mehr im Spiel.»
Juris Antwort war eine erbärmliche Lüge, er hätte sich etwas Besseres ausdenken können.
«Ich glaube nicht, dass Gezolian so schnell vergisst, wer ihn betrogen hat. Er könnte zum Beispiel auf die Idee kommen, Stahls Exfreundin zu entführen. Woher weiß er überhaupt, dass ich nicht mehr Davids Freundin bin? Hast du es ihm erzählt?»
«Warum traust du mir immer noch nicht?» Juri stand auf, und ich war sicher, dass er mich angreifen würde. Stattdessen öffnete er seinen Schrank, wühlte eine Weile darin herum, drehte sich um und hielt mir eine Reitpeitsche hin. Ich hatte sie schon einmal gesehen, in Valentin Paskewitschs Haus in Bromarv.
«Was soll das?»
«Du hast doch gesagt, du würdest mich auspeitschen wie einen Muschik. Nur zu. Deiner Meinung nach habe ich es ja verdient.»
Kopfschüttelnd nahm ich Juri die Peitsche ab. Sein Gesicht war blass und wütend, er wollte mich dazu provozieren, ihn zu schlagen. «Immer nur Stahl! Deinetwegen bin ich zum Mörder geworden, aber du denkst nur an ihn!»
«Ich denke an mich.» Ich ließ die Peitsche durch die Luft sausen, doch Juri wich nicht zurück.
«Es hält dich nichts in Julias Dienst. Du bist frei zu gehen, wann immer es dir gefällt. Aber du wolltest in Syrjänens Umkreis. Warum?»
Ich hatte Lust, Juri mit Worten auszupeitschen und ihm zu erzählen, dass ich am vorigen Abend mit David Stahl geschlafen hatte. Wenn ich ihn wirklich verletzen wollte, konnte ich die beiden Männer vergleichen und erklären, Stahl sei besser im Bett. War es das, was meine Mutter getan hatte? Mein Vater hatte sie der Untreue verdächtigt. War meine Mutter so vorwitzig gewesen wie ich, hatte sie es nicht ertragen, die Vorwürfe stumm über sich ergehen zu lassen, sondern sich mit Worten gewehrt? Hatte mein Vater deshalb wieder und wieder auf sie eingestochen, bis sie keinen Mucks mehr von sich gab?
«Schlag mich ruhig. Ich fürchte mich nicht vor Schmerzen, an die bin ich gewöhnt. Peitschenhiebe brennen nicht lange, sie reißen nicht einmal die Haut auf. Da war der Riemen, mit dem Paskewitsch zugeschlagen hat, etwas anderes. Er hat mich so lange geprügelt, bis ich gelernt hatte, nicht zu weinen. Nur so werde ein Mann aus mir, meinte er. Nachdem du die Abgeordnete geholt hast, hat er mich wieder verprügelt. Du hattest mich k.o. geschlagen, und als ich zu mir kam, traktierte Paskewitsch mich mit dieser Peitsche hier. Da war ich allerdings schnell wieder auf den Beinen. Wenn Sami nicht aufgetaucht wäre, hätte ich Paskewitsch damals umgebracht.»
«Warum hast du das Ding aufgehoben?» Noch bevor ich die letzte Silbe ausgesprochen hatte, erkannte ich den Grund, und Juri machte sich nicht die Mühe, meine Frage zu beantworten.
«Gezolian ist uns beiden nützlich. Er operiert auf ganz anderem Niveau als Paskewitsch. Und du willst herausfinden, ob er Stahl getötet hat. Hilja, nach Rytkönens Tod sind wir zwangsläufig im selben Lager. Vertrau mir.»
Ich hatte so viel Vertrauen in Trankow wie ein Bergsteiger in ein mit Klebeband repariertes Seil. Nicht einmal von Vanamo hatte ich ihm erzählt. Ich schlug zu und traf Juri an der linken Schulter. Er wich nicht aus und gab keinen Laut von sich, nur sein Gesicht wurde noch blasser. Ich ließ die Peitsche fallen.
«Das reicht. Du hast recht, ich kann jederzeit bei Julia kündigen. Aber jetzt wird es ja gerade interessant. Wenn du mein Vertrauen willst, musst du mir auch vertrauen. Fangen wir mal mit Syrjänens Plänen für Kopparnäs an. Irgendwie habe ich das Gefühl, das Bauprojekt soll unter anderem dazu dienen, Gezolians Geld zu waschen. Was weißt du darüber, lieber Juri?»
7
«Ich habe Syrjänen geschworen, nicht über seine laufenden Geschäfte zu reden. Ich bin sein Vertrauensmann. Du kannst mich schlagen, so viel du willst, ich sage nichts.» Juri sprach leise, als ob er auswendig gelernte Sätze wiederholte.
«Wohin ist dein Vertrauen denn so plötzlich verschwunden? Sind wir doch nicht mehr im selben Lager? Juri, du hast doch gesehen, wie Hauptmeister Laitio und ich dich schützen. Wir haben verhindert, dass du für den Mord an Martti Rytkönen belangt wirst.»
Auch ich flüsterte, denn es konnte sein, dass Hanna uns heimlich belauschte oder dass Julia nur so tat, als schliefe sie. Juri setzte sich aufs Bett, seine rechte Hand legte sich wie von selbst auf die
Weitere Kostenlose Bücher