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Das Netz der Schattenspiele

Titel: Das Netz der Schattenspiele Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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Spezialisten benötigen. Keine Angst, ich bin nicht der zweite Mann. Mir ist nicht entgangen, dass sich Ihre Begeisterung in Grenzen hält, wenn ich Ihnen immer wieder Löcher in den Bauch frage.«
    »Jetzt übertreiben Sie aber, Agaf. Ich sehe ja ein, dass Sie wissen müssen, was in Ihrem Team vorgeht. Was den ›zweiten Mann‹ betrifft – ich vermute, Sie haben da schon jemand Bestimmten im Auge. Kann man ihm denn trauen?«
    Agaf nickte bekräftigend. »Was halten Sie von Benjamin Bernstein? Benny ist ebenso verlässlich wie Kimiko Shirakaba und fachlich sogar noch beschlagener als sie. Für die beiden würde ich meine Hand ins Feuer legen.«
    »Wenn Kimiko und Benny Ihr Vertrauen genießen, dann habe ich auch keine Einwände.« Salomon nickte zufrieden. »Dann hätten wir also unser kleines Verschwörerteam beisammen. DiCampo möchte, dass Stella nach einer Ruhepause übermorgen früh wieder auf Reisen geht. Ich werde versuchen, ihren nächsten Einsatz noch um weitere vierundzwanzig Stunden hinauszuschieben, aber trotzdem dürfte die Zeit bis Dienstag äußerst knapp werden.«
    Agaf blickte Salomon erstaunt an. »Knapp wofür?«
    »Um die Identität dieses ominösen ›Herrn des Feldes‹ herauszufinden. Der Dunkle Lauscher hat Stella vor ihm gewarnt, Agaf! Als ihr Vater muss ich natürlich vom schlimmsten aller Fälle ausgehen.«
    »Und das bedeutet?«
    »Solange wir nicht wissen, wer der ›Herr des Feldes‹ ist, schwebt Stella in großer Gefahr.«
     
     
    Die Nacht war ruhig. Doch der Schlaf für viele fern.
    Da gab es einmal die kleine Gruppe aus vier Personen, die im Quartier der Kalders einem Kinderrätsel nachjagten. So jedenfalls hörte es sich an: »Hüte dich vor dem Herrn des Feldes. Und meide die Stadt Alba.«
    Stella hatte den vieren nur eine Zeit lang zugesehen, hauptsächlich weil der dunkelhaarige Lockenkopf Benny sie nicht schlafen ließ. Nicht dass er in irgendeiner Weise laut geworden wäre. Der Amerikaner jüdischer Abstammung war sogar ruhiger und zurückhaltender als jeder andere aus dem Cyberworm-Team. Er sagte selten etwas, aber was er dann von sich gab, hatte Hand und Fuß. Doch seine Augen…!
    Als Benjamin Bernstein in Begleitung von Agaf Nbugu und Kimiko Shirakaba die Privaträume der Kalders betreten hatte, wäre Stella am liebsten im Erdboden versunken. Sie trug einen marineblauen Schlafanzug mit einer Mickymaus auf der Brust, der ihr mit einem Mal wahnsinnig kindisch vorkam. Es hatte ihr nichts ausgemacht, sich dergestalt vor Agaf zu zeigen. Schließlich hätte er ihr Großvater sein können. Aber unter den neugierigen schwarzen Augen Bennys kam sich Stella irgendwie albern vor. Sie zog die Bettdecke bis unter das Kinn und verzog keine Miene.
    So verbrachte sie ungefähr zwei schlaflose Stunden mit interessanten Beobachtungen. Sie hörte, wie ihr Vater für die beiden neuen Verbündeten alle Argumente zusammenfasste, die er zuvor schon Agaf dargelegt und dabei Stella gehörig beunruhigt hatte. Und sie sah, wie Kimiko und Benny ihre Notebooks auspackten und mit denjenigen Salomons verbanden. So schufen sie ihr eigenes kleines Netzwerk, von dem aus sie über Salomons »Nebeneingang« und über das Intruder-Labornetz so gut wie jeden Ort im Cyberspace erreichen konnten. Nur die flachen Notebook-Tastaturen klapperten leise, als sich die drei Fährtensucher unter den aufmerksamen Augen Agafs in ihr Cyberrevier begaben, um den »Herrn des Feldes« zu finden.
    Salomons Bemerkungen zu diesem geheimnisvollen Unbekannten hatten Stella innerlich aufgewühlt, ihr sogar Angst gemacht. Aber hier opferten Menschen ihre wohlverdiente Nachtruhe, um sie zu beschützen. Die stille Geschäftigkeit im Zimmer wirkte beruhigend, nicht nur auf sie, sondern auch auf Agaf. Kurz nachdem der Afrikaner im Sessel eingenickt war, überwältigte auch Stella der Schlaf.
     
     
    Die Nacht war ruhig. Denn kein neuer Computervorfall wurde gemeldet. Der Cyberwurm schien zu schlafen, nachdem er die religiöse Welt schockiert hatte. Oder war es nur die Ruhe vor dem Sturm?
    Einschläfernde Stille. Die Sprachsensoren der Tonaufzeichnungsgeräte im sechsten Untergeschoss des Labors schlugen kein einziges Mal an. Nur ganz normale Geräusche aus dem Quartier der Kalders waren zu hören. Nichts, das sich aufzunehmen lohnte.
     
     
    »Die Nacht war ruhig«, berichtete DiCampo am Sonntagmorgen, nachdem Agaf das tägliche Briefing im Konferenzsaal des Bunkers eröffnet hatte. Das Cyberworm-Team war fast vollzählig

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