Das Netz der Chozen
rief einer von ihnen. »Und auch Shem!«
»Sie bleiben hier!« sagte ich, als George mir folgen wollte.
»Kain! Du kommst mit!«
Der Robot lief durch die Schleuse ins Freie. Ich folgte ihm, so rasch ich konnte.
Es war nicht weit bis zu dem Platz. Ich hatte keine Zeit, mich lange umzusehen — die Männchen konnten den Verteidigungston nicht unbeschränkt lange halten, er konnte jederzeit ver-stummen, und dann würden sie die Laser auf uns richten.
Kain hob zwei reglose Gestalten vom Boden auf und schleppte sie zum Schiff. Ich folgte ihm in die Schleuse.
»George! Holen Sie die Leute zurück! schrie ich. »Wir müssen los!«
Ich bereitete alles für einen Alarmstart vor und wartete nervös, während die Leute unseres Kommandos, einer nach dem anderen, eintröpfelten und in die Schleuse sprangen. Ich machte Druckausgleich und gab vollen Schub. Die Sensoren zeigten zwei riesige Roboter an, die rasch näherkamen, und ich wußte, daß ich nicht mehr viel Zeit hatte.
Erst als wir weit draußen im Raum waren, wagte ich,- erleichtert aufzuatmen, und hatte Zeit, mich um die beiden verletzten Chozen zu kümmern.
Einer, ein Männchen, war tot — der erste der neuen Rasse der Chozen, der gestorben war. Ein Vierter namens Shem; ein heller Junge mit einer großen technischen Begabung, erinnerte ich mich voll Trauer.
Marsha lebte noch. Gerade noch. Sie war bewußtlos. Ein Stück ihres linken Ohrs fehlte, mehrere Zähne waren ausgebrochen — und beide Hinterläufe waren abgeschnitten wie mit einem Fleischermesser, zusammen mit ihrem Schwanz.
Sie hatte viel Blut verloren und blutete noch immer, aber George befaßte sich mit ihr über den Computer, und er schien die Schlacht zu gewinnen, diese Schlacht, die sofort gewonnen werden mußte.
»Sie müßte eine Transfusion bekommen«, sagte George.
»Nein, drängen Sie sich nicht dazu, Bar. Ich weiß, daß Sie gerne Ihr Blut geben würden, um sie zu retten, aber wir haben keine Möglichkeit, eine Transfusion durchzuführen. Ich habe alles getan, was ich tun konnte. Jetzt können wir nur noch warten. Wenn sie es schafft . . . Nun, dann werden wir weitersehen.«
Ich biß mir auf die Lippe. »George«, sagte ich leise. »Angenommen . . . angenommen, sie schafft es — irgendwie . . . kann das Virus so viel regenerieren?«
Er schüttelte den Kopf. »Das weiß ich nicht. Aber wenn irgend jemand es übersteht, dann sie. Sie hat Mut, und einen verdammten Dickschädel. Sie lebt schon aus lauter Trotz weiter. Und was die Regeneration betrifft... ich weiß nicht. Eine so schwere Verletzung hat es bei uns noch nie gegeben.«
Ich starrte sie an, entsetzt und völlig durcheinander. Ich wußte nicht, was ich tun sollte ohne Marsha, die mich immer wieder auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt hatte, wenn ich mal durchdrehte. Sie war ein Teil von mir geworden, erkannte ich — schon seit geraumer Zeit. Ich hob den Kopf und sah den alten Mann unsicher an.
»George... was soll ich tun?« fragte ich mit gebrochener Stimme.
Er blickte mir in die Augen. »Den Plan zu Ende führen, natürlich. Es gibt noch 1332 andere Chozen, an die Sie denken müssen.«
18
Einige Stunden später kamen wir aus dem L-Sprung, in der Nähe einer Relaisstation, die ich angesteuert hatte. Inzwischen hatte St. Cyril hektisch um Hilfe gebrüllt, wußte ich, und die Regierung und die neun Corporationen, Seiglein eingeschlossen, wußten nun, was auf dem Planeten geschehen war. Seiglein zumindest würde nach der Beschreibung der Kreaturen wissen, wer diesen Überfall durchgeführt hatte — und wer dahinter steckte.
Die Geister von Patmos hatten zugeschlagen.
An den seltsamen, fremdartigen Gräsern, die sehr bald nicht nur auf dem Hauptplatz des Camps wuchsen, sondern auch an anderen Stellen, an denen wir gewesen waren, würde er auch erkennen, was weiter geschehen würde. Er wußte, daß sich das Zeug rasch ausbreitete, zuerst den Platz überwuchern würde, dann die ganze Siedlung, und nachdem so die Nahrungsgrundlage geschaffen worden war, die Männer und Frauen in dem Camp sich transformieren und in Chozen verwandeln würden.
Die erwachsenen Chozen würden sich vermehren, gemeinsam mit dem Virus, mit jeder Brutperiode mehr werden, bis sie die ganze gemäßigte Zone des Planeten in Besitz genommen hatten.
Und später — in einem Jahr, höchstens in zwei — würde das Virus, von den Winden in alle Richtungen getragen, eine der größeren Städte erreichen, die an mehreren Stellen von St. Cyril als
Weitere Kostenlose Bücher