Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Nest des Teufels (German Edition)

Das Nest des Teufels (German Edition)

Titel: Das Nest des Teufels (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leena Lehtolainen
Vom Netzwerk:
Verfolgungswahn nicht anstecken. Ich wartete, bis er die Limousine durch die schmalen Straßen manövriert hatte, bevor ich fragte:
    «Ist Deividas gesund? Seine Mutter war doch eine Fixerin. Oder hat sie es etwa geschafft, während der Schwangerschaft clean zu bleiben?»
    «Nein.» David seufzte schwer. «Deividas ist übernervös, er erschrickt bei jeder Kleinigkeit. Außerdem hat er bei der Geburt einen Schaden am linken Bein davongetragen. Der lässt sich eventuell durch eine Operation beheben. Wenn ich nur den richtigen Spezialisten finde.»
    Wir fuhren nun bergan. Die Straße war vereist, ein entgegenkommender Wagen schlidderte so heftig, dass er beinahe im Graben gelandet wäre, und David drosselte die Geschwindigkeit. Ich beugte mich weit vor, bis mir sein Geruch in die Nase stieg. Er hatte die Haare wieder zu einem Pferdeschwanz gebunden, darunter kam sein Nacken zum Vorschein, den ich so oft geküsst hatte.
    «Noch eine Frage – zu Gezolian. Europol weiß, dass er ein Isotop verschachert, mit dem man Bomben bauen könnte. Wie ist es möglich, dass er einfach in Europa herumreist und nicht verhaftet wird?»
    «Diplomatische Immunität, Hilja. Gezolian ist ein Schützling der weißrussischen Staatsführung und steht im Dienst der Botschaft seines Landes in Kirgisien. Vermutlich hat er allerdings noch nie kirgisischen Boden betreten.»
    «Und die Straftaten, deren er verdächtigt wird? Der Isotop-Handel?»
    «Dafür gibt es nur einen lebenden Zeugen. Mich. Und ich bin ein vierfacher Mörder. Ich habe Wasiljew und die drei anderen umgebracht, Petrow, Woronow und Griazew. Sie waren meine Kollegen und haben mir vertraut. Auch wenn ich auf Befehl gehandelt habe, trage ich die Verantwortung für ihren Tod und für den Schmerz ihrer Angehörigen.»
    Im Rückspiegel sah ich Davids Augen, die jetzt wieder braun waren und fremd wirkten, nur die kleinen Fältchen unter den Augen waren vertraut. Ich streckte die Hand aus, streichelte seine Wangen und seinen Nacken und bat ihn, an der nächsten geeigneten Stelle zu halten.
    «Ich will dich noch einmal küssen, und hier gibt es weniger neugierige Augen als in Leysin.»
    Ich schlängelte mich über die Lehne auf den Vordersitz, David schaltete die Scheinwerfer aus. Die Küsse reichten mir nicht, ich hätte mehr gewollt, tief drin fühlte ich mich warm und leer, durstig. Die Lichter eines vorbeifahrenden Wagens blendeten mich, als ich kurz die Augen öffnete. Davids Hände strichen über meinen Rücken. Ich küsste ihn, als ginge es um mein Leben, biss ihn, bis auch meine Lippen blutig waren. Dann löste ich mich widerstrebend von ihm, öffnete die Tür und kehrte nach hinten zurück. David ließ den Motor an.
    «Ich halte diese ewigen Trennungen nicht aus. War das vielleicht unsere letzte Begegnung?» Die Lichter des Dorfes tauchten auf, unsere gemeinsame Zeit war fast vorbei.
    «Jede Begegnung kann die letzte sein. Das weißt du doch, Hilja. Aber du weißt auch, dass ich immer zu dir komme, wenn ich es irgendwie einrichten kann. Ich versuche, dir über Jaan Nachrichten zukommen zu lassen. Bleib mit ihm in Kontakt.»
    Kurz vor dem Käseladen stieg ich aus. Niemand schien mich zu beachten, Limousinen waren in den Skizentren der Alpen ein alltäglicher Anblick. Ich nahm wieder die Abkürzung über die steile Treppe, obwohl meine vom Skilaufen und vom Sex erschöpften Beine protestierten. Unterwegs begegnete mir das sprachkundige Ehepaar aus dem Supermarkt. Die Frau erkannte mich wieder und grüßte mich, ihre braunen Augen funkelten belustigt. Der Mann sah aus wie jemand, der seine Umgebung genau beobachtete, und das machte mich nervös. Ich wollte nicht, dass sich die beiden meine Gesichtszüge einprägten. Es war unprofessionell gewesen, in dem Laden Aufmerksamkeit auf mich zu ziehen.
    Als ich das Chalet erreichte, war die Limousine nicht mehr da. Nur die frostbleichen Sterne funkelten am Himmel.

6
    Ich fand keinen Schlaf. Mein Körper war müde, aber mein Gehirn lief auf Hochtouren. Dafür sorgten der im Kloster Sant’Antimo versteckte Deividas und Iwan Gezolians Diplomatenpass. Die Justiz konnte Gezolian nicht belangen, sofern er im Ausland nicht eindeutig gegen das Gesetz verstieß, indem er sich zum Beispiel betrunken ans Steuer setzte. Er wollte im Sommer zur Hochzeit seiner Tochter nach Finnland kommen. Würde es mir gelingen, ihn bei dieser Gelegenheit den finnischen Behörden zu übergeben? Aber interessierte sich überhaupt noch jemand für ihn? Laitio

Weitere Kostenlose Bücher